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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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der Leichnam wird nun begraben, und, um die wilden Thiere abzuhalten, errichtet man über demselben eine kleine Hütte. In der Nähe der Hudsons-Bai geschieht diese freiwillige Opferung fast auf gleiche Weise, nur mit dem Unterschied, dass der Lebensmüde in sein Grab hinabsteigt und sich dort von Zweien seiner Söhne mittelst eines Riemens erwürgen lässt. - Andere Völker, welche voll den Christen gelernt haben, dass es eine Sünde ist, die Väter zu tödten, lassen dieselben, so bald sie ihnen beschwerlich werden, allein in der Wildniss zurück, ein Opfer des fürchterlichen Hungertodes. - Die Zurückgebliebenen zeigen ihre Liebe zu dem Todten dadurch, dass sie alle seine Geräthschaften, selbst das Kostbarste für sie, Flinte, Beil, Messer, Biberröcke etc. verschenken. Ihre Trauer ist rührend: sie durchstechen sich die fleischigen Theile ihres Körpers mit spitzigen Steinen oder Pfeilen, und lassen so viel Blut ab, dass sie selbst manchmal sterben. Die Weiber betrauern ihre Männer, indem sie täglich auf ihr Grab gehen, eine Locke von ihrem Haar schneiden und sie in die Winde flattern lassen. In traurigen, melancholischen Tönen besingen sie ihr Leid, Oft, wenn ein Kind stirbt, tödtet sich die Mutter in der Hoffnung, demselben jenseits Beistand leisten, es pflegen und ernähren zu können, da sie fürchtet, dass ohne solche Hülfe das Kind eines zweiten Todes sterben müsste, was sie nicht mehr besorgt macht, wenn der Sterbende das Jünglingsalter erreicht hat und seine Waffen führen kann. - Die Cosmogonie der nordamericanischen Völker weicht darin von der der meisten andern ab, dass die Menschen zuerst, und dann die Erde geschaffen wurde. Sechs Männer, die zuerst geschaffen, schwebten in der Luft umher, während, wie sie erfuhren, im Himmel ein anderes Wesen ihrer Art, eine Frau wohnte. Mit Hülfe der Vögel gelangte endlich Einer der Menschen, Hogouaha (der Wolf), dorthin, und gewann die Liebe und höchste Gunst jenes weiblichen Geschöpfes, das jedoch eben desshalb von dem Gott des Himmels herabgestürzt wurde in das Meer; hier nahm eine Schildkröte sie auf ihren Rücken, der Eisbär, die Fischotter und andere Thiere holten Thon herbei und klebten auf den Rücken der Schildkröte ihren Vorrath zusammen, so dass eine kleine Insel daraus entstand, welche durch die fortwährende Arbeit dieser Thiere immer grösser und unsere Erde wurde, welche auch stets wächst, wie das Menschengeschlecht zunimmt. Von der Frau stammen alle Menschen ab, und um das Andenken der Begebenheit zu verewigen, nennen sich die Hauptstämme der Irokesen und Huronen nach jenen Thieren, vom Wolf, vom Bären, der Schildkröte, der Fischotter etc. Der Stamm der Schildkröte, als im Mittelpunkt der Welt wohnend, ist der edelste und erste.


