bens, das Abbild seiner Nothwendigkeit und Wahrheit aber ist -- die Kunst. *)
Der Mensch wird nicht eher das sein, was er sein kann und sein soll, als bis sein Leben der treue Spiegel der Natur, die bewußte Befolgung der einzig wirklichen Nothwendigkeit, der inneren Naturnothwendigkeit ist, nicht die Unterordnung unter eine äußere, einge¬ bildete und der Einbildung nur nachgebildete, daher nicht nothwendige, sondern willkürliche Macht. Dann wird aber der Mensch auch wirklich erst Mensch sein, während er bis jetzt immer nur noch einem der Religion, der Nationa¬ lität oder dem Staate entnommenen Prädikate nach existirt. -- Ebenso wird nun auch die Kunst nicht eher das sein, was sie sein kann und sein soll, als bis sie das treue, bewußtsein¬ verkündende Abbild des wirklichen Menschen und des wahr¬ haften, naturnothwendigen Lebens der Menschen ist oder sein kann, bis sie also nicht mehr von den Irrthümern, Verkehrtheiten und unnatürlichen Entstellungen unseres modernen Lebens die Bedingungen ihres Daseins erbor¬ gen muß.
Der wirkliche Mensch wird daher nicht eher vorhan¬ den sein, als bis die wahre menschliche Natur, nicht will¬
*) d. h. die Kunst im Allgemeinen, oder die Kunst der Zukunft in's Besondere.
bens, das Abbild ſeiner Nothwendigkeit und Wahrheit aber iſt — die Kunſt. *)
Der Menſch wird nicht eher das ſein, was er ſein kann und ſein ſoll, als bis ſein Leben der treue Spiegel der Natur, die bewußte Befolgung der einzig wirklichen Nothwendigkeit, der inneren Naturnothwendigkeit iſt, nicht die Unterordnung unter eine äußere, einge¬ bildete und der Einbildung nur nachgebildete, daher nicht nothwendige, ſondern willkürliche Macht. Dann wird aber der Menſch auch wirklich erſt Menſch ſein, während er bis jetzt immer nur noch einem der Religion, der Nationa¬ lität oder dem Staate entnommenen Prädikate nach exiſtirt. — Ebenſo wird nun auch die Kunſt nicht eher das ſein, was ſie ſein kann und ſein ſoll, als bis ſie das treue, bewußtſein¬ verkündende Abbild des wirklichen Menſchen und des wahr¬ haften, naturnothwendigen Lebens der Menſchen iſt oder ſein kann, bis ſie alſo nicht mehr von den Irrthümern, Verkehrtheiten und unnatürlichen Entſtellungen unſeres modernen Lebens die Bedingungen ihres Daſeins erbor¬ gen muß.
Der wirkliche Menſch wird daher nicht eher vorhan¬ den ſein, als bis die wahre menſchliche Natur, nicht will¬
*) d. h. die Kunſt im Allgemeinen, oder die Kunſt der Zukunft in's Beſondere.
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aber iſt — die Kunſt. *)
Der Menſch wird nicht eher das ſein, was er ſein
kann und ſein ſoll, als bis ſein Leben der treue Spiegel
der Natur, die bewußte Befolgung der einzig wirklichen
Nothwendigkeit, der inneren Naturnothwendigkeit
iſt, nicht die Unterordnung unter eine äußere, einge¬
bildete und der Einbildung nur nachgebildete, daher nicht
nothwendige, ſondern willkürliche Macht. Dann wird
aber der Menſch auch wirklich erſt Menſch ſein, während er
bis jetzt immer nur noch einem der Religion, der Nationa¬
lität oder dem Staate entnommenen Prädikate nach exiſtirt.
— Ebenſo wird nun auch die Kunſt nicht eher das ſein, was
ſie ſein kann und ſein ſoll, als bis ſie das treue, bewußtſein¬
verkündende Abbild des wirklichen Menſchen und des wahr¬
haften, naturnothwendigen Lebens der Menſchen iſt oder
ſein kann, bis ſie alſo nicht mehr von den Irrthümern,
Verkehrtheiten und unnatürlichen Entſtellungen unſeres
modernen Lebens die Bedingungen ihres Daſeins erbor¬
gen muß.
Der wirkliche Menſch wird daher nicht eher vorhan¬
den ſein, als bis die wahre menſchliche Natur, nicht will¬
*)
d. h. die Kunſt im Allgemeinen, oder die Kunſt der
Zukunft in's Beſondere.
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/20>, abgerufen am 16.02.2025.
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