Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873pwa_346.001 pwa_346.008 pwa_346.013 pwa_346.020 pwa_346.034 1 pwa_346.039
Z. B. um ein Bild verständlicher zu machen, gestaltet er eine Vergleichung pwa_346.040 zu einem eigenen Satze, statt sie in einen Nebensatz mit wie zu bringen. pwa_346.001 pwa_346.008 pwa_346.013 pwa_346.020 pwa_346.034 1 pwa_346.039
Z. B. um ein Bild verständlicher zu machen, gestaltet er eine Vergleichung pwa_346.040 zu einem eigenen Satze, statt sie in einen Nebensatz mit wie zu bringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0364" n="346"/><lb n="pwa_346.001"/> häufig genug werden zwei Hauptsätze so mit einander verbunden, dass <lb n="pwa_346.002"/> der eine den logischen Werth eines Nebensatzes hat. Wir nennen es <lb n="pwa_346.003"/> mithin eine Periode, wenn sich eine Mehrheit einzelner Sätze grammaticalisch <lb n="pwa_346.004"/> zu einem Ganzen vereinigt. Einfach heisst die Periode, wenn <lb n="pwa_346.005"/> sie aus zwei Hauptsätzen oder aus einem Hauptsatz und einem Nebensatz <lb n="pwa_346.006"/> besteht; zusammengesetzt, wenn mehrere Hauptsätze unter einander <lb n="pwa_346.007"/> oder mehrere Nebensätze mit einem Hauptsatze verknüpft sind.</p> <p><lb n="pwa_346.008"/> Von einer Periode ist zweierlei zu verlangen: einmal, mit Rücksicht <lb n="pwa_346.009"/> auf den Inhalt, Ueberschaulichkeit des Gedankens; sodann, mit <lb n="pwa_346.010"/> Rücksicht auf die äussere, sprachliche Gestaltung, Wohlklang im <lb n="pwa_346.011"/> Ganzen der Worte und in der Stellung und Verbindung der Satzglieder.</p> <lb n="pwa_346.012"/> <p><lb n="pwa_346.013"/> Es wird <hi rendition="#b">Ueberschaulichkeit</hi> verlangt, damit der Leser alle Glieder <lb n="pwa_346.014"/> in ihrer Bedeutsamkeit erkenne, damit er sehe, welche Glieder eine <lb n="pwa_346.015"/> höhere, welche eine geringere, welche gleiche Bedeutung haben. Dieser <lb n="pwa_346.016"/> Zweck wird durch zwei Hauptmittel erreicht, erstens durch die <lb n="pwa_346.017"/> <hi rendition="#i">Hervorhebung</hi> eines einzelnen Gliedes der Periode, als des Gipfelpunctes, <lb n="pwa_346.018"/> und zweitens durch das <hi rendition="#i">Ebenmass</hi> der Glieder, wo es keiner <lb n="pwa_346.019"/> Hervorhebung bedarf.</p> <p><lb n="pwa_346.020"/> Was der Sprechende hervorhebt, kann schon an sich selbst, <lb n="pwa_346.021"/> logisch betrachtet, der Hervorhebung werth sein, so dass sich die <lb n="pwa_346.022"/> grammatische Hervorhebung von selbst versteht: so ist z. B. bei <lb n="pwa_346.023"/> einem Causalsatze die Wirkung das Vorzüglichere und wird deshalb <lb n="pwa_346.024"/> als Hauptsatz hervorgehoben. Oder aber der Sprechende legt subjectiv <lb n="pwa_346.025"/> einem an und für sich weniger wichtigen Satze eine höhere Bedeutung <lb n="pwa_346.026"/> bei<note xml:id="pwa_346_1" place="foot" n="1"><lb n="pwa_346.039"/> Z. B. um ein Bild verständlicher zu machen, gestaltet er eine Vergleichung <lb n="pwa_346.040"/> zu einem eigenen Satze, statt sie in einen Nebensatz mit <hi rendition="#i">wie</hi> zu bringen.</note>: in einem Conditionalsatze z. B. kann für den Sprechenden <lb n="pwa_346.027"/> die Bedingung die Hauptsache sein; er wird deshalb einen Hauptsatz <lb n="pwa_346.028"/> in der Form der Frage daraus bilden. Meistens jedoch werden <lb n="pwa_346.029"/> in der reinen Prosa die subjectiven Gründe mit den objectiven, logischen <lb n="pwa_346.030"/> zusammen fallen. Die Hervorhebung aber kann auf dreierlei <lb n="pwa_346.031"/> Weise bewerkstelligt werden, entweder durch die Form des Hauptgliedes, <lb n="pwa_346.032"/> oder durch die Stellung desselben andern Gliedern gegenüber, <lb n="pwa_346.033"/> oder endlich durch die Verknüpfung mit den andern Gliedern.</p> <p><lb n="pwa_346.034"/> a) Das hauptsächliche Mittel der Hervorhebung durch die <hi rendition="#i">Form</hi> <lb n="pwa_346.035"/> besteht darin, dass Glieder des Gedankens, die eigentlich als Nebensätze <lb n="pwa_346.036"/> erscheinen sollten, zu selbständigen Hauptsätzen erhoben werden, <lb n="pwa_346.037"/> dass also z. B. bedingende Sätze nicht mit <hi rendition="#i">wenn,</hi> causale nicht mit <hi rendition="#i">da</hi> <lb n="pwa_346.038"/> oder <hi rendition="#i">weil</hi> gebildet werden, sondern dass man der Bedingung die Form </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0364]