Nordische Mythologie. Nach den Ideen der skandinavischen Urvölker liegt die Erde in der Mitte der Welt, oder der Welten, denn sie nahmen mehrere über einander liegende Welten an, welche durch Luft, Nebel, Reifschichten etc. von einander abgesondert waren. Die Erde überhaupt, wie sie vom Ocean umschlossen, von Gebirgen durchzogen, von Flüssen durchschnitten ist, heisst Manhem oder Mannheim. Der mittelste Theil der Erde heisst Midgard, und wurde, wie die Völker jener Gegenden glaubten, von ihnen selbst bewohnt. - Midgard ist das Eigenthum der Menschen, welche dasselbe bewohnen. Im Innern der Erdmasse wohnen die Zwerge oder Elfen, die Schöpfer der Steine und Metalle, die trefflichsten Arbeiter in diesen Stoffen; sie hiessen Swartalfen, ihr Reich Swartalfaheim, aus welchem sie nur selten, und dann nur, um den Menschen zu schaden, hervorkamen. Diess ist die Erde, wie sie besteht; wie sie entstanden, sangen die alten Skalden, die Dichter der Isländer, Norweger, Dänen und Schweden. Sie sagen, von Anfang und unerschaffen war nur Muspelheim und Niflheim, die Nebelwelt, worin der Alles verschlingende Brunnen Hwergelmer sich befindet, aus welchem zwölf Flüsse entsprangen, die jedoch nur so weit gingen, bis die Flüssigkeit, welche sie füllte, durch den Frost erstarrte; so thürmte sich durch das immer nachströmende und über das erste hinüberfliessende Wasser das Eis zu solcher Menge auf, dass es den Abgrund von Niflheim, in welchen es stürzte, ganz ausfüllte. - Alles, was aus Niflheim ausging, war kalt, starr und finster, dagegen alles aus dem gleichzeitig vorhandenen Muspelheim Kommende (die Licht- oder Feuerwelt, welche südlich von Niflheim lag) warm und leuchtend. Da nun die Sonnenstrahlen aus Muspelheim dem Reif aus Niflheim begegneten, so schmolz der letztere, und es entstand aus herabgefallenen Tropfen der Riese Ymmer, der Eis-Riese, dessen beide Füsse miteinander seine Nachkommen, die Eis - Riesen, erzeugten, während ihm selbst noch unter den Armen ein Mann und ein Weib erwuchs. - Zugleich mit dem Ymmer entstand aus der Vermischung von Wärme und Kälte die Kuh Andumbla, aus deren Eutern vier Milchströme flossen, von denen sich der Riese nährte. Die Kuh aber erhielt sich durch das Belecken der salzigen Reifsteine, aus denen, durch eben dieses Belecken befeuchtet, Haare, dann ein Haupt, dann ein Mann erwuchs, welcher Bure hiess; er erhielt, auf welche Weise ist unbekannt, einen Sohn, Bör; dieser nahm Bestla, eine der Töchter des Riesen Baulthorn, zum Weibe, von welcher er drei Söhne, Odin, Wile und We erhielt, welche späterhin Beherrscher des Himmels und der damals noch nicht geschaffenen Erde wurden. Die Söhne des Bör waren edel und gut, die Nachfolger Ymmer's aber verrucht, daher stets Kampf und Streit zwischen ihnen, welcher damit endete, dass der Eis - Riese erschlagen und sein Leichnam in den Abgrund geschleppt wurde; nun bildeten die Söhne des Bör die Erde aus dem Körper des Riesen. Seine Hirnschale ward als Gewölbe ausgespannt und auf vier Stützen gesetzt, zu welchen sie die Zwerge Austri, Westri, Sudri, Nordri (Osten, Westen, Süden, Norden), als Wächter setzten. Des Riesen Blut bildete das Meer und die Flüsse, seine Knochen die Berge, das Fleisch die Erde, Zähne und Kiefern die Felsen und Klippen, sein Haar wurde zu Bäumen, das Hirn zur Wolke. - Noch war Alles finster. Nun aber nahmen die Söhne Bör's die Funken, welche aus dem glänzenden Muspelheim herüberflogen, und befestigten sie am Innern der Hirnschale, damit