Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
lange Zeit Pfeflertüten davon hatte, die er selbst zum Zeitvertreib machte. Jn diesem ruhigen Zustande zog er mit Be- quemlichkeit Nachrichten von seiner Feindin ein- und sammelte deren so erbauliche, daß er einen gro- ßen anonymischen Brief an Schnitzern damit anfül- len konnte. Er selbst schrieb ihn zwar, aber er, nahm sich Zeit dazu, um eine ganz andere Hand- schrift, als er gewöhnlich schrieb, herzustellen. Ma- dam Schnitzer ward in diesem Briefe beschuldigt, daß sie es mit dem Baron Treff hielt, die Sou- pes spirituels waren ohne Umstände für un- züchtige Zusammenkünfte berüchtigter Frauenzim- mer und leichtsinniger Mannspersonen erklärt, und mit Schmerz bekannte der Autor des Briefs, daß Schnitzers Gasthof, der bei der frommen und tu- gendhaften seligen Frau so berühmt und beliebt ge- wesen war, jetzt weit und breit für ein Spiel- und H -- Haus erkannt würde. Suschen, sagte Schnitzer mit Thränen in den Augen, (als sie eben, da er diesen Brief gelesen hatte, bei ihm eintrat) Suschen ich bin sehr ge- kränkt. Suschen. Nun, wer kränkt Dich? Schnitzer. Ach! -- Jch -- Suschen -- Du kränkst mich. Sus- N
lange Zeit Pfeflertuͤten davon hatte, die er ſelbſt zum Zeitvertreib machte. Jn dieſem ruhigen Zuſtande zog er mit Be- quemlichkeit Nachrichten von ſeiner Feindin ein- und ſammelte deren ſo erbauliche, daß er einen gro- ßen anonymiſchen Brief an Schnitzern damit anfuͤl- len konnte. Er ſelbſt ſchrieb ihn zwar, aber er, nahm ſich Zeit dazu, um eine ganz andere Hand- ſchrift, als er gewoͤhnlich ſchrieb, herzuſtellen. Ma- dam Schnitzer ward in dieſem Briefe beſchuldigt, daß ſie es mit dem Baron Treff hielt, die Sou- pés spirituels waren ohne Umſtaͤnde fuͤr un- zuͤchtige Zuſammenkuͤnfte beruͤchtigter Frauenzim- mer und leichtſinniger Mannsperſonen erklaͤrt, und mit Schmerz bekannte der Autor des Briefs, daß Schnitzers Gaſthof, der bei der frommen und tu- gendhaften ſeligen Frau ſo beruͤhmt und beliebt ge- weſen war, jetzt weit und breit fuͤr ein Spiel- und H — Haus erkannt wuͤrde. Suschen, ſagte Schnitzer mit Thraͤnen in den Augen, (als ſie eben, da er dieſen Brief geleſen hatte, bei ihm eintrat) Suschen ich bin ſehr ge- kraͤnkt. Suschen. Nun, wer kraͤnkt Dich? Schnitzer. Ach! — Jch — Suschen — Du kraͤnkſt mich. Sus- N
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#SCHNITZ"> <p><pb facs="#f0199" n="193"/> lange Zeit Pfeflertuͤten davon hatte, die er ſelbſt<lb/> zum Zeitvertreib machte.</p><lb/> <p>Jn dieſem ruhigen Zuſtande zog er mit Be-<lb/> quemlichkeit Nachrichten von ſeiner Feindin ein-<lb/> und ſammelte deren ſo erbauliche, daß er einen gro-<lb/> ßen anonymiſchen Brief an Schnitzern damit anfuͤl-<lb/> len konnte. Er ſelbſt ſchrieb ihn zwar, aber er,<lb/> nahm ſich Zeit dazu, um eine ganz andere Hand-<lb/> ſchrift, als er gewoͤhnlich ſchrieb, herzuſtellen. Ma-<lb/> dam Schnitzer ward in dieſem Briefe beſchuldigt,<lb/> daß ſie es mit dem Baron Treff hielt, die <hi rendition="#aq">Sou-<lb/> pés spirituels</hi> waren ohne Umſtaͤnde fuͤr un-<lb/> zuͤchtige Zuſammenkuͤnfte beruͤchtigter Frauenzim-<lb/> mer und leichtſinniger Mannsperſonen erklaͤrt, und<lb/> mit Schmerz bekannte der Autor des Briefs, daß<lb/> Schnitzers Gaſthof, der bei der frommen und tu-<lb/> gendhaften ſeligen Frau ſo beruͤhmt und beliebt ge-<lb/> weſen war, jetzt weit und breit fuͤr ein Spiel- und<lb/> H — Haus erkannt wuͤrde.</p><lb/> <p>Suschen, ſagte Schnitzer mit Thraͤnen in den<lb/> Augen, (als ſie eben, da er dieſen Brief geleſen<lb/> hatte, bei ihm eintrat) Suschen ich bin ſehr ge-<lb/> kraͤnkt.</p> </sp><lb/> <sp who="#SUS"> <speaker> <hi rendition="#g">Suschen.</hi> </speaker> <p>Nun, wer kraͤnkt Dich?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCHNITZ"> <speaker> <hi rendition="#g">Schnitzer.</hi> </speaker> <p>Ach! — Jch — Suschen — Du<lb/> kraͤnkſt mich.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Sus-</hi> </fw> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [193/0199]
lange Zeit Pfeflertuͤten davon hatte, die er ſelbſt
zum Zeitvertreib machte.
Jn dieſem ruhigen Zuſtande zog er mit Be-
quemlichkeit Nachrichten von ſeiner Feindin ein-
und ſammelte deren ſo erbauliche, daß er einen gro-
ßen anonymiſchen Brief an Schnitzern damit anfuͤl-
len konnte. Er ſelbſt ſchrieb ihn zwar, aber er,
nahm ſich Zeit dazu, um eine ganz andere Hand-
ſchrift, als er gewoͤhnlich ſchrieb, herzuſtellen. Ma-
dam Schnitzer ward in dieſem Briefe beſchuldigt,
daß ſie es mit dem Baron Treff hielt, die Sou-
pés spirituels waren ohne Umſtaͤnde fuͤr un-
zuͤchtige Zuſammenkuͤnfte beruͤchtigter Frauenzim-
mer und leichtſinniger Mannsperſonen erklaͤrt, und
mit Schmerz bekannte der Autor des Briefs, daß
Schnitzers Gaſthof, der bei der frommen und tu-
gendhaften ſeligen Frau ſo beruͤhmt und beliebt ge-
weſen war, jetzt weit und breit fuͤr ein Spiel- und
H — Haus erkannt wuͤrde.
Suschen, ſagte Schnitzer mit Thraͤnen in den
Augen, (als ſie eben, da er dieſen Brief geleſen
hatte, bei ihm eintrat) Suschen ich bin ſehr ge-
kraͤnkt.
Suschen. Nun, wer kraͤnkt Dich?
Schnitzer. Ach! — Jch — Suschen — Du
kraͤnkſt mich.
Sus-
N
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/199 |
Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/199>, abgerufen am 16.02.2025. |