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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.

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Tonkunst und der Dichtkunst möglich, weil in der ver¬
wandten Fähigkeit und unter den Anregungen dieser
Künste, sie ihre eigenthümliche Fähigkeit allein im vollsten
Maße entfalten und erweitern kann. Das Kunstwerk der
griechischen Lyrik zeigt uns, wie die, der Tanzkunst eigen¬
thümlichen Gesetze des Rhythmus, in der Tonkunst und
namentlich in der Dichtkunst, durch die Eigenthümlichkeit
gerade dieser Künste, wieder unendlich mannigfaltig und
charakteristisch weiter entwickelt und bereichert, der Tanz¬
kunst unerschöpflich neue Anregung zum Auffinden neuer,
ihr wiederum eigenthümlicher Bewegungen gaben, und wie
so in lebensfreudiger, überreicher Wechselwirkung die
Eigenthümlichkeit einer jeden Kunstart zu ihrer vollendet¬
sten Fülle sich erheben konnte. Dem modernen Volkstanze
durften die Früchte solcher Wechselwirkung nicht zu gut
kommen: wie alle Volkskunst der modernen Nationen
durch die Einwirkung des Christenthumes und der christ¬
lich-staatlichen Civilisation in ihrem Keime zurückgedrängt
wurde, hat auch er, als einsame Pflanzenart, nie zu reicher
mannigfaltiger Entwickelung gedeihen können. Dennoch
sind die einzigen eigenthümlichen Erscheinungen im Gebiete
des Tanzes, die unserer heutigen Welt bekannt werden,
nur die Produkte des Volkes, wie sie dem Charakter bald
dieser oder jener Nationalität entkeimten oder selbst noch
entkeimen. Alle unsre civilisirte eigentliche Tanzkunst ist

Tonkunſt und der Dichtkunſt möglich, weil in der ver¬
wandten Fähigkeit und unter den Anregungen dieſer
Künſte, ſie ihre eigenthümliche Fähigkeit allein im vollſten
Maße entfalten und erweitern kann. Das Kunſtwerk der
griechiſchen Lyrik zeigt uns, wie die, der Tanzkunſt eigen¬
thümlichen Geſetze des Rhythmus, in der Tonkunſt und
namentlich in der Dichtkunſt, durch die Eigenthümlichkeit
gerade dieſer Künſte, wieder unendlich mannigfaltig und
charakteriſtiſch weiter entwickelt und bereichert, der Tanz¬
kunſt unerſchöpflich neue Anregung zum Auffinden neuer,
ihr wiederum eigenthümlicher Bewegungen gaben, und wie
ſo in lebensfreudiger, überreicher Wechſelwirkung die
Eigenthümlichkeit einer jeden Kunſtart zu ihrer vollendet¬
ſten Fülle ſich erheben konnte. Dem modernen Volkstanze
durften die Früchte ſolcher Wechſelwirkung nicht zu gut
kommen: wie alle Volkskunſt der modernen Nationen
durch die Einwirkung des Chriſtenthumes und der chriſt¬
lich-ſtaatlichen Civiliſation in ihrem Keime zurückgedrängt
wurde, hat auch er, als einſame Pflanzenart, nie zu reicher
mannigfaltiger Entwickelung gedeihen können. Dennoch
ſind die einzigen eigenthümlichen Erſcheinungen im Gebiete
des Tanzes, die unſerer heutigen Welt bekannt werden,
nur die Produkte des Volkes, wie ſie dem Charakter bald
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[64/0080] Tonkunſt und der Dichtkunſt möglich, weil in der ver¬ wandten Fähigkeit und unter den Anregungen dieſer Künſte, ſie ihre eigenthümliche Fähigkeit allein im vollſten Maße entfalten und erweitern kann. Das Kunſtwerk der griechiſchen Lyrik zeigt uns, wie die, der Tanzkunſt eigen¬ thümlichen Geſetze des Rhythmus, in der Tonkunſt und namentlich in der Dichtkunſt, durch die Eigenthümlichkeit gerade dieſer Künſte, wieder unendlich mannigfaltig und charakteriſtiſch weiter entwickelt und bereichert, der Tanz¬ kunſt unerſchöpflich neue Anregung zum Auffinden neuer, ihr wiederum eigenthümlicher Bewegungen gaben, und wie ſo in lebensfreudiger, überreicher Wechſelwirkung die Eigenthümlichkeit einer jeden Kunſtart zu ihrer vollendet¬ ſten Fülle ſich erheben konnte. Dem modernen Volkstanze durften die Früchte ſolcher Wechſelwirkung nicht zu gut kommen: wie alle Volkskunſt der modernen Nationen durch die Einwirkung des Chriſtenthumes und der chriſt¬ lich-ſtaatlichen Civiliſation in ihrem Keime zurückgedrängt wurde, hat auch er, als einſame Pflanzenart, nie zu reicher mannigfaltiger Entwickelung gedeihen können. Dennoch ſind die einzigen eigenthümlichen Erſcheinungen im Gebiete des Tanzes, die unſerer heutigen Welt bekannt werden, nur die Produkte des Volkes, wie ſie dem Charakter bald dieſer oder jener Nationalität entkeimten oder ſelbſt noch entkeimen. Alle unſre civiliſirte eigentliche Tanzkunſt iſt

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Zitationshilfe: Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/80>, abgerufen am 22.11.2024.