sie die neugeschaffene Erde erleuchteten. Der Riese Narsi (finster) hatte die Nat (Nacht) zur Tochter. Diese zeugte mit Nagelfari (Luft, Aether) einen Sohn, welcher Andur hiess (Stoff); ferner mit einem zweiten Gatten Anar (Bildungstrieb) eine Tochter Jörd (Erde), endlich mit einem dritten, welcher Delingur hiess (Dämmerung), den Dagur (den Tag); dieser war so schön und heiter wie seines Vaters Geschlecht, daher ihn Allfadur mit seiner Mutter zu sich nahm; Jedes von Beiden erhielt einen mit einem Rosse bespannten Wagen. Die Rosse hiessen Skinfaxi und Hrimfaxi (Glanzmähne und Dunkelmähne); das Ross der Nacht bethauet jeden Morgen die Erde mit dem Schaum seines Gebisses, dann folgt der Tag mit dem glänzenden Rosse. Sool und Maan, zwei Kinder des Mundilfari (Sonne und Mond) waren die Lieblinge ihres Vaters, der, stolz auf der Tochter Schönheit, sie an den Gott der Freude vermählte, worüber erzürnt Alfadur beide Kinder den Eltern nahm und an den Himmel versetzte. Sool lenkte den Wagen des Tages, Maan den der Nacht. Auch die Menschen wurden von den Söhnen Bör's geschaffen. Sie wandelten einst am Meeresstrande und fanden zwei hohe Steinblöcke: aus diesen bildeten sie das erste Menschenpaar, der Mann ward Ask (Esche), die Frau Embla (Erle) genannt. Die Steinbilder wurden von den Söhnen Bör's mit Leben und Seele, mit Vernunft, Sprache und den fünf Sinnen begabt. - Im grossen Ganzen ist hier, wie beinahe unter allen Theogonien, eine gewisse Uebereinstimmung nicht zu verkennen: beinahe überall, bei den Mexicanern und bei den Griechen, bei den Römern wie im hohen Norden von Europa, sind Riesen, Giganten, Titanen, Cyclopen, die Urbewohner des Chaos; sie sind die Schöpfer und Erzeuger der milderen Götter: Zeus bei den Griechen, Odin bei den Nordländern, ist der Vermittler zwischen dem alten und dem neuen Göttergeschlecht. Die drei Söhne Bör's, Odin, Wile und We, schufen nun die Zwerge aus dem Staube der Erde, dann stiegen sie auf zum Himmel und liessen sich von ihren neuen Geschöpfen eine herrliche Stadt und prachtvolle Gärten anlegen, auch die Windhjalmsbrücke (die Himmelsbrücke) war nicht vergessen, welche Erde und Himmel verbindet, das ist der Regenbogen, strahlend in drei schönen Farben, stark genug, die guten Geister zu tragen, doch schwach unter der Last der bösen. Der rothe Streif ist das Feuer, welches den nahenden Sterblichen zur Asche verzehrt. Dort wohnen nun die Söhne Bör's: Odin liebt die Göttin des Meeres und steigt täglich hinab in deren Schooss, um in ihrer Schönheit zu schwelgen und mit ihr aus

der Leichnam wird nun begraben, und, um die wilden Thiere abzuhalten, errichtet man über demselben eine kleine Hütte. In der Nähe der Hudsons-Bai geschieht diese freiwillige Opferung fast auf gleiche Weise, nur mit dem Unterschied, dass der Lebensmüde in sein Grab hinabsteigt und sich dort von Zweien seiner Söhne mittelst eines Riemens erwürgen lässt. – Andere Völker, welche voll den Christen gelernt haben, dass es eine Sünde ist, die Väter zu tödten, lassen dieselben, so bald sie ihnen beschwerlich werden, allein in der Wildniss zurück, ein Opfer des fürchterlichen Hungertodes. – Die Zurückgebliebenen zeigen ihre Liebe zu dem Todten dadurch, dass sie alle seine Geräthschaften, selbst das Kostbarste für sie, Flinte, Beil, Messer, Biberröcke etc. verschenken. Ihre Trauer ist rührend: sie durchstechen sich die fleischigen Theile ihres Körpers mit spitzigen Steinen oder Pfeilen, und lassen so viel Blut ab, dass sie