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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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versicherte mich, das könne, das dürfe er nicht be-
antworten.

Auf einmal verneigt' er sich wieder und noch
tiefer als vorher. Jch glaubte, er wolle, daß ich
ihn verlasse, und trat hinaus. Außen blieb ich
noch eine Zeitlang stehen und sah, wie er im Zim-
mer auf und abgieng. Jch dachte an die wilden
Thiere, die so in ihrem Käfig wandeln, und rannte
schaudernd die Treppen hinunter.



Wird der verwegen aus den Schran-
ken getretene, sich mit Gott zu messen
erkühnende, in seinem Riesenschmerz in
und durch sich selbst zermalmte Geist an-
derswo Licht, Maaß und Wahrheit fin-
den, und wie?

Reizet ihn nicht, den höchsten Geist!
Lernt ihn erkennen durch .... Ruhe!
Dann liebet! dann betet an! Nur wer
bey Fülle Maaß hält, ist ihm ähnlich,
dem Maaße selbst!



verſicherte mich, das koͤnne, das duͤrfe er nicht be-
antworten.

Auf einmal verneigt’ er ſich wieder und noch
tiefer als vorher. Jch glaubte, er wolle, daß ich
ihn verlaſſe, und trat hinaus. Außen blieb ich
noch eine Zeitlang ſtehen und ſah, wie er im Zim-
mer auf und abgieng. Jch dachte an die wilden
Thiere, die ſo in ihrem Kaͤfig wandeln, und rannte
ſchaudernd die Treppen hinunter.



Wird der verwegen aus den Schran-
ken getretene, ſich mit Gott zu meſſen
erkuͤhnende, in ſeinem Rieſenſchmerz in
und durch ſich ſelbſt zermalmte Geiſt an-
derswo Licht, Maaß und Wahrheit fin-
den, und wie?

Reizet ihn nicht, den hoͤchſten Geiſt!
Lernt ihn erkennen durch .... Ruhe!
Dann liebet! dann betet an! Nur wer
bey Fuͤlle Maaß haͤlt, iſt ihm aͤhnlich,
dem Maaße ſelbſt!



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[160/0160] verſicherte mich, das koͤnne, das duͤrfe er nicht be- antworten. Auf einmal verneigt’ er ſich wieder und noch tiefer als vorher. Jch glaubte, er wolle, daß ich ihn verlaſſe, und trat hinaus. Außen blieb ich noch eine Zeitlang ſtehen und ſah, wie er im Zim- mer auf und abgieng. Jch dachte an die wilden Thiere, die ſo in ihrem Kaͤfig wandeln, und rannte ſchaudernd die Treppen hinunter. Wird der verwegen aus den Schran- ken getretene, ſich mit Gott zu meſſen erkuͤhnende, in ſeinem Rieſenſchmerz in und durch ſich ſelbſt zermalmte Geiſt an- derswo Licht, Maaß und Wahrheit fin- den, und wie? Reizet ihn nicht, den hoͤchſten Geiſt! Lernt ihn erkennen durch .... Ruhe! Dann liebet! dann betet an! Nur wer bey Fuͤlle Maaß haͤlt, iſt ihm aͤhnlich, dem Maaße ſelbſt!

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/160>, abgerufen am 03.05.2024.