Johann Jacob Schnitzer war der Name dieses ehrlichen Mannes, dem ich, wie Er selbst glaubte, mein Leben zu danken habe: und da dieses Leben lange sehr froh war; so würde ich es ihm sicherlich gedankt haben, wenn ich's jemals für nöthig gehal- ten hätte, mich für etwas zu bedanken. Von Dan- ken aber hielt ich immer so wenig, daß ich kaum die ersten Beinkleider trug, als ich schon alles um mich her als mein Eigenthum ansah, und nicht anders glaubte, als es sei meinem Vater viel Ehre, mich Sohn nennen zu dürfen, da er Gott danken müßte, daß ihn die Mutter im Hause duldete, wo sie und ich allein zu befehlen hatten.
Er war ein ehrlicher Gastwirth, und hatte weiter keinen Fehler, als daß er seine Bequemlich- keit liebte, und daher alles, was diese stören konnte, z. E. Speculationen, das Einkommen zu vermehren -- die Mühe, seinen eignen Willen
durch-
A 3
Zweiter Abſchnitt. Mein Vater.
Johann Jacob Schnitzer war der Name dieſes ehrlichen Mannes, dem ich, wie Er ſelbſt glaubte, mein Leben zu danken habe: und da dieſes Leben lange ſehr froh war; ſo wuͤrde ich es ihm ſicherlich gedankt haben, wenn ich’s jemals fuͤr noͤthig gehal- ten haͤtte, mich fuͤr etwas zu bedanken. Von Dan- ken aber hielt ich immer ſo wenig, daß ich kaum die erſten Beinkleider trug, als ich ſchon alles um mich her als mein Eigenthum anſah, und nicht anders glaubte, als es ſei meinem Vater viel Ehre, mich Sohn nennen zu duͤrfen, da er Gott danken muͤßte, daß ihn die Mutter im Hauſe duldete, wo ſie und ich allein zu befehlen hatten.
Er war ein ehrlicher Gaſtwirth, und hatte weiter keinen Fehler, als daß er ſeine Bequemlich- keit liebte, und daher alles, was dieſe ſtoͤren konnte, z. E. Speculationen, das Einkommen zu vermehren — die Muͤhe, ſeinen eignen Willen
durch-
A 3
<TEI><text><body><pbfacs="#f0011"n="[5]"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Zweiter Abſchnitt.<lb/>
Mein Vater.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ohann Jacob Schnitzer war der Name dieſes<lb/>
ehrlichen Mannes, dem ich, wie Er ſelbſt glaubte,<lb/>
mein Leben zu danken habe: und da dieſes Leben<lb/>
lange ſehr froh war; ſo wuͤrde ich es ihm ſicherlich<lb/>
gedankt haben, wenn ich’s jemals fuͤr noͤthig gehal-<lb/>
ten haͤtte, mich fuͤr etwas zu bedanken. Von Dan-<lb/>
ken aber hielt ich immer ſo wenig, daß ich kaum die<lb/>
erſten Beinkleider trug, als ich ſchon alles um<lb/>
mich her als mein Eigenthum anſah, und nicht<lb/>
anders glaubte, als es ſei meinem Vater viel Ehre,<lb/>
mich Sohn nennen zu duͤrfen, da er Gott danken<lb/>
muͤßte, daß ihn die Mutter im Hauſe duldete, wo<lb/>ſie und ich allein zu befehlen hatten.</p><lb/><p>Er war ein ehrlicher Gaſtwirth, und hatte<lb/>
weiter keinen Fehler, als daß er ſeine Bequemlich-<lb/>
keit liebte, und daher alles, was dieſe ſtoͤren<lb/>
konnte, z. E. Speculationen, das Einkommen zu<lb/>
vermehren — die Muͤhe, ſeinen eignen Willen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><choice><sic>dur</sic><corr>durch-</corr></choice></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[[5]/0011]
Zweiter Abſchnitt.
Mein Vater.
Johann Jacob Schnitzer war der Name dieſes
ehrlichen Mannes, dem ich, wie Er ſelbſt glaubte,
mein Leben zu danken habe: und da dieſes Leben
lange ſehr froh war; ſo wuͤrde ich es ihm ſicherlich
gedankt haben, wenn ich’s jemals fuͤr noͤthig gehal-
ten haͤtte, mich fuͤr etwas zu bedanken. Von Dan-
ken aber hielt ich immer ſo wenig, daß ich kaum die
erſten Beinkleider trug, als ich ſchon alles um
mich her als mein Eigenthum anſah, und nicht
anders glaubte, als es ſei meinem Vater viel Ehre,
mich Sohn nennen zu duͤrfen, da er Gott danken
muͤßte, daß ihn die Mutter im Hauſe duldete, wo
ſie und ich allein zu befehlen hatten.
Er war ein ehrlicher Gaſtwirth, und hatte
weiter keinen Fehler, als daß er ſeine Bequemlich-
keit liebte, und daher alles, was dieſe ſtoͤren
konnte, z. E. Speculationen, das Einkommen zu
vermehren — die Muͤhe, ſeinen eignen Willen
durch-
A 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/11>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.