selbst manchmal sterben. Die Weiber betrauern ihre Männer, indem sie täglich auf ihr Grab gehen, eine Locke von ihrem Haar schneiden und sie in die Winde flattern lassen. In traurigen, melancholischen Tönen besingen sie ihr Leid, Oft, wenn ein Kind stirbt, tödtet sich die Mutter in der Hoffnung, demselben jenseits Beistand leisten, es pflegen und ernähren zu können, da sie fürchtet, dass ohne solche Hülfe das Kind eines zweiten Todes sterben müsste, was sie nicht mehr besorgt macht, wenn der Sterbende das Jünglingsalter erreicht hat und seine Waffen führen kann. – Die Cosmogonie der nordamericanischen Völker weicht darin von der der meisten andern ab, dass die Menschen zuerst, und dann die Erde geschaffen wurde. Sechs Männer, die zuerst geschaffen, schwebten in der Luft umher, während, wie sie erfuhren, im Himmel ein anderes Wesen ihrer Art, eine Frau wohnte. Mit Hülfe der Vögel gelangte endlich Einer der Menschen, Hogouaha (der Wolf), dorthin, und gewann die Liebe und höchste Gunst jenes weiblichen Geschöpfes, das jedoch eben desshalb von dem Gott des Himmels herabgestürzt wurde in das Meer; hier nahm eine Schildkröte sie auf ihren Rücken, der Eisbär, die Fischotter und andere Thiere holten Thon herbei und klebten auf den Rücken der Schildkröte ihren Vorrath zusammen, so dass eine kleine Insel daraus entstand, welche durch die fortwährende Arbeit dieser Thiere immer grösser und unsere Erde wurde, welche auch stets wächst, wie das Menschengeschlecht zunimmt. Von der Frau stammen alle Menschen ab, und um das Andenken der Begebenheit zu verewigen, nennen sich die Hauptstämme der Irokesen und Huronen nach jenen Thieren, vom Wolf, vom Bären, der Schildkröte, der Fischotter etc. Der Stamm der Schildkröte, als im Mittelpunkt der Welt wohnend, ist der edelste und erste.


Nordische Mythologie. Nach den Ideen der skandinavischen Urvölker liegt die Erde in der Mitte der Welt, oder der Welten, denn sie nahmen mehrere über einander liegende Welten an, welche durch Luft, Nebel, Reifschichten etc. von einander abgesondert waren. Die Erde überhaupt, wie sie vom Ocean umschlossen, von Gebirgen durchzogen, von Flüssen durchschnitten ist, heisst Manhem oder Mannheim. Der mittelste Theil der Erde heisst Midgard, und wurde, wie die Völker jener Gegenden glaubten, von ihnen selbst bewohnt. – Midgard ist das Eigenthum der Menschen, welche dasselbe bewohnen. Im Innern der Erdmasse wohnen die Zwerge oder Elfen, die Schöpfer der Steine und Metalle, die trefflichsten Arbeiter in diesen Stoffen; sie hiessen Swartalfen, ihr Reich Swartalfaheim, aus welchem sie nur selten, und dann nur, um den Menschen zu schaden, hervorkamen. Diess ist die Erde, wie sie besteht; wie sie entstanden, sangen die alten Skalden, die Dichter der Isländer, Norweger, Dänen und Schweden. Sie sagen, von Anfang und unerschaffen war nur Muspelheim und Niflheim, die Nebelwelt, worin der Alles verschlingende Brunnen Hwergelmer sich befindet, aus welchem zwölf Flüsse entsprangen, die jedoch nur so weit gingen, bis die Flüssigkeit, welche sie füllte, durch den Frost erstarrte; so thürmte sich durch das immer nachströmende und über das erste hinüberfliessende Wasser das Eis zu solcher Menge auf, dass es den Abgrund von Niflheim, in welchen es stürzte, ganz ausfüllte. – Alles, was aus Niflheim ausging, war kalt, starr und finster, dagegen alles aus dem gleichzeitig vorhandenen Muspelheim Kommende (die Licht- oder Feuerwelt, welche südlich von Niflheim lag) warm und leuchtend. Da