Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

sie weinend, mit einem namenlosen Ausdruck, und
sank über mich her. Jhr Mund glühte flammend
an dem meinen; ihre Haare lösten sich auf und wall-
ten über mich hinunter. Jch küßte die Thränen
von ihrem Auge.

Jedes Wort war Schmerz. Gestern Abend ...
Caton ..... war das Einzige, was ich konnte
lispeln.

Sie verstand mich. Jch bin nicht schuldig, rief
sie, heftiger weinend, immer noch matt an meiner
Brust liegend.

Wo ist Caton, sagt' ich. Sie wußte, was ich
wollte, riß sich los und flog durch die Thüre.

Einen Augenblick war ich allein ... Jch schau-
derte vor dem Grabe.

Atalanta kam wieder und sagte. Caton will
nicht kommen.

Weiß er's?

Er weiß es, schluchzte sie.

Das grämte mich. Fürchterliche Bilder umgau-
kelten mich den Abend. Das Wundfieber verließ

ſie weinend, mit einem namenloſen Ausdruck, und
ſank uͤber mich her. Jhr Mund gluͤhte flammend
an dem meinen; ihre Haare loͤsten ſich auf und wall-
ten uͤber mich hinunter. Jch kuͤßte die Thraͤnen
von ihrem Auge.

Jedes Wort war Schmerz. Geſtern Abend …
Caton ..... war das Einzige, was ich konnte
lispeln.

Sie verſtand mich. Jch bin nicht ſchuldig, rief
ſie, heftiger weinend, immer noch matt an meiner
Bruſt liegend.

Wo iſt Caton, ſagt’ ich. Sie wußte, was ich
wollte, riß ſich los und flog durch die Thuͤre.

Einen Augenblick war ich allein … Jch ſchau-
derte vor dem Grabe.

Atalanta kam wieder und ſagte. Caton will
nicht kommen.

Weiß er’s?

Er weiß es, ſchluchzte ſie.

Das graͤmte mich. Fuͤrchterliche Bilder umgau-
kelten mich den Abend. Das Wundfieber verließ

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="16"/>
&#x017F;ie weinend, mit einem namenlo&#x017F;en Ausdruck, und<lb/>
&#x017F;ank u&#x0364;ber mich her. Jhr Mund glu&#x0364;hte flammend<lb/>
an dem meinen; ihre Haare lo&#x0364;sten &#x017F;ich auf und wall-<lb/>
ten u&#x0364;ber mich hinunter. Jch ku&#x0364;ßte die Thra&#x0364;nen<lb/>
von ihrem Auge.</p><lb/>
        <p>Jedes Wort war Schmerz. Ge&#x017F;tern Abend &#x2026;<lb/>
Caton ..... war das Einzige, was ich konnte<lb/>
lispeln.</p><lb/>
        <p>Sie ver&#x017F;tand mich. Jch bin nicht &#x017F;chuldig, rief<lb/>
&#x017F;ie, heftiger weinend, immer noch matt an meiner<lb/>
Bru&#x017F;t liegend.</p><lb/>
        <p>Wo i&#x017F;t Caton, &#x017F;agt&#x2019; ich. Sie wußte, was ich<lb/>
wollte, riß &#x017F;ich los und flog durch die Thu&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Einen Augenblick war ich allein &#x2026; Jch &#x017F;chau-<lb/>
derte vor dem Grabe.</p><lb/>
        <p>Atalanta kam wieder und &#x017F;agte. Caton will<lb/>
nicht kommen.</p><lb/>
        <p>Weiß er&#x2019;s?</p><lb/>
        <p>Er weiß es, &#x017F;chluchzte &#x017F;ie.</p><lb/>
        <p>Das gra&#x0364;mte mich. Fu&#x0364;rchterliche Bilder umgau-<lb/>
kelten mich den Abend. Das Wundfieber verließ<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0016] ſie weinend, mit einem namenloſen Ausdruck, und ſank uͤber mich her. Jhr Mund gluͤhte flammend an dem meinen; ihre Haare loͤsten ſich auf und wall- ten uͤber mich hinunter. Jch kuͤßte die Thraͤnen von ihrem Auge. Jedes Wort war Schmerz. Geſtern Abend … Caton ..... war das Einzige, was ich konnte lispeln. Sie verſtand mich. Jch bin nicht ſchuldig, rief ſie, heftiger weinend, immer noch matt an meiner Bruſt liegend. Wo iſt Caton, ſagt’ ich. Sie wußte, was ich wollte, riß ſich los und flog durch die Thuͤre. Einen Augenblick war ich allein … Jch ſchau- derte vor dem Grabe. Atalanta kam wieder und ſagte. Caton will nicht kommen. Weiß er’s? Er weiß es, ſchluchzte ſie. Das graͤmte mich. Fuͤrchterliche Bilder umgau- kelten mich den Abend. Das Wundfieber verließ

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/16
Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/16>, abgerufen am 24.11.2024.