Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.der Kunst; denn in diesem Reigen, der die Bewegung der Beim Anschauen dieses entzückenden Reigens der der Kunſt; denn in dieſem Reigen, der die Bewegung der Beim Anſchauen dieſes entzückenden Reigens der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="44"/> der Kunſt; denn in dieſem Reigen, der die Bewegung der<lb/> Kunſt ſelbſt iſt, ſind ſie durch ſchönſte Neigung und Liebe<lb/> ſinnlich und geiſtig ſo wundervoll feſt und lebenbe¬<lb/> dingend in einander verſchlungen, daß jede einzelne, aus<lb/> dem Reigen losgelöſt, leben- und bewegungslos nur ein<lb/> künſtlich angehauchtes, erborgtes Leben noch fortführen kann,<lb/> nicht — wie im Dreiverein — ſelige Geſetze gebend, ſondern<lb/> zwangvolle Regeln für mechaniſche Bewegung empfangend.</p><lb/> <p>Beim Anſchauen dieſes entzückenden Reigens der<lb/> ächteſten, adeligſten Muſen, des künſtleriſchen Menſchen,<lb/> gewahren wir jetzt die drei, eine mit der andern liebevoll<lb/> Arm in Arm bis an den Nacken verſchlungen; dann bald<lb/> dieſe bald jene einzelne, wie um den anderen ihre ſchöne<lb/> Geſtalt in voller Selbſtſtändigkeit zu zeigen, ſich aus der<lb/> Verſchlingung löſend, nur noch mit der äußerſten Hand¬<lb/> ſpitze die Hände der anderen berührend; jetzt die eine, vom<lb/> Hinblick auf die Doppelgeſtalt ihrer feſtumſchlungenen<lb/> beiden Schweſtern entzückt, ihr ſich neigend; dann zwei,<lb/> vom Reize der einen geriſſen, huldigungsvoll ſie grüßend,<lb/> — um endlich Alle, feſt umſchlungen, Bruſt an Bruſt,<lb/> Glied an Glied, in brünſtigem Liebeskuſſe zu einer einzi¬<lb/> gen, wonniglebendigen Geſtalt zu verwachſen. — Das iſt das<lb/> Lieben und Leben, Freuen und Freien der Kunſt, der<lb/> Einen, immer ſie ſelber, und immer andere, überreich ſich<lb/> ſcheidenden und überſelig ſich vereinigenden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0060]
der Kunſt; denn in dieſem Reigen, der die Bewegung der
Kunſt ſelbſt iſt, ſind ſie durch ſchönſte Neigung und Liebe
ſinnlich und geiſtig ſo wundervoll feſt und lebenbe¬
dingend in einander verſchlungen, daß jede einzelne, aus
dem Reigen losgelöſt, leben- und bewegungslos nur ein
künſtlich angehauchtes, erborgtes Leben noch fortführen kann,
nicht — wie im Dreiverein — ſelige Geſetze gebend, ſondern
zwangvolle Regeln für mechaniſche Bewegung empfangend.
Beim Anſchauen dieſes entzückenden Reigens der
ächteſten, adeligſten Muſen, des künſtleriſchen Menſchen,
gewahren wir jetzt die drei, eine mit der andern liebevoll
Arm in Arm bis an den Nacken verſchlungen; dann bald
dieſe bald jene einzelne, wie um den anderen ihre ſchöne
Geſtalt in voller Selbſtſtändigkeit zu zeigen, ſich aus der
Verſchlingung löſend, nur noch mit der äußerſten Hand¬
ſpitze die Hände der anderen berührend; jetzt die eine, vom
Hinblick auf die Doppelgeſtalt ihrer feſtumſchlungenen
beiden Schweſtern entzückt, ihr ſich neigend; dann zwei,
vom Reize der einen geriſſen, huldigungsvoll ſie grüßend,
— um endlich Alle, feſt umſchlungen, Bruſt an Bruſt,
Glied an Glied, in brünſtigem Liebeskuſſe zu einer einzi¬
gen, wonniglebendigen Geſtalt zu verwachſen. — Das iſt das
Lieben und Leben, Freuen und Freien der Kunſt, der
Einen, immer ſie ſelber, und immer andere, überreich ſich
ſcheidenden und überſelig ſich vereinigenden.
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