nun die Sonnenstrahlen aus Muspelheim dem Reif aus Niflheim begegneten, so schmolz der letztere, und es entstand aus herabgefallenen Tropfen der Riese Ymmer, der Eis-Riese, dessen beide Füsse miteinander seine Nachkommen, die Eis – Riesen, erzeugten, während ihm selbst noch unter den Armen ein Mann und ein Weib erwuchs. – Zugleich mit dem Ymmer entstand aus der Vermischung von Wärme und Kälte die Kuh Andumbla, aus deren Eutern vier Milchströme flossen, von denen sich der Riese nährte. Die Kuh aber erhielt sich durch das Belecken der salzigen Reifsteine, aus denen, durch eben dieses Belecken befeuchtet, Haare, dann ein Haupt, dann ein Mann erwuchs, welcher Bure hiess; er erhielt, auf welche Weise ist unbekannt, einen Sohn, Bör; dieser nahm Bestla, eine der Töchter des Riesen Baulthorn, zum Weibe, von welcher er drei Söhne, Odin, Wile und We erhielt, welche späterhin Beherrscher des Himmels und der damals noch nicht geschaffenen Erde wurden. Die Söhne des Bör waren edel und gut, die Nachfolger Ymmer's aber verrucht, daher stets Kampf und Streit zwischen ihnen, welcher damit endete, dass der Eis – Riese erschlagen und sein Leichnam in den Abgrund geschleppt wurde; nun bildeten die Söhne des Bör die Erde aus dem Körper des Riesen. Seine Hirnschale ward als Gewölbe ausgespannt und auf vier Stützen gesetzt, zu welchen sie die Zwerge Austri, Westri, Sudri, Nordri (Osten, Westen, Süden, Norden), als Wächter setzten. Des Riesen Blut bildete das Meer und die Flüsse, seine Knochen die Berge, das Fleisch die Erde, Zähne und Kiefern die Felsen und Klippen, sein Haar wurde zu Bäumen, das Hirn zur Wolke. – Noch war Alles finster. Nun aber nahmen die Söhne Bör's die Funken, welche aus dem glänzenden Muspelheim herüberflogen, und befestigten sie am Innern der Hirnschale, damit sie die neugeschaffene Erde erleuchteten. Der Riese Narsi (finster) hatte die Nat (Nacht) zur Tochter. Diese zeugte mit Nagelfari (Luft, Aether) einen Sohn, welcher Andur hiess (Stoff); ferner mit einem zweiten Gatten Anar (Bildungstrieb) eine Tochter Jörd (Erde), endlich mit einem dritten, welcher Delingur hiess (Dämmerung), den Dagur (den Tag); dieser war so schön und heiter wie seines Vaters Geschlecht, daher ihn Allfadur mit seiner Mutter zu sich nahm; Jedes von Beiden erhielt einen mit einem Rosse bespannten Wagen. Die Rosse hiessen Skinfaxi und Hrimfaxi (Glanzmähne und Dunkelmähne); das Ross der Nacht bethauet jeden Morgen die Erde mit dem Schaum seines Gebisses, dann folgt der Tag mit dem glänzenden Rosse. Sool und Maan, zwei Kinder des Mundilfari (Sonne und Mond) waren die Lieblinge ihres Vaters, der, stolz auf der Tochter Schönheit, sie an den Gott der Freude vermählte, worüber erzürnt Alfadur beide Kinder den Eltern nahm und an den Himmel versetzte. Sool lenkte den Wagen des Tages, Maan den der Nacht. Auch die Menschen wurden von den Söhnen Bör's geschaffen. Sie wandelten einst am Meeresstrande und fanden zwei hohe Steinblöcke: aus diesen bildeten sie das erste Menschenpaar, der Mann ward Ask (Esche), die Frau Embla (Erle) genannt. Die Steinbilder wurden von den Söhnen Bör's mit Leben und Seele, mit Vernunft, Sprache und den fünf Sinnen begabt. – Im grossen Ganzen ist hier, wie beinahe unter allen Theogonien, eine gewisse Uebereinstimmung nicht zu verkennen: beinahe überall, bei den Mexicanern und bei den Griechen, bei den Römern wie im hohen Norden von Europa, sind Riesen, Giganten, Titanen, Cyclopen, die Urbewohner des Chaos; sie sind die