Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

er werde den Zaun und sichtbare Spuren von dessen Entweihung erblicken. Als er einmal bei einer Kopfwendung den überhängenden Giebel gewahrte, glaubte er denselben deutlich wackeln zu sehen. Er fühlte ganz klar, daß ihm ein plötzlicher Einsturz des Giebels in dieser Minute auch nicht die geringste Ueberraschung bereiten würde, obschon er sonst immer zu den Anhängern des Wolfenbütteler Zimmermanns gehört und an die Unverwüstlichkeit des Wittwenhauses geglaubt hatte.

Am Ende entschloß er sich zu einem Gange nach dem Meierhofe am Erlenkamp. Er wollte seinem Bruder vorstellen, wie die Verhältnisse im Wittwenhause beschaffen seien, wollte ihn bitten, sich der Frau anzunehmen, Curator der Wittwe, Vormund der Kinder zu werden und wegen des Hausverkaufs diejenigen Schritte zu thun, welche etwa im Interesse der Bewohner des Giebelhauses rathsam erscheinen könnten.

Mit dem Vorsatz, sich solcher Art der eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen und zugleich den Ruf der Wittwe, so wie seinen eigenen, vor Nachreden zu wahren, holte er seinen Filzhut hinter dem Ofen hervor und machte sich auf den Weg.

er werde den Zaun und sichtbare Spuren von dessen Entweihung erblicken. Als er einmal bei einer Kopfwendung den überhängenden Giebel gewahrte, glaubte er denselben deutlich wackeln zu sehen. Er fühlte ganz klar, daß ihm ein plötzlicher Einsturz des Giebels in dieser Minute auch nicht die geringste Ueberraschung bereiten würde, obschon er sonst immer zu den Anhängern des Wolfenbütteler Zimmermanns gehört und an die Unverwüstlichkeit des Wittwenhauses geglaubt hatte.

Am Ende entschloß er sich zu einem Gange nach dem Meierhofe am Erlenkamp. Er wollte seinem Bruder vorstellen, wie die Verhältnisse im Wittwenhause beschaffen seien, wollte ihn bitten, sich der Frau anzunehmen, Curator der Wittwe, Vormund der Kinder zu werden und wegen des Hausverkaufs diejenigen Schritte zu thun, welche etwa im Interesse der Bewohner des Giebelhauses rathsam erscheinen könnten.

Mit dem Vorsatz, sich solcher Art der eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen und zugleich den Ruf der Wittwe, so wie seinen eigenen, vor Nachreden zu wahren, holte er seinen Filzhut hinter dem Ofen hervor und machte sich auf den Weg.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="4">
        <p><pb facs="#f0050"/>
er werde den Zaun und sichtbare Spuren von dessen      Entweihung erblicken. Als er einmal bei einer Kopfwendung den überhängenden Giebel gewahrte,      glaubte er denselben deutlich wackeln zu sehen. Er fühlte ganz klar, daß ihm ein plötzlicher      Einsturz des Giebels in dieser Minute auch nicht die geringste Ueberraschung bereiten würde,      obschon er sonst immer zu den Anhängern des Wolfenbütteler Zimmermanns gehört und an die      Unverwüstlichkeit des Wittwenhauses geglaubt hatte.</p><lb/>
        <p>Am Ende entschloß er sich zu einem Gange nach dem Meierhofe am Erlenkamp. Er wollte seinem      Bruder vorstellen, wie die Verhältnisse im Wittwenhause beschaffen seien, wollte ihn bitten,      sich der Frau anzunehmen, Curator der Wittwe, Vormund der Kinder zu werden und wegen des      Hausverkaufs diejenigen Schritte zu thun, welche etwa im Interesse der Bewohner des      Giebelhauses rathsam erscheinen könnten.</p><lb/>
        <p>Mit dem Vorsatz, sich solcher Art der eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen und      zugleich den Ruf der Wittwe, so wie seinen eigenen, vor Nachreden zu wahren, holte er seinen      Filzhut hinter dem Ofen hervor und machte sich auf den Weg.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0050] er werde den Zaun und sichtbare Spuren von dessen Entweihung erblicken. Als er einmal bei einer Kopfwendung den überhängenden Giebel gewahrte, glaubte er denselben deutlich wackeln zu sehen. Er fühlte ganz klar, daß ihm ein plötzlicher Einsturz des Giebels in dieser Minute auch nicht die geringste Ueberraschung bereiten würde, obschon er sonst immer zu den Anhängern des Wolfenbütteler Zimmermanns gehört und an die Unverwüstlichkeit des Wittwenhauses geglaubt hatte. Am Ende entschloß er sich zu einem Gange nach dem Meierhofe am Erlenkamp. Er wollte seinem Bruder vorstellen, wie die Verhältnisse im Wittwenhause beschaffen seien, wollte ihn bitten, sich der Frau anzunehmen, Curator der Wittwe, Vormund der Kinder zu werden und wegen des Hausverkaufs diejenigen Schritte zu thun, welche etwa im Interesse der Bewohner des Giebelhauses rathsam erscheinen könnten. Mit dem Vorsatz, sich solcher Art der eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen und zugleich den Ruf der Wittwe, so wie seinen eigenen, vor Nachreden zu wahren, holte er seinen Filzhut hinter dem Ofen hervor und machte sich auf den Weg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/50
Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/50>, abgerufen am 23.11.2024.