Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
in sofern drein, weil Schnitzer dadurch Ruhe be- kam, weil er die Wohnung nicht füglich sogleich ver- ändern, und er nun doch einmal nichts bessers thun konnte, als unter den herben Früchten, die ihm jetzt das Schicksal zu genießen gab, die minder bit- tern auszuwählen, welches denn doch auch Er- leichterung wär. Dergleichen altkluge Entschlüsse faßt nur ein so hartköpsiger Mann wie Felß, ich meines Theils war bei den Veränderungen meines Schicksals viel nachgebender, und wog nicht alles nach den Re- geln der Ehrlichkeit und der furchtsamen Moral ab, wenn ich in bedrängter Lage war, sondern raffinirte, wie es zu machen sei, daß ich lauter süße Früchte schmaußen möchte. Es ist wahr, daß wenn ich auch meinen Endzweck erlangt hatte, Neid und Verrätherei doch verursachten, daß ich desto bittere zu genießen bekam, aber ich hatte durch die gütliche Behandlung meiner Mutter und ihrer ein- gepflanzten Grundsätze eine so hohe Meinung von mir selbst erhalten, daß ich mich, aller Ahndungen der Justiz ohnerachtet, für einen Mann hielt, der eben den, wo nicht mehr Werth hätte, als ein Felß; auch ließ sich meine Gabe, auf neue Helden- thaten und neue Freuden zu studiren, durch nichts verringern. Was die Ehrliebe betraf, davon hatte mir
in ſofern drein, weil Schnitzer dadurch Ruhe be- kam, weil er die Wohnung nicht fuͤglich ſogleich ver- aͤndern, und er nun doch einmal nichts beſſers thun konnte, als unter den herben Fruͤchten, die ihm jetzt das Schickſal zu genießen gab, die minder bit- tern auszuwaͤhlen, welches denn doch auch Er- leichterung waͤr. Dergleichen altkluge Entſchluͤſſe faßt nur ein ſo hartkoͤpſiger Mann wie Felß, ich meines Theils war bei den Veraͤnderungen meines Schickſals viel nachgebender, und wog nicht alles nach den Re- geln der Ehrlichkeit und der furchtſamen Moral ab, wenn ich in bedraͤngter Lage war, ſondern raffinirte, wie es zu machen ſei, daß ich lauter ſuͤße Fruͤchte ſchmaußen moͤchte. Es iſt wahr, daß wenn ich auch meinen Endzweck erlangt hatte, Neid und Verraͤtherei doch verurſachten, daß ich deſto bittere zu genießen bekam, aber ich hatte durch die guͤtliche Behandlung meiner Mutter und ihrer ein- gepflanzten Grundſaͤtze eine ſo hohe Meinung von mir ſelbſt erhalten, daß ich mich, aller Ahndungen der Juſtiz ohnerachtet, fuͤr einen Mann hielt, der eben den, wo nicht mehr Werth haͤtte, als ein Felß; auch ließ ſich meine Gabe, auf neue Helden- thaten und neue Freuden zu ſtudiren, durch nichts verringern. Was die Ehrliebe betraf, davon hatte mir
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in ſofern drein, weil Schnitzer dadurch Ruhe be-
kam, weil er die Wohnung nicht fuͤglich ſogleich ver-
aͤndern, und er nun doch einmal nichts beſſers thun
konnte, als unter den herben Fruͤchten, die ihm
jetzt das Schickſal zu genießen gab, die minder bit-
tern auszuwaͤhlen, welches denn doch auch Er-
leichterung waͤr.
Dergleichen altkluge Entſchluͤſſe faßt nur ein
ſo hartkoͤpſiger Mann wie Felß, ich meines Theils
war bei den Veraͤnderungen meines Schickſals viel
nachgebender, und wog nicht alles nach den Re-
geln der Ehrlichkeit und der furchtſamen Moral
ab, wenn ich in bedraͤngter Lage war, ſondern
raffinirte, wie es zu machen ſei, daß ich lauter
ſuͤße Fruͤchte ſchmaußen moͤchte. Es iſt wahr, daß
wenn ich auch meinen Endzweck erlangt hatte, Neid
und Verraͤtherei doch verurſachten, daß ich deſto
bittere zu genießen bekam, aber ich hatte durch die
guͤtliche Behandlung meiner Mutter und ihrer ein-
gepflanzten Grundſaͤtze eine ſo hohe Meinung von
mir ſelbſt erhalten, daß ich mich, aller Ahndungen
der Juſtiz ohnerachtet, fuͤr einen Mann hielt, der
eben den, wo nicht mehr Werth haͤtte, als ein
Felß; auch ließ ſich meine Gabe, auf neue Helden-
thaten und neue Freuden zu ſtudiren, durch nichts
verringern. Was die Ehrliebe betraf, davon hatte
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