Jn Johann Jaeobs Gasthof war nemlich vor einiger Zeit ein alter Edelmann eingekehrt, wel- cher die Confuseliusischen Theaterstücke gelesen, und mit seinem Beifall beehrt hatte. Zwar ge- fiel es ihm nicht, daß er in seiner neuen Staats- verfassung dem Adel nicht nur große Abgaben vorzüglich aufwälzte, sondern ihn auch sogar vom Hofe verdrängen wollte. Da er aber hernach den Magister selbst kennen lernte; und dieser, nach einigen Unterredungen über die bei- den streitigen Puncte, seinen Jrrthum erkannte, und die Gründe des alten Barons, warum der Adel billig steuerfrei bleiben, und ihm die Hof- stellen ausschließlich überlassen werden müßten, so vollkommen einsah, daß er seine Staatsver- fassung ganz zu unterdrücken versprach; so schenk- te ihm dieser seine Gewogenheit vollkommen, und bat sich von ihm die zwei andern Stücke aus, von welchen Absalom der Rebell, (wie er her- nach meinte, da er sie durchgelesen hatte,) vollkom- men auf seinen Schwiegersohn paßte, der wegen des mütterlichen Vermögens seiner Tochter viel Lärm und Streit mit ihm angefangen hätte. Die Nothzüchtigung und Heirath aus Zwang gefiel ihm um eines Enkels willen, der, wie er sagte, ein liederlicher Fähndrich wäre
und
J 4
Jn Johann Jaeobs Gaſthof war nemlich vor einiger Zeit ein alter Edelmann eingekehrt, wel- cher die Confuſeliuſiſchen Theaterſtuͤcke geleſen, und mit ſeinem Beifall beehrt hatte. Zwar ge- fiel es ihm nicht, daß er in ſeiner neuen Staats- verfaſſung dem Adel nicht nur große Abgaben vorzuͤglich aufwaͤlzte, ſondern ihn auch ſogar vom Hofe verdraͤngen wollte. Da er aber hernach den Magiſter ſelbſt kennen lernte; und dieſer, nach einigen Unterredungen uͤber die bei- den ſtreitigen Puncte, ſeinen Jrrthum erkannte, und die Gruͤnde des alten Barons, warum der Adel billig ſteuerfrei bleiben, und ihm die Hof- ſtellen ausſchließlich uͤberlaſſen werden muͤßten, ſo vollkommen einſah, daß er ſeine Staatsver- faſſung ganz zu unterdruͤcken verſprach; ſo ſchenk- te ihm dieſer ſeine Gewogenheit vollkommen, und bat ſich von ihm die zwei andern Stuͤcke aus, von welchen Abſalom der Rebell, (wie er her- nach meinte, da er ſie durchgeleſen hatte,) vollkom- men auf ſeinen Schwiegerſohn paßte, der wegen des muͤtterlichen Vermoͤgens ſeiner Tochter viel Laͤrm und Streit mit ihm angefangen haͤtte. Die Nothzuͤchtigung und Heirath aus Zwang gefiel ihm um eines Enkels willen, der, wie er ſagte, ein liederlicher Faͤhndrich waͤre
und
J 4
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0141"n="135"/><p>Jn Johann Jaeobs Gaſthof war nemlich vor<lb/>
einiger Zeit ein alter Edelmann eingekehrt, wel-<lb/>
cher die Confuſeliuſiſchen Theaterſtuͤcke geleſen,<lb/>
und mit ſeinem Beifall beehrt hatte. Zwar ge-<lb/>
fiel es ihm nicht, daß er in ſeiner neuen Staats-<lb/>
verfaſſung dem Adel nicht nur große Abgaben<lb/>
vorzuͤglich aufwaͤlzte, ſondern ihn auch ſogar<lb/>
vom Hofe verdraͤngen wollte. Da er aber<lb/>
hernach den Magiſter ſelbſt kennen lernte; und<lb/>
dieſer, nach einigen Unterredungen uͤber die bei-<lb/>
den ſtreitigen Puncte, ſeinen Jrrthum erkannte,<lb/>
und die Gruͤnde des alten Barons, warum der<lb/>
Adel billig ſteuerfrei bleiben, und ihm die Hof-<lb/>ſtellen ausſchließlich uͤberlaſſen werden muͤßten,<lb/>ſo vollkommen einſah, daß er ſeine Staatsver-<lb/>
faſſung ganz zu unterdruͤcken verſprach; ſo ſchenk-<lb/>
te ihm dieſer ſeine Gewogenheit vollkommen, und<lb/>
bat ſich von ihm die zwei andern Stuͤcke aus,<lb/>
von welchen <hirendition="#g">Abſalom der Rebell,</hi> (wie er her-<lb/>
nach meinte, da er ſie durchgeleſen hatte,) vollkom-<lb/>
men auf ſeinen Schwiegerſohn paßte, der wegen des<lb/>
muͤtterlichen Vermoͤgens ſeiner Tochter viel Laͤrm<lb/>
und Streit mit ihm angefangen haͤtte. <hirendition="#g">Die<lb/>
Nothzuͤchtigung und Heirath aus<lb/>
Zwang</hi> gefiel ihm um eines Enkels willen,<lb/>
der, wie er ſagte, ein liederlicher Faͤhndrich waͤre<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[135/0141]
Jn Johann Jaeobs Gaſthof war nemlich vor
einiger Zeit ein alter Edelmann eingekehrt, wel-
cher die Confuſeliuſiſchen Theaterſtuͤcke geleſen,
und mit ſeinem Beifall beehrt hatte. Zwar ge-
fiel es ihm nicht, daß er in ſeiner neuen Staats-
verfaſſung dem Adel nicht nur große Abgaben
vorzuͤglich aufwaͤlzte, ſondern ihn auch ſogar
vom Hofe verdraͤngen wollte. Da er aber
hernach den Magiſter ſelbſt kennen lernte; und
dieſer, nach einigen Unterredungen uͤber die bei-
den ſtreitigen Puncte, ſeinen Jrrthum erkannte,
und die Gruͤnde des alten Barons, warum der
Adel billig ſteuerfrei bleiben, und ihm die Hof-
ſtellen ausſchließlich uͤberlaſſen werden muͤßten,
ſo vollkommen einſah, daß er ſeine Staatsver-
faſſung ganz zu unterdruͤcken verſprach; ſo ſchenk-
te ihm dieſer ſeine Gewogenheit vollkommen, und
bat ſich von ihm die zwei andern Stuͤcke aus,
von welchen Abſalom der Rebell, (wie er her-
nach meinte, da er ſie durchgeleſen hatte,) vollkom-
men auf ſeinen Schwiegerſohn paßte, der wegen des
muͤtterlichen Vermoͤgens ſeiner Tochter viel Laͤrm
und Streit mit ihm angefangen haͤtte. Die
Nothzuͤchtigung und Heirath aus
Zwang gefiel ihm um eines Enkels willen,
der, wie er ſagte, ein liederlicher Faͤhndrich waͤre
und
J 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/141>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.