Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.voll seliger Liebe, voll heiliger keuscher Neigung .. Jch sah ja Gott in dir. Er sprach aus dei- Da faßt' ich ihn wieder und drang durch sein voll ſeliger Liebe, voll heiliger keuſcher Neigung .. Jch ſah ja Gott in dir. Er ſprach aus dei- Da faßt’ ich ihn wieder und drang durch ſein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="121"/> voll ſeliger Liebe, voll heiliger keuſcher Neigung ..<lb/> ſo treu, ſo voll Glauben und Gott … Juͤngling,<lb/> wenn du ſo vor mir ſtandeſt und deine dunkeln<lb/> Locken von deinen Schlaͤfen wogten, wie um das<lb/> Haupt eines jugendlichen Gottes .... da weinten<lb/> Aug’ und Seele in mir, und allmaͤchtig, in Einem<lb/> Wirbel, ſchlug mein Jnneres, wie eine wogende<lb/> Weihrauchſaͤule, nach oben! nicht Maͤdchen, nicht<lb/> Kind mehr … mit Gott mich vereinend in einem<lb/> Kuſſe der Liebe! wie auferſtanden als reiner, ge-<lb/> laͤuterter Geiſt aus dem Grabe, ſchwebend uͤber der<lb/> Erdenhuͤlle, wie die ewig junge Morgenſonne in<lb/> ihrer wallenden Lichtfuͤlle uͤber der alten Erde.</p><lb/> <p>Jch ſah ja Gott in dir. Er ſprach aus dei-<lb/> nem Auge, wenn du weinteſt, oder mich anlaͤchel-<lb/> teſt, aus deinen Lippen, wenn ſie die Worte der<lb/> Liebe ſtammelten, wenn ſie im Kuß an den meini-<lb/> gen brannten; aus deinem ganzen Weſen ſprach<lb/> der ewige, liebende Gott.</p><lb/> <p>Da faßt’ ich ihn wieder und drang durch ſein<lb/> keuſches lauteres Himmelblau, und erkannt’ ihn<lb/> mit dem verklaͤrten Auge meines Geiſtes. Und<lb/> das quoll wieder zu dir! hinuͤber und heruͤber!<lb/> ewig erwiedert!</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [121/0121]
voll ſeliger Liebe, voll heiliger keuſcher Neigung ..
ſo treu, ſo voll Glauben und Gott … Juͤngling,
wenn du ſo vor mir ſtandeſt und deine dunkeln
Locken von deinen Schlaͤfen wogten, wie um das
Haupt eines jugendlichen Gottes .... da weinten
Aug’ und Seele in mir, und allmaͤchtig, in Einem
Wirbel, ſchlug mein Jnneres, wie eine wogende
Weihrauchſaͤule, nach oben! nicht Maͤdchen, nicht
Kind mehr … mit Gott mich vereinend in einem
Kuſſe der Liebe! wie auferſtanden als reiner, ge-
laͤuterter Geiſt aus dem Grabe, ſchwebend uͤber der
Erdenhuͤlle, wie die ewig junge Morgenſonne in
ihrer wallenden Lichtfuͤlle uͤber der alten Erde.
Jch ſah ja Gott in dir. Er ſprach aus dei-
nem Auge, wenn du weinteſt, oder mich anlaͤchel-
teſt, aus deinen Lippen, wenn ſie die Worte der
Liebe ſtammelten, wenn ſie im Kuß an den meini-
gen brannten; aus deinem ganzen Weſen ſprach
der ewige, liebende Gott.
Da faßt’ ich ihn wieder und drang durch ſein
keuſches lauteres Himmelblau, und erkannt’ ihn
mit dem verklaͤrten Auge meines Geiſtes. Und
das quoll wieder zu dir! hinuͤber und heruͤber!
ewig erwiedert!
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