Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

alternde Vater eine Stütze neben sich sehen
wollte."

Wie ward dir bei der großen Nachricht?

"Ich fühlte die mir bis dahin unbekannten
kindlichen Entzückungen mit Innigkeit, doch er¬
schrack ich, daß einst das schwere Königsamt
mich erwarte."

Gut und auch nicht gut! Der kräftige Mann
soll vor nichts erschrecken, der König am we¬
nigsten. -- Wie brachtest du deine Zeit neben dem
Vater hin?

"Ich wohnte den Sitzungen der Räthe bei,
besah unsere Staaten, bis auf das kleinste Dorf,
suchte mich über ihre Natur, ihre Gewerbe zu
unterrichten, den Mann von Verdienst kennen
zu lernen."

Wohl! Machtest du oft Vorschläge zu Ver¬
besserungen in deinem Lande?

"Dazu fühlte ich mich noch zu schwach, meinte
nichts höher umfassen zu können, als der weise
Vater."

Schlimm, Königsohn, schlimm! Der Jüng¬
ling soll nicht stehen bleiben, sondern weiter
dringen. Deine Erziehung konnte die Erfindungs¬
gabe wecken.

alternde Vater eine Stuͤtze neben ſich ſehen
wollte.“

Wie ward dir bei der großen Nachricht?

„Ich fuͤhlte die mir bis dahin unbekannten
kindlichen Entzuͤckungen mit Innigkeit, doch er¬
ſchrack ich, daß einſt das ſchwere Koͤnigsamt
mich erwarte.“

Gut und auch nicht gut! Der kraͤftige Mann
ſoll vor nichts erſchrecken, der Koͤnig am we¬
nigſten. — Wie brachteſt du deine Zeit neben dem
Vater hin?

„Ich wohnte den Sitzungen der Raͤthe bei,
beſah unſere Staaten, bis auf das kleinſte Dorf,
ſuchte mich uͤber ihre Natur, ihre Gewerbe zu
unterrichten, den Mann von Verdienſt kennen
zu lernen.“

Wohl! Machteſt du oft Vorſchlaͤge zu Ver¬
beſſerungen in deinem Lande?

„Dazu fuͤhlte ich mich noch zu ſchwach, meinte
nichts hoͤher umfaſſen zu koͤnnen, als der weiſe
Vater.“

Schlimm, Koͤnigſohn, ſchlimm! Der Juͤng¬
ling ſoll nicht ſtehen bleiben, ſondern weiter
dringen. Deine Erziehung konnte die Erfindungs¬
gabe wecken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="202"/>
alternde Vater eine Stu&#x0364;tze neben &#x017F;ich &#x017F;ehen<lb/>
wollte.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wie ward dir bei der großen Nachricht?</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich fu&#x0364;hlte die mir bis dahin unbekannten<lb/>
kindlichen Entzu&#x0364;ckungen mit Innigkeit, doch er¬<lb/>
&#x017F;chrack ich, daß ein&#x017F;t das &#x017F;chwere Ko&#x0364;nigsamt<lb/>
mich erwarte.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Gut und auch nicht gut! Der kra&#x0364;ftige Mann<lb/>
&#x017F;oll vor nichts er&#x017F;chrecken, der Ko&#x0364;nig am we¬<lb/>
nig&#x017F;ten. &#x2014; Wie brachte&#x017F;t du deine Zeit neben dem<lb/>
Vater hin?</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ich wohnte den Sitzungen der Ra&#x0364;the bei,<lb/>
be&#x017F;ah un&#x017F;ere Staaten, bis auf das klein&#x017F;te Dorf,<lb/>
&#x017F;uchte mich u&#x0364;ber ihre Natur, ihre Gewerbe zu<lb/>
unterrichten, den Mann von Verdien&#x017F;t kennen<lb/>
zu lernen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Wohl! Machte&#x017F;t du oft Vor&#x017F;chla&#x0364;ge zu Ver¬<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erungen in deinem Lande?</p><lb/>
          <p>&#x201E;Dazu fu&#x0364;hlte ich mich noch zu &#x017F;chwach, meinte<lb/>
nichts ho&#x0364;her umfa&#x017F;&#x017F;en zu ko&#x0364;nnen, als der wei&#x017F;e<lb/>
Vater.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Schlimm, Ko&#x0364;nig&#x017F;ohn, &#x017F;chlimm! Der Ju&#x0364;ng¬<lb/>
ling &#x017F;oll nicht &#x017F;tehen bleiben, &#x017F;ondern weiter<lb/>
dringen. Deine Erziehung konnte die Erfindungs¬<lb/>
gabe wecken.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0214] alternde Vater eine Stuͤtze neben ſich ſehen wollte.“ Wie ward dir bei der großen Nachricht? „Ich fuͤhlte die mir bis dahin unbekannten kindlichen Entzuͤckungen mit Innigkeit, doch er¬ ſchrack ich, daß einſt das ſchwere Koͤnigsamt mich erwarte.“ Gut und auch nicht gut! Der kraͤftige Mann ſoll vor nichts erſchrecken, der Koͤnig am we¬ nigſten. — Wie brachteſt du deine Zeit neben dem Vater hin? „Ich wohnte den Sitzungen der Raͤthe bei, beſah unſere Staaten, bis auf das kleinſte Dorf, ſuchte mich uͤber ihre Natur, ihre Gewerbe zu unterrichten, den Mann von Verdienſt kennen zu lernen.“ Wohl! Machteſt du oft Vorſchlaͤge zu Ver¬ beſſerungen in deinem Lande? „Dazu fuͤhlte ich mich noch zu ſchwach, meinte nichts hoͤher umfaſſen zu koͤnnen, als der weiſe Vater.“ Schlimm, Koͤnigſohn, ſchlimm! Der Juͤng¬ ling ſoll nicht ſtehen bleiben, ſondern weiter dringen. Deine Erziehung konnte die Erfindungs¬ gabe wecken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/214
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/214>, abgerufen am 21.11.2024.