pwa_240.001 der Gebrauch der Schrift, der in diesen Zeitaltern der gehobenen pwa_240.002 Civilisation sich immer weiter ausbreitet. Wenn man früher auch pwa_240.003 bereits die Schrift gekannt hatte, so war man doch zu wenig vertraut pwa_240.004 mit ihr und war schon dadurch genöthigt, Erzählungen und Lehren, pwa_240.005 die man wollte aufbewahrt wissen, der für das Gedächtniss bequemeren pwa_240.006 poetischen Darstellung zu überlassen; auf der andern Seite war pwa_240.007 es dann eine natürliche Rückwirkung, dass die Schrift wieder nicht pwa_240.008 in rechten Gebrauch kam, weil man Alles eben auch sonst recht wohl pwa_240.009 behalten konnte. Ein entsprechendes Verhältniss von Wirkung und pwa_240.010 Rückwirkung zeigt sich nun auf der Stufe höherer Bildung zwischen pwa_240.011 Schrift und Prosa Die Schrift ist gebräuchlicher, und damit wird pwa_240.012 die Prosa möglich, deren Aufbewahrung man nicht so getrost dem pwa_240.013 blossen Gedächtnisse anheimgeben kann; die Prosa ist da, und damit pwa_240.014 wächst das Bedürfniss, sich der Schrift zu bedienen.
pwa_240.015 Historische und didactische, erzählende und lehrende Prosa, das pwa_240.016 sind die beiden Hauptarten, in welche diese zweite Form der Darstellung pwa_240.017 durch das Wort zerfällt. Anfangs- und Endpunct ist beidemal pwa_240.018 der Verstand, Zweck beidemal Production und Reproduction einer pwa_240.019 Erkenntniss des Wahren. Inwiefern jedoch auch den beiden andern pwa_240.020 Kräften, der Einbildung und dem Gefühl, immer noch ein gewisser pwa_240.021 Antheil, und welcher Antheil ihnen könne eingeräumt werden, das pwa_240.022 wird sich besser bei näherer Erörterung der beiden Arten besprechen pwa_240.023 lassen, zu der wir jetzt übergehn wollen.
pwa_240.024 II. VON DER PROSA IM BESONDERN.
pwa_240.025 1. DIE ERZÄHLENDE PROSA.
pwa_240.026 Die erzählende Prosa schliesst sich also an die epische Poesie; pwa_240.027 aber sie ist nicht bloss darauf gefolgt, als das Spätere auf das Frühere, pwa_240.028 sondern sie ist eigentlich daraus hervorgegangen, ist eine auf pwa_240.029 dem Gebiete des Verstandes unternommene Fortsetzung dessen, was pwa_240.030 der menschliche Geist vorher auf dem Gebiete der Einbildung versucht pwa_240.031 hatte. Bei solchem inneren Zusammenhange kann aber der Uebergang
pwa_240.001 der Gebrauch der Schrift, der in diesen Zeitaltern der gehobenen pwa_240.002 Civilisation sich immer weiter ausbreitet. Wenn man früher auch pwa_240.003 bereits die Schrift gekannt hatte, so war man doch zu wenig vertraut pwa_240.004 mit ihr und war schon dadurch genöthigt, Erzählungen und Lehren, pwa_240.005 die man wollte aufbewahrt wissen, der für das Gedächtniss bequemeren pwa_240.006 poetischen Darstellung zu überlassen; auf der andern Seite war pwa_240.007 es dann eine natürliche Rückwirkung, dass die Schrift wieder nicht pwa_240.008 in rechten Gebrauch kam, weil man Alles eben auch sonst recht wohl pwa_240.009 behalten konnte. Ein entsprechendes Verhältniss von Wirkung und pwa_240.010 Rückwirkung zeigt sich nun auf der Stufe höherer Bildung zwischen pwa_240.011 Schrift und Prosa Die Schrift ist gebräuchlicher, und damit wird pwa_240.012 die Prosa möglich, deren Aufbewahrung man nicht so getrost dem pwa_240.013 blossen Gedächtnisse anheimgeben kann; die Prosa ist da, und damit pwa_240.014 wächst das Bedürfniss, sich der Schrift zu bedienen.
pwa_240.015 Historische und didactische, erzählende und lehrende Prosa, das pwa_240.016 sind die beiden Hauptarten, in welche diese zweite Form der Darstellung pwa_240.017 durch das Wort zerfällt. Anfangs- und Endpunct ist beidemal pwa_240.018 der Verstand, Zweck beidemal Production und Reproduction einer pwa_240.019 Erkenntniss des Wahren. Inwiefern jedoch auch den beiden andern pwa_240.020 Kräften, der Einbildung und dem Gefühl, immer noch ein gewisser pwa_240.021 Antheil, und welcher Antheil ihnen könne eingeräumt werden, das pwa_240.022 wird sich besser bei näherer Erörterung der beiden Arten besprechen pwa_240.023 lassen, zu der wir jetzt übergehn wollen.
pwa_240.024 II. VON DER PROSA IM BESONDERN.
pwa_240.025 1. DIE ERZÄHLENDE PROSA.
pwa_240.026 Die erzählende Prosa schliesst sich also an die epische Poesie; pwa_240.027 aber sie ist nicht bloss darauf gefolgt, als das Spätere auf das Frühere, pwa_240.028 sondern sie ist eigentlich daraus hervorgegangen, ist eine auf pwa_240.029 dem Gebiete des Verstandes unternommene Fortsetzung dessen, was pwa_240.030 der menschliche Geist vorher auf dem Gebiete der Einbildung versucht pwa_240.031 hatte. Bei solchem inneren Zusammenhange kann aber der Uebergang
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Rückwirkung zeigt sich nun auf der Stufe höherer Bildung zwischen pwa_240.011
Schrift und Prosa Die Schrift ist gebräuchlicher, und damit wird pwa_240.012
die Prosa möglich, deren Aufbewahrung man nicht so getrost dem pwa_240.013
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wächst das Bedürfniss, sich der Schrift zu bedienen.
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Historische und didactische, erzählende und lehrende Prosa, das pwa_240.016
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Kräften, der Einbildung und dem Gefühl, immer noch ein gewisser pwa_240.021
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II. VON DER PROSA IM BESONDERN. pwa_240.025
1. DIE ERZÄHLENDE PROSA. pwa_240.026
Die erzählende Prosa schliesst sich also an die epische Poesie; pwa_240.027
aber sie ist nicht bloss darauf gefolgt, als das Spätere auf das Frühere, pwa_240.028
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der menschliche Geist vorher auf dem Gebiete der Einbildung versucht pwa_240.031
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Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/258>, abgerufen am 16.02.2025.
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