Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
den rückständigen Monat und für den laufenden
mit verstelltem Unwillen, daß er ihn damit belästi-
get hätte, da ers doch, wie sonst, durch einen der
Leute an sie hätte schicken können, zu geben, und
nahm gern den alten Faullenzer, den alles beschwer-
te, nicht übel.

So froh als hätt' er ein großes Glück gemacht
und stolz auf seine That, gieng er nun in sein
Stübchen und las den Heft, den er sich von dem
Manuseript des Herrn Felß ausgebeten hatte. Es
enthielt eine Wissenschaft, von der er nicht den
geringsten Begriff hatte, also gefiel es ihm aus-
nehmend, er bezeugte, als ers wieder abgab, Fel-
ßen seinen Beifall und sein Verlangen, das Werk,
wenns heraus sein würde, ganz zu lesen.

Felß fand, da er sein Werk vollendet hatte,
einen Verleger dazu, mußte aber mäßige Bedingun-
gen eingehen, weil er Geld brauchte, welches
dem Herrn Verleger nicht unbekannt war (das
steigende und fallende im Preiß der Verstandes- und
Talentswerke, so wie der Werth der Menschen
hängt mit dem steigenden und fallenden in ihren
Glücksumständen allemal zusammen). Er konnte
nun Schnitzern den für ihn geleisteten Vorschuß,
der ihn wie eine Last auf dem Herzen gedrückt hat-
te, erstatten, und dieser legte ihn bei Seite, um
auf den Fall, daß Felßens Geldbrünnlein wieder
den ruͤckſtaͤndigen Monat und fuͤr den laufenden
mit verſtelltem Unwillen, daß er ihn damit belaͤſti-
get haͤtte, da ers doch, wie ſonſt, durch einen der
Leute an ſie haͤtte ſchicken koͤnnen, zu geben, und
nahm gern den alten Faullenzer, den alles beſchwer-
te, nicht uͤbel.

So froh als haͤtt’ er ein großes Gluͤck gemacht
und ſtolz auf ſeine That, gieng er nun in ſein
Stuͤbchen und las den Heft, den er ſich von dem
Manuſeript des Herrn Felß ausgebeten hatte. Es
enthielt eine Wiſſenſchaft, von der er nicht den
geringſten Begriff hatte, alſo gefiel es ihm aus-
nehmend, er bezeugte, als ers wieder abgab, Fel-
ßen ſeinen Beifall und ſein Verlangen, das Werk,
wenns heraus ſein wuͤrde, ganz zu leſen.

