Und wenn des Nachts der Mond am Himmel ist, dann wandl' ich hinaus allein ins Freye. Das magische Licht und die riesigen Schatten ... das Zusammenschwimmen der Bilder und Gestalten im Duft .... die zitternden, funkelnden Wellen im Lichtregen .... das geheime tiefe Rauschen und Wogen durch Blätter und Aeste ... der Mond über den alten Eichenkronen schwebend .... der hohe feyerliche Geist über der Gegend wallend, .... die Ruhe und Bewegung, die Kinder seines Hauches .. das Licht im Wasser und das Leben und Regen in den Pflanzen .....
Und dann die Welten, wie sie wandeln in ihrem Riesengange, zusammenschwimmen, wie bleiche Milch, wie unaussprechliche zerfließende Reg- ungen unserer Sehnsucht .... Ein blasser Nebel die unendlichen Körper der Schöpfung ... däm- mernd, wie Träume von Blumen .... in ewigem, unveränderlichem Schwung ... alle, alle! schneller als Gedanken, geworfen und geschleudert aus der Hand des ordnenden allwaltenden Geistes .... Kin- der des Unermeßlichen ... diese Fülle, diese Größe, und doch diese Ahnung .....!
Atalanta, da weiß ich mich nicht zu fassen. Jch verliere mich selbst: ich kann die Ordnung der
Und wenn des Nachts der Mond am Himmel iſt, dann wandl’ ich hinaus allein ins Freye. Das magiſche Licht und die rieſigen Schatten … das Zuſammenſchwimmen der Bilder und Geſtalten im Duft .... die zitternden, funkelnden Wellen im Lichtregen .... das geheime tiefe Rauſchen und Wogen durch Blaͤtter und Aeſte … der Mond uͤber den alten Eichenkronen ſchwebend .... der hohe feyerliche Geiſt uͤber der Gegend wallend, .... die Ruhe und Bewegung, die Kinder ſeines Hauches .. das Licht im Waſſer und das Leben und Regen in den Pflanzen .....
Und dann die Welten, wie ſie wandeln in ihrem Rieſengange, zuſammenſchwimmen, wie bleiche Milch, wie unausſprechliche zerfließende Reg- ungen unſerer Sehnſucht .... Ein blaſſer Nebel die unendlichen Koͤrper der Schoͤpfung … daͤm- mernd, wie Traͤume von Blumen .... in ewigem, unveraͤnderlichem Schwung … alle, alle! ſchneller als Gedanken, geworfen und geſchleudert aus der Hand des ordnenden allwaltenden Geiſtes .... Kin- der des Unermeßlichen … dieſe Fuͤlle, dieſe Groͤße, und doch dieſe Ahnung .....!
Atalanta, da weiß ich mich nicht zu faſſen. Jch verliere mich ſelbſt: ich kann die Ordnung der
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Und wenn des Nachts der Mond am Himmel
iſt, dann wandl’ ich hinaus allein ins Freye. Das
magiſche Licht und die rieſigen Schatten … das
Zuſammenſchwimmen der Bilder und Geſtalten im
Duft .... die zitternden, funkelnden Wellen im
Lichtregen .... das geheime tiefe Rauſchen und
Wogen durch Blaͤtter und Aeſte … der Mond uͤber
den alten Eichenkronen ſchwebend .... der hohe
feyerliche Geiſt uͤber der Gegend wallend, .... die
Ruhe und Bewegung, die Kinder ſeines Hauches ..
das Licht im Waſſer und das Leben und Regen in
den Pflanzen .....
Und dann die Welten, wie ſie wandeln in
ihrem Rieſengange, zuſammenſchwimmen, wie
bleiche Milch, wie unausſprechliche zerfließende Reg-
ungen unſerer Sehnſucht .... Ein blaſſer Nebel
die unendlichen Koͤrper der Schoͤpfung … daͤm-
mernd, wie Traͤume von Blumen .... in ewigem,
unveraͤnderlichem Schwung … alle, alle! ſchneller
als Gedanken, geworfen und geſchleudert aus der
Hand des ordnenden allwaltenden Geiſtes .... Kin-
der des Unermeßlichen … dieſe Fuͤlle, dieſe Groͤße,
und doch dieſe Ahnung .....!
Atalanta, da weiß ich mich nicht zu faſſen.
Jch verliere mich ſelbſt: ich kann die Ordnung der
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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/96>, abgerufen am 16.02.2025.
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