Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.DRITTE IDYLLE Gräfin, sie braucht kein Lob; wir kennensie! Unserer Freundin Ehre zu thun nach Vermögen, das stärkt und leichtert den Athem Selbst engbrüstigen Greisen, und schmei- diget Finger und Arme! 745 Aber der Pfarrer begann zu dem sieb- zigjährigen Weber: Vater, ihr hattet doch nicht Einwendun- gen wider die Hochzeit? Jezo kämt ihr zu spät. Ich hab' euch ein paarmal betrachtet, Wann ich meine Luis' abkündigte, wie ihr an eurem Pfeiler die Müz' abnahmt, und die zit- ternden Hände mit Inbrunst 750 Faltetet. Schien es doch fast, ihr nähmt an dem Töchterchen Antheil. DRITTE IDYLLE Gräfin, ſie braucht kein Lob; wir kennenſie! Unſerer Freundin Ehre zu thun nach Vermögen, das ſtärkt und leichtert den Athem Selbſt engbrüſtigen Greiſen, und ſchmei- diget Finger und Arme! 745 Aber der Pfarrer begann zu dem ſieb- zigjährigen Weber: Vater, ihr hattet doch nicht Einwendun- gen wider die Hochzeit? Jezo kämt ihr zu ſpät. Ich hab’ euch ein paarmal betrachtet, Wann ich meine Luiſ’ abkündigte, wie ihr an eurem Pfeiler die Müz’ abnahmt, und die zit- ternden Hände mit Inbrunſt 750 Faltetet. Schien es doch faſt, ihr nähmt an dem Töchterchen Antheil. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0213" n="199"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">DRITTE IDYLLE</hi></fw><lb/> Gräfin, ſie braucht kein Lob; wir kennen<lb/> ſie! Unſerer Freundin<lb/> Ehre zu thun nach Vermögen, das ſtärkt<lb/> und leichtert den Athem<lb/> Selbſt engbrüſtigen Greiſen, und ſchmei-<lb/> diget Finger und Arme! <lb n="745"/> Aber der Pfarrer begann zu dem ſieb-<lb/> zigjährigen Weber:<lb/> Vater, ihr hattet doch nicht Einwendun-<lb/> gen wider die Hochzeit?<lb/> Jezo kämt ihr zu ſpät. Ich hab’ euch ein<lb/> paarmal betrachtet,<lb/> Wann ich meine Luiſ’ abkündigte, wie<lb/> ihr an eurem<lb/> Pfeiler die Müz’ abnahmt, und die zit-<lb/> ternden Hände mit Inbrunſt <lb n="750"/> Faltetet. Schien es doch faſt, ihr nähmt an<lb/> dem Töchterchen Antheil.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0213]
DRITTE IDYLLE
Gräfin, ſie braucht kein Lob; wir kennen
ſie! Unſerer Freundin
Ehre zu thun nach Vermögen, das ſtärkt
und leichtert den Athem
Selbſt engbrüſtigen Greiſen, und ſchmei-
diget Finger und Arme! 745
Aber der Pfarrer begann zu dem ſieb-
zigjährigen Weber:
Vater, ihr hattet doch nicht Einwendun-
gen wider die Hochzeit?
Jezo kämt ihr zu ſpät. Ich hab’ euch ein
paarmal betrachtet,
Wann ich meine Luiſ’ abkündigte, wie
ihr an eurem
Pfeiler die Müz’ abnahmt, und die zit-
ternden Hände mit Inbrunſt 750
Faltetet. Schien es doch faſt, ihr nähmt an
dem Töchterchen Antheil.
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