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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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als ältester Knabe des Meierhofs am Erlenkampe manches Mal mit der damals fünf- oder sechsjährigen Pfarrerstochter -- der jetzigen Wittwe selbst -- Sand und Steine in des Großvaters zerbrochener Geige spazieren gefahren hatte. Seitdem waren drei Jahrzehnte in die Vergangenheit hinabgerollt. Der Sohn des Meierhofs hatte beim Wolfenbütteler Magister den kleinen Zumpt rück- und vorwärts auswendig gelernt, um nach des Oheims Tode die lateinischen Floskeln in Tauf- und Trauscheinen richtig schreiben und auf einen etwaigen Witz des Herrn Kirchenvisitators mit der herkömmlichen grammatikalischen Phrase antworten zu können. Er hatte den Blasebalg auf dem Chor getreten, bis ihm der Oheim sein Lederkissen auf dem Orgelstuhl und zugleich das Organistenamt abtrat, das mit der Küsterstelle vererbte. Er hatte die Wachskerzen allsonntäglich am Altar angezündet und von Mariä Heimsuchung bis Martini jeden Morgen sein: "Wie schön leuchtet der Morgenstern" über das schlafende Hedeper geblasen, hatte sich an die alternde Marga und den ledigen Hahn im kaffeebraunen Hinterstübchen gewöhnt und die kurze Beklemmung vergessen, die ihn zum erstenmal im Leben beschlich, als die im alten Giebelhause aufgewachsene Pfarrerstochter, seine langjährige Nachbarin, vor zehn Jahren von seinem damaligen Vorgesetzten als Braut heimgeführt wurde. Er hatte sich an Alles gewöhnt, was des Gewohntwerdens bedurfte, hatte Alles vergessen, was ein Küster von St. Gertrauden, dem 1730 bis

als ältester Knabe des Meierhofs am Erlenkampe manches Mal mit der damals fünf- oder sechsjährigen Pfarrerstochter — der jetzigen Wittwe selbst — Sand und Steine in des Großvaters zerbrochener Geige spazieren gefahren hatte. Seitdem waren drei Jahrzehnte in die Vergangenheit hinabgerollt. Der Sohn des Meierhofs hatte beim Wolfenbütteler Magister den kleinen Zumpt rück- und vorwärts auswendig gelernt, um nach des Oheims Tode die lateinischen Floskeln in Tauf- und Trauscheinen richtig schreiben und auf einen etwaigen Witz des Herrn Kirchenvisitators mit der herkömmlichen grammatikalischen Phrase antworten zu können. Er hatte den Blasebalg auf dem Chor getreten, bis ihm der Oheim sein Lederkissen auf dem Orgelstuhl und zugleich das Organistenamt abtrat, das mit der Küsterstelle vererbte. Er hatte die Wachskerzen allsonntäglich am Altar angezündet und von Mariä Heimsuchung bis Martini jeden Morgen sein: „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ über das schlafende Hedeper geblasen, hatte sich an die alternde Marga und den ledigen Hahn im kaffeebraunen Hinterstübchen gewöhnt und die kurze Beklemmung vergessen, die ihn zum erstenmal im Leben beschlich, als die im alten Giebelhause aufgewachsene Pfarrerstochter, seine langjährige Nachbarin, vor zehn Jahren von seinem damaligen Vorgesetzten als Braut heimgeführt wurde. Er hatte sich an Alles gewöhnt, was des Gewohntwerdens bedurfte, hatte Alles vergessen, was ein Küster von St. Gertrauden, dem 1730 bis

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[0032] als ältester Knabe des Meierhofs am Erlenkampe manches Mal mit der damals fünf- oder sechsjährigen Pfarrerstochter — der jetzigen Wittwe selbst — Sand und Steine in des Großvaters zerbrochener Geige spazieren gefahren hatte. Seitdem waren drei Jahrzehnte in die Vergangenheit hinabgerollt. Der Sohn des Meierhofs hatte beim Wolfenbütteler Magister den kleinen Zumpt rück- und vorwärts auswendig gelernt, um nach des Oheims Tode die lateinischen Floskeln in Tauf- und Trauscheinen richtig schreiben und auf einen etwaigen Witz des Herrn Kirchenvisitators mit der herkömmlichen grammatikalischen Phrase antworten zu können. Er hatte den Blasebalg auf dem Chor getreten, bis ihm der Oheim sein Lederkissen auf dem Orgelstuhl und zugleich das Organistenamt abtrat, das mit der Küsterstelle vererbte. Er hatte die Wachskerzen allsonntäglich am Altar angezündet und von Mariä Heimsuchung bis Martini jeden Morgen sein: „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ über das schlafende Hedeper geblasen, hatte sich an die alternde Marga und den ledigen Hahn im kaffeebraunen Hinterstübchen gewöhnt und die kurze Beklemmung vergessen, die ihn zum erstenmal im Leben beschlich, als die im alten Giebelhause aufgewachsene Pfarrerstochter, seine langjährige Nachbarin, vor zehn Jahren von seinem damaligen Vorgesetzten als Braut heimgeführt wurde. Er hatte sich an Alles gewöhnt, was des Gewohntwerdens bedurfte, hatte Alles vergessen, was ein Küster von St. Gertrauden, dem 1730 bis

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/32>, abgerufen am 24.11.2024.