alles gütlich ausgleichen lassen, man mußte die Waffen um Entscheidung anrufen. --
Zu Guido zurück. Er belagerte Neu-Kar¬ thago mit aller schrecklichen Kunst. Die Ver¬ theidigung stellte sich jedoch eben so gewaltig entgegen, und manche Woche verstrich, ehe ein Theil die Meinung schöpfen konnte, er habe Vortheile über den andern errungen.
Unterdessen fiel der Kaiserin bei, der Krieg ließe sich vielleicht, ohne weitere, die Menschheit entehrende, Gräuel enden. Sie hatte eine Toch¬ ter, Ottona genannt, schön, liebenswürdig, und in herrlicher Bildung erzogen, theils durch fremde, kluggeleitete Sorge, theils durch die Natur ih¬ rer holden Eigenthümlichkeit, die sich an den Künsten himmlisch entfaltete. Sie sprach zu Ottona: Titus, des feindlichen Kaisers Sohn -- er führte jetzt den Namen Guido nicht mehr -- wird gepriesen, wir fühlen die Gewalt seiner Talente. Die Erziehung fern vom Throne, hat auch bei ihm sich bewährt. Wenn ich ein Eheband mit diesem Thronerben und dir, meine Tochter, knüpfen könnte, wäre der Menschheit vielleicht geholfen.
Ottona sank bleich an ihrer Mutter nieder.
Be¬
alles guͤtlich ausgleichen laſſen, man mußte die Waffen um Entſcheidung anrufen. —
Zu Guido zuruͤck. Er belagerte Neu-Kar¬ thago mit aller ſchrecklichen Kunſt. Die Ver¬ theidigung ſtellte ſich jedoch eben ſo gewaltig entgegen, und manche Woche verſtrich, ehe ein Theil die Meinung ſchoͤpfen konnte, er habe Vortheile uͤber den andern errungen.
Unterdeſſen fiel der Kaiſerin bei, der Krieg ließe ſich vielleicht, ohne weitere, die Menſchheit entehrende, Graͤuel enden. Sie hatte eine Toch¬ ter, Ottona genannt, ſchoͤn, liebenswuͤrdig, und in herrlicher Bildung erzogen, theils durch fremde, kluggeleitete Sorge, theils durch die Natur ih¬ rer holden Eigenthuͤmlichkeit, die ſich an den Kuͤnſten himmliſch entfaltete. Sie ſprach zu Ottona: Titus, des feindlichen Kaiſers Sohn — er fuͤhrte jetzt den Namen Guido nicht mehr — wird geprieſen, wir fuͤhlen die Gewalt ſeiner Talente. Die Erziehung fern vom Throne, hat auch bei ihm ſich bewaͤhrt. Wenn ich ein Eheband mit dieſem Thronerben und dir, meine Tochter, knuͤpfen koͤnnte, waͤre der Menſchheit vielleicht geholfen.
Ottona ſank bleich an ihrer Mutter nieder.
Be¬
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alles guͤtlich ausgleichen laſſen, man mußte die
Waffen um Entſcheidung anrufen. —
Zu Guido zuruͤck. Er belagerte Neu-Kar¬
thago mit aller ſchrecklichen Kunſt. Die Ver¬
theidigung ſtellte ſich jedoch eben ſo gewaltig
entgegen, und manche Woche verſtrich, ehe ein
Theil die Meinung ſchoͤpfen konnte, er habe
Vortheile uͤber den andern errungen.
Unterdeſſen fiel der Kaiſerin bei, der Krieg
ließe ſich vielleicht, ohne weitere, die Menſchheit
entehrende, Graͤuel enden. Sie hatte eine Toch¬
ter, Ottona genannt, ſchoͤn, liebenswuͤrdig, und
in herrlicher Bildung erzogen, theils durch fremde,
kluggeleitete Sorge, theils durch die Natur ih¬
rer holden Eigenthuͤmlichkeit, die ſich an den
Kuͤnſten himmliſch entfaltete. Sie ſprach zu
Ottona: Titus, des feindlichen Kaiſers Sohn
— er fuͤhrte jetzt den Namen Guido nicht
mehr — wird geprieſen, wir fuͤhlen die Gewalt
ſeiner Talente. Die Erziehung fern vom Throne,
hat auch bei ihm ſich bewaͤhrt. Wenn ich ein
Eheband mit dieſem Thronerben und dir, meine
Tochter, knuͤpfen koͤnnte, waͤre der Menſchheit
vielleicht geholfen.
Ottona ſank bleich an ihrer Mutter nieder.
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/364>, abgerufen am 24.11.2024.
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