Warum dieß fürchterliche Glühen? dieß verwirrte innerliche Beben? dieser Abfall von der Natur?
O du, den ich liebe, mit dir ist's weit gekom- men. Phaethon, mein Auge füllt sich mit Thrä- nen, mit Thränen für deine Seele!
Warum hast du den Weg verloren? O Phae- thon, dachtest du denn nicht an mich?
Jch sah dich und bebte. Wie eine Erinnerung aus den Tagen eines schöneren Lebens, wie die Er- füllung einer seligen Ahnung, war der Blick deines Auges.
Da schwammen wir zusammen, Seele mit Seele, Geist mit Geist, schauernd in Wonne! Du fühltest, du lebtest in mir, und ich in dir. Unser Daseyn war verschmolzen, über und über getaucht
Atalanta an Phaethon.
Warum dieß fuͤrchterliche Gluͤhen? dieß verwirrte innerliche Beben? dieſer Abfall von der Natur?
O du, den ich liebe, mit dir iſt’s weit gekom- men. Phaethon, mein Auge fuͤllt ſich mit Thraͤ- nen, mit Thraͤnen fuͤr deine Seele!
Warum haſt du den Weg verloren? O Phae- thon, dachteſt du denn nicht an mich?
Jch ſah dich und bebte. Wie eine Erinnerung aus den Tagen eines ſchoͤneren Lebens, wie die Er- fuͤllung einer ſeligen Ahnung, war der Blick deines Auges.
Da ſchwammen wir zuſammen, Seele mit Seele, Geiſt mit Geiſt, ſchauernd in Wonne! Du fuͤhlteſt, du lebteſt in mir, und ich in dir. Unſer Daſeyn war verſchmolzen, uͤber und uͤber getaucht
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Atalanta an Phaethon.
Warum dieß fuͤrchterliche Gluͤhen? dieß verwirrte
innerliche Beben? dieſer Abfall von der Natur?
O du, den ich liebe, mit dir iſt’s weit gekom-
men. Phaethon, mein Auge fuͤllt ſich mit Thraͤ-
nen, mit Thraͤnen fuͤr deine Seele!
Warum haſt du den Weg verloren? O Phae-
thon, dachteſt du denn nicht an mich?
Jch ſah dich und bebte. Wie eine Erinnerung
aus den Tagen eines ſchoͤneren Lebens, wie die Er-
fuͤllung einer ſeligen Ahnung, war der Blick deines
Auges.
Da ſchwammen wir zuſammen, Seele mit
Seele, Geiſt mit Geiſt, ſchauernd in Wonne! Du
fuͤhlteſt, du lebteſt in mir, und ich in dir. Unſer
Daſeyn war verſchmolzen, uͤber und uͤber getaucht
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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/98>, abgerufen am 16.07.2024.
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