Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.das Maß der Dichtkunst, wie der Takt der Tanzkunst, zum Empfängt sie die Bedingungen, unter denen sie sich In tonbeseeltem Rhythmus und Melodie ge¬ das Maß der Dichtkunſt, wie der Takt der Tanzkunſt, zum Empfängt ſie die Bedingungen, unter denen ſie ſich In tonbeſeeltem Rhythmus und Melodie ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0085" n="69"/> das Maß der Dichtkunſt, wie der Takt der Tanzkunſt, zum<lb/> nothwendigen Rhythmus des Herzensſchlages.</p><lb/> <p>Empfängt ſie die Bedingungen, unter denen ſie ſich<lb/> kund giebt, von ihren Schweſtern, ſo giebt ſie ihnen ſie in<lb/> unendlicher Verſchönerung als Bedingung ihrer eigenen<lb/> Kundgebungen zurück; führt die Tanzkunſt ihr eigenes Be¬<lb/> wegungsgeſetz der Tonkunſt zu, ſo weiſt dieſe ihr es als<lb/> ſeelenvoll ſinnlich verkörperten Rhythmus zum Maße ver¬<lb/> edelter, verſtändlicher Bewegung wieder an; erhält ſie von<lb/> der Dichtkunſt die ſinnvolle Reihe ſcharfgeſchnittener,<lb/> durch Bedeutung und Maß verſtändnißvoll vereinter,<lb/> Wörter als gedankenreich ſinnlichen Körper zur Feſtigung<lb/> ihres unendlich flüſſigen Tonelementes, ſo führt ſie ihr<lb/> dieſe geſetzvolle Reihe mittelbar vorſtellender, zu Bildern<lb/> — noch nicht aber zu unmittelbarem, unwillkürlich-noth¬<lb/> wendig wahrem Ausdrucke verdichteter, gedankenhaft-ſehn¬<lb/> ſüchtiger Sprachlaute, als gefühlesunmittelbare, unfehl¬<lb/> bar rechtfertigende und erlöſende <hi rendition="#g">Melodie</hi> wieder zu.</p><lb/> <p>In tonbeſeeltem <hi rendition="#g">Rhythmus</hi> und <hi rendition="#g">Melodie</hi> ge¬<lb/> winnen Tanzkunſt und Dichtkunſt ihr eigenes Weſen,<lb/> ſinnlich vergegenſtändlicht und unendlich verſchönert und<lb/> befähigt, wieder zurück, erkennen und lieben ſich ſelbſt.<lb/> Rhythmus und Melodie ſind aber die <hi rendition="#g">Arme</hi> der Tonkunſt,<lb/> mit denen dieſe ihre Schweſtern zu liebevollem Verwachſen<lb/> umſchlingt; ſie ſind die <hi rendition="#g">Ufer</hi>, durch die ſie, <hi rendition="#g">das Meer</hi>,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0085]
das Maß der Dichtkunſt, wie der Takt der Tanzkunſt, zum
nothwendigen Rhythmus des Herzensſchlages.
Empfängt ſie die Bedingungen, unter denen ſie ſich
kund giebt, von ihren Schweſtern, ſo giebt ſie ihnen ſie in
unendlicher Verſchönerung als Bedingung ihrer eigenen
Kundgebungen zurück; führt die Tanzkunſt ihr eigenes Be¬
wegungsgeſetz der Tonkunſt zu, ſo weiſt dieſe ihr es als
ſeelenvoll ſinnlich verkörperten Rhythmus zum Maße ver¬
edelter, verſtändlicher Bewegung wieder an; erhält ſie von
der Dichtkunſt die ſinnvolle Reihe ſcharfgeſchnittener,
durch Bedeutung und Maß verſtändnißvoll vereinter,
Wörter als gedankenreich ſinnlichen Körper zur Feſtigung
ihres unendlich flüſſigen Tonelementes, ſo führt ſie ihr
dieſe geſetzvolle Reihe mittelbar vorſtellender, zu Bildern
— noch nicht aber zu unmittelbarem, unwillkürlich-noth¬
wendig wahrem Ausdrucke verdichteter, gedankenhaft-ſehn¬
ſüchtiger Sprachlaute, als gefühlesunmittelbare, unfehl¬
bar rechtfertigende und erlöſende Melodie wieder zu.
In tonbeſeeltem Rhythmus und Melodie ge¬
winnen Tanzkunſt und Dichtkunſt ihr eigenes Weſen,
ſinnlich vergegenſtändlicht und unendlich verſchönert und
befähigt, wieder zurück, erkennen und lieben ſich ſelbſt.
Rhythmus und Melodie ſind aber die Arme der Tonkunſt,
mit denen dieſe ihre Schweſtern zu liebevollem Verwachſen
umſchlingt; ſie ſind die Ufer, durch die ſie, das Meer,
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