Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.drei Kunstarten auf ihre Selbstständigkeit sich bricht, um in Somit wird das Drama der Zukunft genau dann von Ehe wir uns mit sehnendem Auge zu der Vorstellung drei Kunſtarten auf ihre Selbſtſtändigkeit ſich bricht, um in Somit wird das Drama der Zukunft genau dann von Ehe wir uns mit ſehnendem Auge zu der Vorſtellung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0155" n="139"/> drei Kunſtarten auf ihre Selbſtſtändigkeit ſich bricht, um in<lb/> der Liebe zu den andern aufzugehen; erſt wenn jede ſich ſelbſt<lb/> nur in der andern zu lieben vermag; erſt wenn ſie ſelbſt als<lb/> einzelne Künſte aufhören, werden ſie alle fähig, das vollendete<lb/> Kunſtwerk zu ſchaffen; ja ihr Aufhören in dieſem Sinne<lb/> iſt ganz von ſelbſt ſchon dieſes Kunſtwerk, ihr Tod un¬<lb/> mittelbar ſein Leben.</p><lb/> <p>Somit wird das Drama der Zukunft genau dann von<lb/> ſelbſt daſtehen, wenn nicht Schauſpiel, nicht Oper, nicht<lb/> Pantomime mehr zu leben vermögen; wenn die Bedingungen,<lb/> die ſie entſtehen ließen und bei ihrem unnatürlichen Leben<lb/> erhielten, vollſtändig aufgehoben ſind. Dieſe Bedingungen<lb/> heben ſich nur durch das Eintreten derjenigen Bedingungen<lb/> auf, welche das Kunſtwerk der Zukunft aus ſich erzeugen.<lb/> Nicht vereinzelt können dieſe Bedingungen aber entſtehen,<lb/> ſondern nur im vollſten Zuſammenhange mit den Beding¬<lb/> ungen aller unſrer Lebensverhältniſſe. Nur wenn die<lb/> herrſchende Religion des Egoismus, die auch die geſammte<lb/> Kunſt in verkrüppelte, eigenſüchtige Kunſtrichtungen und<lb/> Kunſtarten zerſplitterte, aus jedem Momente des menſch¬<lb/> lichen Lebens unbarmherzig verdrängt und mit Stumpf<lb/> und Stiel ausgerottet iſt, kann aber <hi rendition="#g">die neue Religion</hi>,<lb/> und zwar ganz von ſelbſt, in das Leben treten, die auch<lb/> die Bedingungen des Kunſtwerkes der Zukunft in ſich ſchließt.</p><lb/> <p>Ehe wir uns mit ſehnendem Auge zu der Vorſtellung<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0155]
drei Kunſtarten auf ihre Selbſtſtändigkeit ſich bricht, um in
der Liebe zu den andern aufzugehen; erſt wenn jede ſich ſelbſt
nur in der andern zu lieben vermag; erſt wenn ſie ſelbſt als
einzelne Künſte aufhören, werden ſie alle fähig, das vollendete
Kunſtwerk zu ſchaffen; ja ihr Aufhören in dieſem Sinne
iſt ganz von ſelbſt ſchon dieſes Kunſtwerk, ihr Tod un¬
mittelbar ſein Leben.
Somit wird das Drama der Zukunft genau dann von
ſelbſt daſtehen, wenn nicht Schauſpiel, nicht Oper, nicht
Pantomime mehr zu leben vermögen; wenn die Bedingungen,
die ſie entſtehen ließen und bei ihrem unnatürlichen Leben
erhielten, vollſtändig aufgehoben ſind. Dieſe Bedingungen
heben ſich nur durch das Eintreten derjenigen Bedingungen
auf, welche das Kunſtwerk der Zukunft aus ſich erzeugen.
Nicht vereinzelt können dieſe Bedingungen aber entſtehen,
ſondern nur im vollſten Zuſammenhange mit den Beding¬
ungen aller unſrer Lebensverhältniſſe. Nur wenn die
herrſchende Religion des Egoismus, die auch die geſammte
Kunſt in verkrüppelte, eigenſüchtige Kunſtrichtungen und
Kunſtarten zerſplitterte, aus jedem Momente des menſch¬
lichen Lebens unbarmherzig verdrängt und mit Stumpf
und Stiel ausgerottet iſt, kann aber die neue Religion,
und zwar ganz von ſelbſt, in das Leben treten, die auch
die Bedingungen des Kunſtwerkes der Zukunft in ſich ſchließt.
Ehe wir uns mit ſehnendem Auge zu der Vorſtellung
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