Schöpfer und Erzeuger der milderen Götter: Zeus bei den Griechen, Odin bei den Nordländern, ist der Vermittler zwischen dem alten und dem neuen Göttergeschlecht. Die drei Söhne Bör's, Odin, Wile und We, schufen nun die Zwerge aus dem Staube der Erde, dann stiegen sie auf zum Himmel und liessen sich von ihren neuen Geschöpfen eine herrliche Stadt und prachtvolle Gärten anlegen, auch die Windhjalmsbrücke (die Himmelsbrücke) war nicht vergessen, welche Erde und Himmel verbindet, das ist der Regenbogen, strahlend in drei schönen Farben, stark genug, die guten Geister zu tragen, doch schwach unter der Last der bösen. Der rothe Streif ist das Feuer, welches den nahenden Sterblichen zur Asche verzehrt. Dort wohnen nun die Söhne Bör's: Odin liebt die Göttin des Meeres und steigt täglich hinab in deren Schooss, um in ihrer Schönheit zu schwelgen und mit ihr aus

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Da nun die Sonnenstrahlen aus Muspelheim dem Reif aus Niflheim begegneten, so schmolz der letztere, und es entstand aus herabgefallenen Tropfen der Riese Ymmer, der Eis-Riese, dessen beide Füsse miteinander seine Nachkommen, die Eis &#x2013; Riesen, erzeugten, während ihm selbst noch unter den Armen ein Mann und ein Weib erwuchs. &#x2013; Zugleich mit dem Ymmer entstand aus der Vermischung von Wärme und Kälte die Kuh Andumbla, aus deren Eutern vier Milchströme flossen, von denen sich der Riese nährte. Die Kuh aber erhielt sich durch das Belecken der salzigen Reifsteine, aus denen, durch eben dieses Belecken befeuchtet, Haare, dann ein Haupt, dann ein Mann erwuchs, welcher Bure hiess; er erhielt, auf welche Weise ist unbekannt, einen Sohn, Bör; dieser nahm Bestla, eine der Töchter des Riesen Baulthorn, zum Weibe, von welcher er drei Söhne, Odin, Wile und We erhielt, welche späterhin Beherrscher des Himmels und der damals noch nicht geschaffenen Erde wurden. Die Söhne des Bör waren edel und gut, die Nachfolger Ymmer's aber verrucht, daher stets Kampf und Streit zwischen ihnen, welcher damit endete, dass der Eis &#x2013; Riese erschlagen und sein Leichnam in den Abgrund geschleppt wurde; nun bildeten die Söhne des Bör die Erde aus dem Körper des Riesen. Seine Hirnschale ward als Gewölbe ausgespannt und auf vier Stützen gesetzt, zu welchen sie die Zwerge Austri, Westri, Sudri, Nordri (Osten, Westen, Süden, Norden), als Wächter setzten. Des Riesen Blut bildete das Meer und die Flüsse, seine Knochen die Berge, das Fleisch die Erde, Zähne und Kiefern die Felsen und Klippen, sein Haar wurde zu Bäumen, das Hirn zur Wolke. &#x2013; Noch war Alles finster. Nun aber nahmen die Söhne Bör's die Funken, welche aus dem glänzenden Muspelheim herüberflogen, und befestigten sie am Innern der Hirnschale, damit sie die neugeschaffene Erde erleuchteten. Der Riese Narsi (finster) hatte die Nat (Nacht) zur Tochter. Diese zeugte mit Nagelfari (Luft, Aether) einen Sohn, welcher Andur hiess (Stoff); ferner mit einem zweiten Gatten Anar (Bildungstrieb) eine Tochter Jörd (Erde), endlich mit einem dritten, welcher Delingur hiess (Dämmerung), den Dagur (den Tag); dieser war so schön und heiter wie seines Vaters Geschlecht, daher ihn Allfadur mit seiner Mutter zu sich nahm; Jedes von Beiden erhielt einen mit einem Rosse bespannten Wagen. Die Rosse hiessen Skinfaxi und Hrimfaxi (Glanzmähne und Dunkelmähne); das Ross der Nacht bethauet jeden Morgen die Erde mit dem Schaum seines Gebisses, dann folgt der Tag mit dem glänzenden Rosse. Sool und