Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Jch fühlte mir ein neues Leben entstehen; Oft drückten wir uns die Hände, wann wir Oft auch saßen wir am Ufer des Eurotas, wo Die Schwäne spielten um Myrthen- und Ro- Veilchen waren durch Theonens dunkle Locken Ewige Gesundheit sog ich aus ihrem keuschen Jch fuͤhlte mir ein neues Leben entſtehen; Oft druͤckten wir uns die Haͤnde, wann wir Oft auch ſaßen wir am Ufer des Eurotas, wo Die Schwaͤne ſpielten um Myrthen- und Ro- Veilchen waren durch Theonens dunkle Locken Ewige Geſundheit ſog ich aus ihrem keuſchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0039" n="39"/> <p>Jch fuͤhlte mir ein neues Leben entſtehen;<lb/> meine Seele war geſtillt, erweitert, angefuͤllt, war<lb/> friſch, wie das Thal, wann die Morgenſonne<lb/> uͤber’m Huͤgel ſchwebt.</p><lb/> <p>Oft druͤckten wir uns die Haͤnde, wann wir<lb/> allein waren und kuͤßten uns die Lippen, und wenn<lb/> der Vater kam, wand ſie erroͤthend ſich von meiner<lb/> Bruſt. Der Vater laͤchelte.</p><lb/> <p>Oft auch ſaßen wir am Ufer des Eurotas, wo<lb/> uͤber uns ſich Lorbeer und Platanen woͤlbten und<lb/> die Trauerweiden in die klare Fluth ſich tauchten.</p><lb/> <p>Die Schwaͤne ſpielten um Myrthen- und Ro-<lb/> ſengeſtraͤuch zu unſern Fuͤßen, und der Seidenbaum<lb/> wuͤrzte die Luft mit balſamiſchem Geruche.</p><lb/> <p>Veilchen waren durch Theonens dunkle Locken<lb/> geflochten, die herabwallten uͤber den jugendlichen<lb/> Buſen. Sie war zart und mild wie das freundli-<lb/> che Schneegloͤckchen.</p><lb/> <p>Ewige Geſundheit ſog ich aus ihrem keuſchen<lb/> Munde. Jch ſah in ihr das Bild der ewigen Ju-<lb/> gend. Das Leben fuͤhlt’ ich in ſeiner hoͤchſten Fuͤlle,<lb/> im Vollgenuß meiner Kraft und Staͤrke.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [39/0039]
Jch fuͤhlte mir ein neues Leben entſtehen;
meine Seele war geſtillt, erweitert, angefuͤllt, war
friſch, wie das Thal, wann die Morgenſonne
uͤber’m Huͤgel ſchwebt.
Oft druͤckten wir uns die Haͤnde, wann wir
allein waren und kuͤßten uns die Lippen, und wenn
der Vater kam, wand ſie erroͤthend ſich von meiner
Bruſt. Der Vater laͤchelte.
Oft auch ſaßen wir am Ufer des Eurotas, wo
uͤber uns ſich Lorbeer und Platanen woͤlbten und
die Trauerweiden in die klare Fluth ſich tauchten.
Die Schwaͤne ſpielten um Myrthen- und Ro-
ſengeſtraͤuch zu unſern Fuͤßen, und der Seidenbaum
wuͤrzte die Luft mit balſamiſchem Geruche.
Veilchen waren durch Theonens dunkle Locken
geflochten, die herabwallten uͤber den jugendlichen
Buſen. Sie war zart und mild wie das freundli-
che Schneegloͤckchen.
Ewige Geſundheit ſog ich aus ihrem keuſchen
Munde. Jch ſah in ihr das Bild der ewigen Ju-
gend. Das Leben fuͤhlt’ ich in ſeiner hoͤchſten Fuͤlle,
im Vollgenuß meiner Kraft und Staͤrke.
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Zitationshilfe: | Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/39>, abgerufen am 16.07.2024. |