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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Sechzehnter Gesang
.


Frühe bereitete schon mit Odüßeus trefliche Sauhirt
In der Hütte das Mahl bei angezündetem Feuer,
Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde.
Und Tälemachos kam; ihn umhüpften die wachsamen Hunde
Schmeichelnd, und bellten nicht. Der göttergleiche Odüßeus 5
Sah die schmeichelnden Hund', und hörte des Kommenden Fußtritt;
Wandte sich schnell zu Eumaios, und sprach die geflügelten Worte:

Sicher, Eumaios, besucht dich einer von deinen Gesellen,
Oder auch sonst ein Bekannter; denn ihn umhüpfen die Hunde
Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hör' ich des Kommenden Fußtritt. 10

Als er noch redete, siehe da stand an der Schwelle des Hauses
Sein geliebtester Sohn. Voll Schrecken erhub sich der Sauhirt;
Seinen Händen entsank das Geschirr, das er eben gebrauchte,
Funkelnden Wein zu mischen; er eilte dem Fürsten entgegen,
Küßte sein Angesicht, und beide glänzenden Augen, 15
Beide Hände dazu; und Thränen umfloßen sein Antliz.
Wie den geliebten Sohn ein gütiger Vater bewillkommt,
Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zurückkehrt,
Ach! den einzigen, spätgebornen, mit Kummer erzognen:
Also umarmte den schönen Tälemachos jezo der Sauhirt, 20

Oduͤßee.
Sechzehnter Geſang
.


Fruͤhe bereitete ſchon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt
In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer,
Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde.
Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachſamen Hunde
Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus 5
Sah die ſchmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt;
Wandte ſich ſchnell zu Eumaios, und ſprach die gefluͤgelten Worte:

Sicher, Eumaios, beſucht dich einer von deinen Geſellen,
Oder auch ſonſt ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde
Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt. 10

Als er noch redete, ſiehe da ſtand an der Schwelle des Hauſes
Sein geliebteſter Sohn. Voll Schrecken erhub ſich der Sauhirt;
Seinen Haͤnden entſank das Geſchirr, das er eben gebrauchte,
Funkelnden Wein zu miſchen; er eilte dem Fuͤrſten entgegen,
Kuͤßte ſein Angeſicht, und beide glaͤnzenden Augen, 15
Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen ſein Antliz.
Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt,
Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt,
Ach! den einzigen, ſpaͤtgebornen, mit Kummer erzognen:
Alſo umarmte den ſchoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt, 20

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[304/0310] Oduͤßee. Sechzehnter Geſang. Fruͤhe bereitete ſchon mit Oduͤßeus trefliche Sauhirt In der Huͤtte das Mahl bei angezuͤndetem Feuer, Sandte darauf die Hirten mit ihren Schweinen zu Felde. Und Taͤlemachos kam; ihn umhuͤpften die wachſamen Hunde Schmeichelnd, und bellten nicht. Der goͤttergleiche Oduͤßeus Sah die ſchmeichelnden Hund', und hoͤrte des Kommenden Fußtritt; Wandte ſich ſchnell zu Eumaios, und ſprach die gefluͤgelten Worte: 5 Sicher, Eumaios, beſucht dich einer von deinen Geſellen, Oder auch ſonſt ein Bekannter; denn ihn umhuͤpfen die Hunde Schmeichelnd, und bellen nicht; auch hoͤr' ich des Kommenden Fußtritt. 10 Als er noch redete, ſiehe da ſtand an der Schwelle des Hauſes Sein geliebteſter Sohn. Voll Schrecken erhub ſich der Sauhirt; Seinen Haͤnden entſank das Geſchirr, das er eben gebrauchte, Funkelnden Wein zu miſchen; er eilte dem Fuͤrſten entgegen, Kuͤßte ſein Angeſicht, und beide glaͤnzenden Augen, Beide Haͤnde dazu; und Thraͤnen umfloßen ſein Antliz. Wie den geliebten Sohn ein guͤtiger Vater bewillkommt, Ihn, der im zehnten Jahr' aus fernen Landen zuruͤckkehrt, Ach! den einzigen, ſpaͤtgebornen, mit Kummer erzognen: Alſo umarmte den ſchoͤnen Taͤlemachos jezo der Sauhirt, 15 20

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/310>, abgerufen am 21.11.2024.