Maan, zwei Kinder des Mundilfari (Sonne und Mond) waren die Lieblinge ihres Vaters, der, stolz auf der Tochter Schönheit, sie an den Gott der Freude vermählte, worüber erzürnt Alfadur beide Kinder den Eltern nahm und an den Himmel versetzte. Sool lenkte den Wagen des Tages, Maan den der Nacht. Auch die Menschen wurden von den Söhnen Bör's geschaffen. Sie wandelten einst am Meeresstrande und fanden zwei hohe Steinblöcke: aus diesen bildeten sie das erste Menschenpaar, der Mann ward Ask (Esche), die Frau Embla (Erle) genannt. Die Steinbilder wurden von den Söhnen Bör's mit Leben und Seele, mit Vernunft, Sprache und den fünf Sinnen begabt. &#x2013; Im grossen Ganzen ist hier, wie beinahe unter allen Theogonien, eine gewisse Uebereinstimmung nicht zu verkennen: beinahe überall, bei den Mexicanern und bei den Griechen, bei den Römern wie im hohen Norden von Europa, sind Riesen, Giganten, Titanen, Cyclopen, die Urbewohner des Chaos; sie sind die Schöpfer und Erzeuger der milderen Götter: Zeus bei den Griechen, Odin bei den Nordländern, ist der Vermittler zwischen dem alten und dem neuen Göttergeschlecht. Die drei Söhne Bör's, Odin, Wile und We, schufen nun die Zwerge aus dem Staube der Erde, dann stiegen sie auf zum Himmel und liessen sich von ihren neuen Geschöpfen eine herrliche Stadt und prachtvolle Gärten anlegen, auch die Windhjalmsbrücke (die Himmelsbrücke) war nicht vergessen, welche Erde und Himmel verbindet, das ist der Regenbogen, strahlend in drei schönen Farben, stark genug, die guten Geister zu tragen, doch schwach unter der Last der bösen. Der rothe Streif ist das Feuer, welches den nahenden Sterblichen zur Asche verzehrt. Dort wohnen nun die Söhne Bör's: Odin liebt die Göttin des Meeres und steigt täglich hinab in deren Schooss, um in ihrer Schönheit zu schwelgen und mit ihr aus
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[354/0424] der Leichnam wird nun begraben, und, um die wilden Thiere abzuhalten, errichtet man über demselben eine kleine Hütte. In der Nähe der Hudsons-Bai geschieht diese freiwillige Opferung fast auf gleiche Weise, nur mit dem Unterschied, dass der Lebensmüde in sein Grab hinabsteigt und sich dort von Zweien seiner Söhne mittelst eines Riemens erwürgen lässt. – Andere Völker, welche voll den Christen gelernt haben, dass es eine Sünde ist, die Väter zu tödten, lassen dieselben, so bald sie ihnen beschwerlich werden, allein in der Wildniss zurück, ein Opfer des fürchterlichen Hungertodes. – Die Zurückgebliebenen zeigen ihre Liebe zu dem Todten dadurch, dass sie alle seine Geräthschaften, selbst das Kostbarste für sie, Flinte, Beil, Messer, Biberröcke etc. verschenken. Ihre Trauer ist rührend: sie durchstechen sich die fleischigen Theile ihres Körpers mit spitzigen Steinen oder Pfeilen, und lassen so viel Blut ab, dass sie selbst manchmal sterben. Die Weiber betrauern ihre Männer, indem sie täglich auf ihr Grab gehen, eine Locke von ihrem Haar schneiden und sie in die Winde flattern lassen. In traurigen, melancholischen Tönen besingen sie ihr Leid, Oft, wenn ein Kind stirbt, tödtet sich die Mutter in der Hoffnung, demselben jenseits Beistand leisten, es pflegen und ernähren zu können, da sie fürchtet, dass ohne solche Hülfe das Kind eines zweiten Todes sterben müsste, was sie nicht mehr besorgt macht, wenn der Sterbende das Jünglingsalter erreicht hat und seine Waffen führen kann. – Die Cosmogonie der nordamericanischen Völker weicht darin von der der meisten andern ab, dass die