seiner Brust. Endlich um Mitternacht langte er vor einer Katakombe an, drang in ihre schau¬ rigen Gänge, ähnlich der Farbe seines Jammers. Abgemattet von innerer Pein fiel er auf den Boden hin, rief den Schlummer, ihn nicht mit kur¬ zem Tod, mit ewigen Tod zu umfangen. Der Schlummer nahte nicht. Guido sprach Ver¬ wünschungen gegen ihn, gegen seine unglück¬ lich hohe Geburt, gegen den tirannischen Va¬ ter, gegen das Traumbild am Nordpol aus, das ihm lügend Wiedersehn zusagte und zu leben bewog. O warum starb ich dort nicht, wim¬ merte er.
Zuletzt hatten sich die Kräfte entspannt, ein tiefer Schlaf rettete den Dulder vor längerer Qual der Selbstkämpfe. In diesem Schlaf wähnte die noch thätige Einbildung, Gelino, den verstorbenen Lehrer zu sehn, wie er einen strafenden Blick auf ihn warf, und wieder ver¬ schwand. Dieser Blick prägte sich tief in des Jünglings Gemüth, er sah ihn immer, noch am Morgen erwacht, und auf den Gefilden ohne Zweck wandelnd. Eine marternde Angst jagte ihn, in jedem Thale richtete er den Blick empor und glaubte immer das Traumgesicht in den
ſeiner Bruſt. Endlich um Mitternacht langte er vor einer Katakombe an, drang in ihre ſchau¬ rigen Gaͤnge, aͤhnlich der Farbe ſeines Jammers. Abgemattet von innerer Pein fiel er auf den Boden hin, rief den Schlummer, ihn nicht mit kur¬ zem Tod, mit ewigen Tod zu umfangen. Der Schlummer nahte nicht. Guido ſprach Ver¬ wuͤnſchungen gegen ihn, gegen ſeine ungluͤck¬ lich hohe Geburt, gegen den tiranniſchen Va¬ ter, gegen das Traumbild am Nordpol aus, das ihm luͤgend Wiederſehn zuſagte und zu leben bewog. O warum ſtarb ich dort nicht, wim¬ merte er.
Zuletzt hatten ſich die Kraͤfte entſpannt, ein tiefer Schlaf rettete den Dulder vor laͤngerer Qual der Selbſtkaͤmpfe. In dieſem Schlaf waͤhnte die noch thaͤtige Einbildung, Gelino, den verſtorbenen Lehrer zu ſehn, wie er einen ſtrafenden Blick auf ihn warf, und wieder ver¬ ſchwand. Dieſer Blick praͤgte ſich tief in des Juͤnglings Gemuͤth, er ſah ihn immer, noch am Morgen erwacht, und auf den Gefilden ohne Zweck wandelnd. Eine marternde Angſt jagte ihn, in jedem Thale richtete er den Blick empor und glaubte immer das Traumgeſicht in den
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ſeiner Bruſt. Endlich um Mitternacht langte
er vor einer Katakombe an, drang in ihre ſchau¬
rigen Gaͤnge, aͤhnlich der Farbe ſeines Jammers.
Abgemattet von innerer Pein fiel er auf den
Boden hin, rief den Schlummer, ihn nicht mit kur¬
zem Tod, mit ewigen Tod zu umfangen. Der
Schlummer nahte nicht. Guido ſprach Ver¬
wuͤnſchungen gegen ihn, gegen ſeine ungluͤck¬
lich hohe Geburt, gegen den tiranniſchen Va¬
ter, gegen das Traumbild am Nordpol aus,
das ihm luͤgend Wiederſehn zuſagte und zu leben
bewog. O warum ſtarb ich dort nicht, wim¬
merte er.
Zuletzt hatten ſich die Kraͤfte entſpannt, ein
tiefer Schlaf rettete den Dulder vor laͤngerer
Qual der Selbſtkaͤmpfe. In dieſem Schlaf
waͤhnte die noch thaͤtige Einbildung, Gelino,
den verſtorbenen Lehrer zu ſehn, wie er einen
ſtrafenden Blick auf ihn warf, und wieder ver¬
ſchwand. Dieſer Blick praͤgte ſich tief in des
Juͤnglings Gemuͤth, er ſah ihn immer, noch am
Morgen erwacht, und auf den Gefilden ohne
Zweck wandelnd. Eine marternde Angſt jagte
ihn, in jedem Thale richtete er den Blick empor
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/376>, abgerufen am 25.11.2024.
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