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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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du rollest so klar, wie das Auge der Gottheit,
durch die Milchstraße. Jch kenne dich wohl, aber
Thränen quillen aus dem Auge. Ein heiteres Le-
ben seh' ich in den Gestalten mich umblühen der
Schöpfung, weil ich es nicht unbillig vergleiche
den einsamen Tauben auf dem Kirchhof. Das La-
chen aber scheint mich zu grämen der Menschen,
nämlich ich hab' ein Herz. Möcht' ich ein Komet
seyn? Jch glaube. Denn sie haben die Schnellig-
keit der Vögel; sie blühen an Feuer, und sind wie
Kinder an Reinheit. Größeres zu wünschen, kann
nicht des Menschen Natur sich vermessen. Der Tu-
gend Heiterkeit verdient auch gelobt zu werden vom
ernsten Geiste, der zwischen den drey Säulen we-
het des Gartens. Eine schöne Jungfrau muß das
Haupt umkränzen mit Myrthenblumen, weil sie
einfach |ist ihrem Wesen nach und ihrem Gefühl.
Myrthen aber giebt es in Griechenland.



Wenn einer in den Spiegel siehet, ein Mann,
und siehet darinn sein Bild, wie abgemahlt; es
gleicht dem Manne. Augen hat des Menschen
Bild, hingegen Licht der Mond. Der König Oedi-
pus hat ein Auge zuviel vielleicht. Diese Leiden
dieses Mannes, sie scheinen unbeschreiblich, unaus,

du rolleſt ſo klar, wie das Auge der Gottheit,
durch die Milchſtraße. Jch kenne dich wohl, aber
Thraͤnen quillen aus dem Auge. Ein heiteres Le-
ben ſeh’ ich in den Geſtalten mich umbluͤhen der
Schoͤpfung, weil ich es nicht unbillig vergleiche
den einſamen Tauben auf dem Kirchhof. Das La-
chen aber ſcheint mich zu graͤmen der Menſchen,
naͤmlich ich hab’ ein Herz. Moͤcht’ ich ein Komet
ſeyn? Jch glaube. Denn ſie haben die Schnellig-
keit der Voͤgel; ſie bluͤhen an Feuer, und ſind wie
Kinder an Reinheit. Groͤßeres zu wuͤnſchen, kann
nicht des Menſchen Natur ſich vermeſſen. Der Tu-
gend Heiterkeit verdient auch gelobt zu werden vom
ernſten Geiſte, der zwiſchen den drey Saͤulen we-
het des Gartens. Eine ſchoͤne Jungfrau muß das
Haupt umkraͤnzen mit Myrthenblumen, weil ſie
einfach |iſt ihrem Weſen nach und ihrem Gefuͤhl.
Myrthen aber giebt es in Griechenland.



Wenn einer in den Spiegel ſiehet, ein Mann,
und ſiehet darinn ſein Bild, wie abgemahlt; es
gleicht dem Manne. Augen hat des Menſchen
Bild, hingegen Licht der Mond. Der Koͤnig Oedi-
pus hat ein Auge zuviel vielleicht. Dieſe Leiden
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[155/0155] du rolleſt ſo klar, wie das Auge der Gottheit, durch die Milchſtraße. Jch kenne dich wohl, aber Thraͤnen quillen aus dem Auge. Ein heiteres Le- ben ſeh’ ich in den Geſtalten mich umbluͤhen der Schoͤpfung, weil ich es nicht unbillig vergleiche den einſamen Tauben auf dem Kirchhof. Das La- chen aber ſcheint mich zu graͤmen der Menſchen, naͤmlich ich hab’ ein Herz. Moͤcht’ ich ein Komet ſeyn? Jch glaube. Denn ſie haben die Schnellig- keit der Voͤgel; ſie bluͤhen an Feuer, und ſind wie Kinder an Reinheit. Groͤßeres zu wuͤnſchen, kann nicht des Menſchen Natur ſich vermeſſen. Der Tu- gend Heiterkeit verdient auch gelobt zu werden vom ernſten Geiſte, der zwiſchen den drey Saͤulen we- het des Gartens. Eine ſchoͤne Jungfrau muß das Haupt umkraͤnzen mit Myrthenblumen, weil ſie einfach |iſt ihrem Weſen nach und ihrem Gefuͤhl. Myrthen aber giebt es in Griechenland. Wenn einer in den Spiegel ſiehet, ein Mann, und ſiehet darinn ſein Bild, wie abgemahlt; es gleicht dem Manne. Augen hat des Menſchen Bild, hingegen Licht der Mond. Der Koͤnig Oedi- pus hat ein Auge zuviel vielleicht. Dieſe Leiden dieſes Mannes, ſie ſcheinen unbeſchreiblich, unaus,

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/155>, abgerufen am 22.11.2024.