Felß fand, da er ſein Werk vollendet hatte,
einen Verleger dazu, mußte aber maͤßige Bedingun-
gen eingehen, weil er Geld brauchte, welches
dem Herrn Verleger nicht unbekannt war (das
ſteigende und fallende im Preiß der Verſtandes- und
Talentswerke, ſo wie der Werth der Menſchen
haͤngt mit dem ſteigenden und fallenden in ihren
Gluͤcksumſtaͤnden allemal zuſammen). Er konnte
nun Schnitzern den fuͤr ihn geleiſteten Vorſchuß,
der ihn wie eine Laſt auf dem Herzen gedruͤckt hat-
te, erſtatten, und dieſer legte ihn bei Seite, um
auf den Fall, daß Felßens Geldbruͤnnlein wieder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SCHNITZ">
          <p><pb facs="#f0232" n="226"/>
den ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndigen Monat und fu&#x0364;r den laufenden<lb/>
mit ver&#x017F;telltem Unwillen, daß er ihn damit bela&#x0364;&#x017F;ti-<lb/>
get ha&#x0364;tte, da ers doch, wie &#x017F;on&#x017F;t, durch einen der<lb/>
Leute an &#x017F;ie ha&#x0364;tte &#x017F;chicken ko&#x0364;nnen, zu geben, und<lb/>
nahm gern den alten Faullenzer, den alles be&#x017F;chwer-<lb/>
te, nicht u&#x0364;bel.</p><lb/>
          <p>So froh als ha&#x0364;tt&#x2019; er ein großes Glu&#x0364;ck gemacht<lb/>
und &#x017F;tolz auf &#x017F;eine That, gieng er nun in &#x017F;ein<lb/>
Stu&#x0364;bchen und las den Heft, den er &#x017F;ich von dem<lb/>
Manu&#x017F;eript des Herrn Felß ausgebeten hatte. Es<lb/>
enthielt eine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, von der er nicht den<lb/>
gering&#x017F;ten Begriff hatte, al&#x017F;o gefiel es ihm aus-<lb/>
nehmend, er bezeugte, als ers wieder abgab, Fel-<lb/>
ßen &#x017F;einen Beifall und &#x017F;ein Verlangen, das Werk,<lb/>
wenns heraus &#x017F;ein wu&#x0364;rde, ganz zu le&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Felß fand, da er &#x017F;ein Werk vollendet hatte,<lb/>
einen Verleger dazu, mußte aber ma&#x0364;ßige Bedingun-<lb/>
gen eingehen, weil er Geld brauchte, welches<lb/>
dem Herrn Verleger nicht unbekannt war (das<lb/>
&#x017F;teigende und fallende im Preiß der Ver&#x017F;tandes- und<lb/>
Talentswerke, &#x017F;o wie der Werth der Men&#x017F;chen<lb/>
ha&#x0364;ngt mit dem &#x017F;teigenden und fallenden in ihren<lb/>
Glu&#x0364;cksum&#x017F;ta&#x0364;nden allemal zu&#x017F;ammen). Er konnte<lb/>
nun Schnitzern den fu&#x0364;r ihn gelei&#x017F;teten Vor&#x017F;chuß,<lb/>
der ihn wie eine La&#x017F;t auf dem Herzen gedru&#x0364;ckt hat-<lb/>
te, er&#x017F;tatten, und die&#x017F;er legte ihn bei Seite, um<lb/>
auf den Fall, daß Felßens Geldbru&#x0364;nnlein wieder<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0232] den ruͤckſtaͤndigen Monat und fuͤr den laufenden mit verſtelltem Unwillen, daß er ihn damit belaͤſti- get haͤtte, da ers doch, wie ſonſt, durch einen der Leute an ſie haͤtte ſchicken koͤnnen, zu geben, und nahm gern den alten Faullenzer, den alles beſchwer- te, nicht uͤbel. So froh als haͤtt’ er ein großes Gluͤck gemacht und ſtolz auf ſeine That, gieng er nun in ſein Stuͤbchen und las den Heft, den er ſich von dem Manuſeript des Herrn Felß ausgebeten hatte. Es enthielt eine Wiſſenſchaft, von der er nicht den geringſten Begriff hatte, alſo gefiel es ihm aus- nehmend, er bezeugte, als ers wieder abgab, Fel- ßen ſeinen Beifall und ſein Verlangen, das Werk, wenns heraus ſein wuͤrde, ganz zu leſen. Felß fand, da er ſein Werk vollendet hatte, einen Verleger dazu, mußte aber maͤßige Bedingun- gen eingehen, weil er Geld brauchte, welches dem Herrn Verleger nicht unbekannt war (das ſteigende und fallende im Preiß der Verſtandes- und Talentswerke, ſo wie der Werth der Menſchen haͤngt mit dem ſteigenden und fallenden in ihren Gluͤcksumſtaͤnden allemal zuſammen). Er konnte nun Schnitzern den fuͤr ihn geleiſteten Vorſchuß, der ihn wie eine Laſt auf dem Herzen gedruͤckt hat- te, erſtatten, und dieſer legte ihn bei Seite, um auf den Fall, daß Felßens Geldbruͤnnlein wieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/232
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/232>, abgerufen am 23.11.2024.