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häufig genug werden zwei Hauptsätze so mit einander verbunden, dass pwa_346.002
der eine den logischen Werth eines Nebensatzes hat. Wir nennen es pwa_346.003
mithin eine Periode, wenn sich eine Mehrheit einzelner Sätze grammaticalisch pwa_346.004
zu einem Ganzen vereinigt. Einfach heisst die Periode, wenn pwa_346.005
sie aus zwei Hauptsätzen oder aus einem Hauptsatz und einem Nebensatz pwa_346.006
besteht; zusammengesetzt, wenn mehrere Hauptsätze unter einander pwa_346.007
oder mehrere Nebensätze mit einem Hauptsatze verknüpft sind.
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Von einer Periode ist zweierlei zu verlangen: einmal, mit Rücksicht pwa_346.009
auf den Inhalt, Ueberschaulichkeit des Gedankens; sodann, mit pwa_346.010
Rücksicht auf die äussere, sprachliche Gestaltung, Wohlklang im pwa_346.011
Ganzen der Worte und in der Stellung und Verbindung der Satzglieder.
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Es wird Ueberschaulichkeit verlangt, damit der Leser alle Glieder pwa_346.014
in ihrer Bedeutsamkeit erkenne, damit er sehe, welche Glieder eine pwa_346.015
höhere, welche eine geringere, welche gleiche Bedeutung haben. Dieser pwa_346.016
Zweck wird durch zwei Hauptmittel erreicht, erstens durch die pwa_346.017
Hervorhebung eines einzelnen Gliedes der Periode, als des Gipfelpunctes, pwa_346.018
und zweitens durch das Ebenmass der Glieder, wo es keiner pwa_346.019
Hervorhebung bedarf.
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Was der Sprechende hervorhebt, kann schon an sich selbst, pwa_346.021
logisch betrachtet, der Hervorhebung werth sein, so dass sich die pwa_346.022
grammatische Hervorhebung von selbst versteht: so ist z. B. bei pwa_346.023
einem Causalsatze die Wirkung das Vorzüglichere und wird deshalb pwa_346.024
als Hauptsatz hervorgehoben. Oder aber der Sprechende legt subjectiv pwa_346.025
einem an und für sich weniger wichtigen Satze eine höhere Bedeutung pwa_346.026
bei 1: in einem Conditionalsatze z. B. kann für den Sprechenden pwa_346.027
die Bedingung die Hauptsache sein; er wird deshalb einen Hauptsatz pwa_346.028
in der Form der Frage daraus bilden. Meistens jedoch werden pwa_346.029
in der reinen Prosa die subjectiven Gründe mit den objectiven, logischen pwa_346.030
zusammen fallen. Die Hervorhebung aber kann auf dreierlei pwa_346.031
Weise bewerkstelligt werden, entweder durch die Form des Hauptgliedes, pwa_346.032
oder durch die Stellung desselben andern Gliedern gegenüber, pwa_346.033
oder endlich durch die Verknüpfung mit den andern Gliedern.
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a) Das hauptsächliche Mittel der Hervorhebung durch die Form pwa_346.035
besteht darin, dass Glieder des Gedankens, die eigentlich als Nebensätze pwa_346.036
erscheinen sollten, zu selbständigen Hauptsätzen erhoben werden, pwa_346.037
dass also z. B. bedingende Sätze nicht mit wenn, causale nicht mit da pwa_346.038
oder weil gebildet werden, sondern dass man der Bedingung die Form
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Z. B. um ein Bild verständlicher zu machen, gestaltet er eine Vergleichung pwa_346.040
zu einem eigenen Satze, statt sie in einen Nebensatz mit wie zu bringen.
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