entdeckte schon die ehrwürdige gothische Piramide, Ehedem sammt ihrer Kirche dem heiligen Ste¬ phan geweiht, nun ein Christustempel, noch dauerhaft genug, ferne Jahrhunderte zu sehen. Am Abend zog man über die Wipfel des Pra¬ ter hin, vielen Lustwandelnden in der Höhe be¬ gegnend, und der Fuhrmann senkte seine Passa¬ giere auf die Platteforme des Gasthauses, zum Ochsen genannt, nieder, das seinen alten Na¬ men in dem Betracht nicht geändert hatte, daß ein Ochs zu allen Zeiten ein venerables Thier bleiben wird.
Sie speisten noch weit leckerer zu Nacht als in Berlin, die Enkel waren hierin den Vätern treu geblieben, auch das Bad enthielt mehr aro¬ matische Beimengungen, stärkte die Lebensgeister und munterte höher zu Genüssen auf.
Am andern Tag besahen sie die Stadt und das von Schiffen wimmelnde Bassin der Donau, welches hervorzubringen, die alte Brigittenau zerstört worden.
Gelino erzählte seinem jungen Freunde: wie kunstreich-mühevoll denkende Regierungen bewirkt hätten, daß Seeschiffe die Donau stromauf hät¬ ten befahren können, was in alten Zeiten, bei
entdeckte ſchon die ehrwuͤrdige gothiſche Piramide, Ehedem ſammt ihrer Kirche dem heiligen Ste¬ phan geweiht, nun ein Chriſtustempel, noch dauerhaft genug, ferne Jahrhunderte zu ſehen. Am Abend zog man uͤber die Wipfel des Pra¬ ter hin, vielen Luſtwandelnden in der Hoͤhe be¬ gegnend, und der Fuhrmann ſenkte ſeine Paſſa¬ giere auf die Platteforme des Gaſthauſes, zum Ochſen genannt, nieder, das ſeinen alten Na¬ men in dem Betracht nicht geaͤndert hatte, daß ein Ochs zu allen Zeiten ein venerables Thier bleiben wird.
Sie ſpeiſten noch weit leckerer zu Nacht als in Berlin, die Enkel waren hierin den Vaͤtern treu geblieben, auch das Bad enthielt mehr aro¬ matiſche Beimengungen, ſtaͤrkte die Lebensgeiſter und munterte hoͤher zu Genuͤſſen auf.
Am andern Tag beſahen ſie die Stadt und das von Schiffen wimmelnde Baſſin der Donau, welches hervorzubringen, die alte Brigittenau zerſtoͤrt worden.
Gelino erzaͤhlte ſeinem jungen Freunde: wie kunſtreich-muͤhevoll denkende Regierungen bewirkt haͤtten, daß Seeſchiffe die Donau ſtromauf haͤt¬ ten befahren koͤnnen, was in alten Zeiten, bei
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entdeckte ſchon die ehrwuͤrdige gothiſche Piramide,
Ehedem ſammt ihrer Kirche dem heiligen Ste¬
phan geweiht, nun ein Chriſtustempel, noch
dauerhaft genug, ferne Jahrhunderte zu ſehen.
Am Abend zog man uͤber die Wipfel des Pra¬
ter hin, vielen Luſtwandelnden in der Hoͤhe be¬
gegnend, und der Fuhrmann ſenkte ſeine Paſſa¬
giere auf die Platteforme des Gaſthauſes, zum
Ochſen genannt, nieder, das ſeinen alten Na¬
men in dem Betracht nicht geaͤndert hatte, daß
ein Ochs zu allen Zeiten ein venerables Thier
bleiben wird.
Sie ſpeiſten noch weit leckerer zu Nacht als
in Berlin, die Enkel waren hierin den Vaͤtern
treu geblieben, auch das Bad enthielt mehr aro¬
matiſche Beimengungen, ſtaͤrkte die Lebensgeiſter
und munterte hoͤher zu Genuͤſſen auf.
Am andern Tag beſahen ſie die Stadt und
das von Schiffen wimmelnde Baſſin der Donau,
welches hervorzubringen, die alte Brigittenau
zerſtoͤrt worden.
Gelino erzaͤhlte ſeinem jungen Freunde: wie
kunſtreich-muͤhevoll denkende Regierungen bewirkt
haͤtten, daß Seeſchiffe die Donau ſtromauf haͤt¬
ten befahren koͤnnen, was in alten Zeiten, bei
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/230>, abgerufen am 21.11.2024.
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