Dichter, der den künstlerischen Lebensdrang beherrschen, nicht mehr nur aussprechen, wollte, die zu dienenden Sklaven erniedrigten Organe der dramatischen Kunst. Wie der Virtuos die Tasten des Klavieres auf und nie¬ derdrückt, so wollte der Dichter nun das künstlich anein¬ andergefügte Schauspielerpersonal wie ein hölzernes Instrument spielen, aus dem man gerade nur seine specielle Kunstfertigkeit hören, aus dem man nur ihn, den spielenden Virtuosen, wahrnehmen sollte. Dem ehr¬ gierigen Egoisten erwiderten die Tasten des Instrumentes auf ihre Weise: je bravourwüthiger er darauf loshäm¬ merte, desto mehr stockten und klapperten sie.
Göthe zählte einst nur vier Wochen reinen Glückes aus seinem überreichen Leben zusammen: die unseligsten Jahre seines Lebens erwähnt er nicht besonders; wir kennen sie aber: -- es waren die, in denen er jenes stockende und verstimmte Instrument sich zu seinem Gebrauche herrichten wollte. Ihn, den Gewaltigen, verlangte es, aus der laut¬ losen Einöde kunstliterarischen Schaffens sich in das leben¬ dig, klangvolle Kunstwerk zu erlösen. Wessen Auge war sicherer und umfassender im Erkennen des Lebens, als das seinige? Was er ersehen, geschildert, und beschrieben, das wollte er nun auf jenem Instrumente zu Gehör bringen. O Himmel! wie entstellt, wie unkennbar klangen ihm seine in dichterische Musik gebrachten, Anschauungen entgegen!
Dichter, der den künſtleriſchen Lebensdrang beherrſchen, nicht mehr nur ausſprechen, wollte, die zu dienenden Sklaven erniedrigten Organe der dramatiſchen Kunſt. Wie der Virtuos die Taſten des Klavieres auf und nie¬ derdrückt, ſo wollte der Dichter nun das künſtlich anein¬ andergefügte Schauſpielerperſonal wie ein hölzernes Inſtrument ſpielen, aus dem man gerade nur ſeine ſpecielle Kunſtfertigkeit hören, aus dem man nur ihn, den ſpielenden Virtuoſen, wahrnehmen ſollte. Dem ehr¬ gierigen Egoiſten erwiderten die Taſten des Inſtrumentes auf ihre Weiſe: je bravourwüthiger er darauf loshäm¬ merte, deſto mehr ſtockten und klapperten ſie.
Göthe zählte einſt nur vier Wochen reinen Glückes aus ſeinem überreichen Leben zuſammen: die unſeligſten Jahre ſeines Lebens erwähnt er nicht beſonders; wir kennen ſie aber: — es waren die, in denen er jenes ſtockende und verſtimmte Inſtrument ſich zu ſeinem Gebrauche herrichten wollte. Ihn, den Gewaltigen, verlangte es, aus der laut¬ loſen Einöde kunſtliterariſchen Schaffens ſich in das leben¬ dig, klangvolle Kunſtwerk zu erlöſen. Weſſen Auge war ſicherer und umfaſſender im Erkennen des Lebens, als das ſeinige? Was er erſehen, geſchildert, und beſchrieben, das wollte er nun auf jenem Inſtrumente zu Gehör bringen. O Himmel! wie entſtellt, wie unkennbar klangen ihm ſeine in dichteriſche Muſik gebrachten, Anſchauungen entgegen!
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Dichter, der den künſtleriſchen Lebensdrang beherrſchen,
nicht mehr nur ausſprechen, wollte, die zu dienenden
Sklaven erniedrigten Organe der dramatiſchen Kunſt.
Wie der Virtuos die Taſten des Klavieres auf und nie¬
derdrückt, ſo wollte der Dichter nun das künſtlich anein¬
andergefügte Schauſpielerperſonal wie ein hölzernes
Inſtrument ſpielen, aus dem man gerade nur ſeine
ſpecielle Kunſtfertigkeit hören, aus dem man nur ihn,
den ſpielenden Virtuoſen, wahrnehmen ſollte. Dem ehr¬
gierigen Egoiſten erwiderten die Taſten des Inſtrumentes
auf ihre Weiſe: je bravourwüthiger er darauf loshäm¬
merte, deſto mehr ſtockten und klapperten ſie.
Göthe zählte einſt nur vier Wochen reinen Glückes
aus ſeinem überreichen Leben zuſammen: die unſeligſten
Jahre ſeines Lebens erwähnt er nicht beſonders; wir kennen
ſie aber: — es waren die, in denen er jenes ſtockende und
verſtimmte Inſtrument ſich zu ſeinem Gebrauche herrichten
wollte. Ihn, den Gewaltigen, verlangte es, aus der laut¬
loſen Einöde kunſtliterariſchen Schaffens ſich in das leben¬
dig, klangvolle Kunſtwerk zu erlöſen. Weſſen Auge war
ſicherer und umfaſſender im Erkennen des Lebens, als das
ſeinige? Was er erſehen, geſchildert, und beſchrieben, das
wollte er nun auf jenem Inſtrumente zu Gehör bringen.
O Himmel! wie entſtellt, wie unkennbar klangen ihm ſeine
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Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_zukunft_1850/134>, abgerufen am 22.07.2024.
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