Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.ZWEITE IDYLLE Dies im tagenden Lichte der Menschlich-keit! Öfne das Fenster! Frische Luft ist dem Menschen so noth, wie dem Fische das Wasser, Oder dem Geist frei denken, so weit ein Gedanke den Flug hebt, Nicht durch Bann und Gewalt zu den folgsamen Thieren entwürdigt; 90 Ah! wie der labende Duft da hereinweht! und wie der Garten Blühet und blüht, von des Thaus vielfar- bigen Tropfen umfunkelt! Schau die Morell', und die Pflaum', und dort an der Planke den kleinen Apfelbaum, wie gedrängt er die röthli- chen Knöpfchen entfaltet! Und den gewaltigen Riesen, den schnee- weiss prangenden Birnbaum! 95 ZWEITE IDYLLE Dies im tagenden Lichte der Menſchlich-keit! Öfne das Fenſter! Friſche Luft iſt dem Menſchen ſo noth, wie dem Fiſche das Waſſer, Oder dem Geiſt frei denken, ſo weit ein Gedanke den Flug hebt, Nicht durch Bann und Gewalt zu den folgſamen Thieren entwürdigt; 90 Ah! wie der labende Duft da hereinweht! und wie der Garten Blühet und blüht, von des Thaus vielfar- bigen Tropfen umfunkelt! Schau die Morell’, und die Pflaum’, und dort an der Planke den kleinen Apfelbaum, wie gedrängt er die röthli- chen Knöpfchen entfaltet! Und den gewaltigen Rieſen, den ſchnee- weiſs prangenden Birnbaum! 95 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0099" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">ZWEITE IDYLLE</hi></fw><lb/> Dies im tagenden Lichte der Menſchlich-<lb/> keit! Öfne das Fenſter!<lb/> Friſche Luft iſt dem Menſchen ſo noth,<lb/> wie dem Fiſche das Waſſer,<lb/> Oder dem Geiſt frei denken, ſo weit ein<lb/> Gedanke den Flug hebt,<lb/> Nicht durch Bann und Gewalt zu den<lb/> folgſamen Thieren entwürdigt; <lb n="90"/> Ah! wie der labende Duft da hereinweht!<lb/> und wie der Garten<lb/> Blühet und blüht, von des Thaus vielfar-<lb/> bigen Tropfen umfunkelt!<lb/> Schau die Morell’, und die Pflaum’, und<lb/> dort an der Planke den kleinen<lb/> Apfelbaum, wie gedrängt er die röthli-<lb/> chen Knöpfchen entfaltet!<lb/> Und den gewaltigen Rieſen, den ſchnee-<lb/> weiſs prangenden Birnbaum! <lb n="95"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0099]
ZWEITE IDYLLE
Dies im tagenden Lichte der Menſchlich-
keit! Öfne das Fenſter!
Friſche Luft iſt dem Menſchen ſo noth,
wie dem Fiſche das Waſſer,
Oder dem Geiſt frei denken, ſo weit ein
Gedanke den Flug hebt,
Nicht durch Bann und Gewalt zu den
folgſamen Thieren entwürdigt; 90
Ah! wie der labende Duft da hereinweht!
und wie der Garten
Blühet und blüht, von des Thaus vielfar-
bigen Tropfen umfunkelt!
Schau die Morell’, und die Pflaum’, und
dort an der Planke den kleinen
Apfelbaum, wie gedrängt er die röthli-
chen Knöpfchen entfaltet!
Und den gewaltigen Rieſen, den ſchnee-
weiſs prangenden Birnbaum! 95
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