Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

ihre Arme lagen um meinen Nacken geschlungen,
und Kuß auf Kuß strudelten unsere Seelen zusam-
men.

Phaethon, ... Phaethan, ... rief sie schluch.
zend: ich hatte keine Besinnung mehr; mein Haupt
lag auf ihrer Brust, und erdrückte die langen Lok-
ken. Phaethon, .... rief sie wieder, und wand
sich los aus meinen Armen, blickte mich noch ein-
mal an mit einem Auge voll überschwänglicher
Liebe, und flog den Hügel hinunter.

Gott! Gott! noch tauml' ich von all der Won-
ne; noch fühl' ich ihre weichen Lippen und das
Feuer ihres Auges und die Wärme ihres Busens.

Theodor! was hab' ich gethan? Jch kann nicht
denken mehr in diesem Augenblick. Meine Kraft
ist zu schwach für diese Fülle. Laß mich, laß mich!
Die Mitternacht ist längst vorbey. Auch Caton's
trübe Lampe ist erloschen. Jch will mich auf's
Bett werfen.



8 *

ihre Arme lagen um meinen Nacken geſchlungen,
und Kuß auf Kuß ſtrudelten unſere Seelen zuſam-
men.

Phaethon, … Phaethan, … rief ſie ſchluch.
zend: ich hatte keine Beſinnung mehr; mein Haupt
lag auf ihrer Bruſt, und erdruͤckte die langen Lok-
ken. Phaethon, .... rief ſie wieder, und wand
ſich los aus meinen Armen, blickte mich noch ein-
mal an mit einem Auge voll uͤberſchwaͤnglicher
Liebe, und flog den Huͤgel hinunter.

Gott! Gott! noch tauml’ ich von all der Won-
ne; noch fuͤhl’ ich ihre weichen Lippen und das
Feuer ihres Auges und die Waͤrme ihres Buſens.

Theodor! was hab’ ich gethan? Jch kann nicht
denken mehr in dieſem Augenblick. Meine Kraft
iſt zu ſchwach fuͤr dieſe Fuͤlle. Laß mich, laß mich!
Die Mitternacht iſt laͤngſt vorbey. Auch Caton’s
truͤbe Lampe iſt erloſchen. Jch will mich auf’s
Bett werfen.



8 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0125" n="115"/>
ihre Arme lagen um meinen Nacken ge&#x017F;chlungen,<lb/>
und Kuß auf Kuß &#x017F;trudelten un&#x017F;ere Seelen zu&#x017F;am-<lb/>
men.</p><lb/>
            <p>Phaethon, &#x2026; Phaethan, &#x2026; rief &#x017F;ie &#x017F;chluch.<lb/>
zend: ich hatte keine Be&#x017F;innung mehr; mein Haupt<lb/>
lag auf ihrer Bru&#x017F;t, und erdru&#x0364;ckte die langen Lok-<lb/>
ken. Phaethon, .... rief &#x017F;ie wieder, und wand<lb/>
&#x017F;ich los aus meinen Armen, blickte mich noch ein-<lb/>
mal an mit einem Auge voll u&#x0364;ber&#x017F;chwa&#x0364;nglicher<lb/>
Liebe, und flog den Hu&#x0364;gel hinunter.</p><lb/>
            <p>Gott! Gott! noch tauml&#x2019; ich von all der Won-<lb/>
ne; noch fu&#x0364;hl&#x2019; ich ihre weichen Lippen und das<lb/>
Feuer ihres Auges und die Wa&#x0364;rme ihres Bu&#x017F;ens.</p><lb/>
            <p>Theodor! was hab&#x2019; ich gethan? Jch kann nicht<lb/>
denken mehr in die&#x017F;em Augenblick. Meine Kraft<lb/>
i&#x017F;t zu &#x017F;chwach fu&#x0364;r die&#x017F;e Fu&#x0364;lle. Laß mich, laß mich!<lb/>
Die Mitternacht i&#x017F;t la&#x0364;ng&#x017F;t vorbey. Auch Caton&#x2019;s<lb/>
tru&#x0364;be Lampe i&#x017F;t erlo&#x017F;chen. Jch will mich auf&#x2019;s<lb/>
Bett werfen.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">8 *</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0125] ihre Arme lagen um meinen Nacken geſchlungen, und Kuß auf Kuß ſtrudelten unſere Seelen zuſam- men. Phaethon, … Phaethan, … rief ſie ſchluch. zend: ich hatte keine Beſinnung mehr; mein Haupt lag auf ihrer Bruſt, und erdruͤckte die langen Lok- ken. Phaethon, .... rief ſie wieder, und wand ſich los aus meinen Armen, blickte mich noch ein- mal an mit einem Auge voll uͤberſchwaͤnglicher Liebe, und flog den Huͤgel hinunter. Gott! Gott! noch tauml’ ich von all der Won- ne; noch fuͤhl’ ich ihre weichen Lippen und das Feuer ihres Auges und die Waͤrme ihres Buſens. Theodor! was hab’ ich gethan? Jch kann nicht denken mehr in dieſem Augenblick. Meine Kraft iſt zu ſchwach fuͤr dieſe Fuͤlle. Laß mich, laß mich! Die Mitternacht iſt laͤngſt vorbey. Auch Caton’s truͤbe Lampe iſt erloſchen. Jch will mich auf’s Bett werfen. 8 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/125
Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/125>, abgerufen am 08.05.2024.