Menschen zuerst, und dann die Erde geschaffen wurde. Sechs Männer, die zuerst geschaffen, schwebten in der Luft umher, während, wie sie erfuhren, im Himmel ein anderes Wesen ihrer Art, eine Frau wohnte. Mit Hülfe der Vögel gelangte endlich Einer der Menschen, Hogouaha (der Wolf), dorthin, und gewann die Liebe und höchste Gunst jenes weiblichen Geschöpfes, das jedoch eben desshalb von dem Gott des Himmels herabgestürzt wurde in das Meer; hier nahm eine Schildkröte sie auf ihren Rücken, der Eisbär, die Fischotter und andere Thiere holten Thon herbei und klebten auf den Rücken der Schildkröte ihren Vorrath zusammen, so dass eine kleine Insel daraus entstand, welche durch die fortwährende Arbeit dieser Thiere immer grösser und unsere Erde wurde, welche auch stets wächst, wie das Menschengeschlecht zunimmt. Von der Frau stammen alle Menschen ab, und um das Andenken der Begebenheit zu verewigen, nennen sich die Hauptstämme der Irokesen und Huronen nach jenen Thieren, vom Wolf, vom Bären, der Schildkröte, der Fischotter etc. Der Stamm der Schildkröte, als im Mittelpunkt der Welt wohnend, ist der edelste und erste. Nordische Mythologie. Nach den Ideen der skandinavischen Urvölker liegt die Erde in der Mitte der Welt, oder der Welten, denn sie nahmen mehrere über einander liegende Welten an, welche durch Luft, Nebel, Reifschichten etc. von einander abgesondert waren. Die Erde überhaupt, wie sie vom Ocean umschlossen, von Gebirgen durchzogen, von Flüssen durchschnitten ist, heisst Manhem oder Mannheim. Der mittelste Theil der Erde heisst Midgard, und wurde, wie die Völker jener Gegenden glaubten, von ihnen selbst bewohnt. – Midgard ist das Eigenthum der Menschen, welche dasselbe bewohnen. Im Innern der Erdmasse wohnen die Zwerge oder Elfen, die Schöpfer der Steine und Metalle, die trefflichsten Arbeiter in diesen Stoffen; sie hiessen Swartalfen, ihr Reich Swartalfaheim, aus welchem sie nur selten, und dann nur, um den Menschen zu schaden, hervorkamen. Diess ist die Erde, wie sie besteht; wie sie entstanden, sangen die alten Skalden, die Dichter der Isländer, Norweger, Dänen und Schweden. Sie sagen, von Anfang und unerschaffen war nur Muspelheim und Niflheim, die Nebelwelt, worin der Alles verschlingende Brunnen Hwergelmer sich befindet, aus welchem zwölf Flüsse entsprangen, die jedoch nur so weit gingen, bis die Flüssigkeit, welche sie füllte, durch den Frost erstarrte; so thürmte sich durch das immer nachströmende und über das erste hinüberfliessende Wasser das Eis zu solcher Menge auf, dass es den Abgrund von Niflheim, in welchen es stürzte, ganz ausfüllte. – Alles, was aus Niflheim ausging, war kalt, starr und finster, dagegen alles aus dem gleichzeitig vorhandenen Muspelheim Kommende (die Licht- oder Feuerwelt, welche südlich von Niflheim lag) warm und leuchtend. Da nun die Sonnenstrahlen aus Muspelheim dem Reif aus Niflheim begegneten, so schmolz der letztere, und es entstand aus herabgefallenen Tropfen der Riese Ymmer, der Eis-Riese, dessen beide Füsse miteinander seine Nachkommen, die Eis – Riesen, erzeugten, während ihm selbst noch unter den Armen ein Mann und ein Weib erwuchs. – Zugleich mit dem Ymmer entstand aus der Vermischung von Wärme und Kälte die Kuh Andumbla, aus deren Eutern vier Milchströme flossen, von denen sich der Riese nährte. Die Kuh aber erhielt sich durch das Belecken der salzigen Reifsteine, aus denen, durch eben dieses Belecken befeuchtet, Haare, dann ein Haupt, dann ein Mann erwuchs, welcher Bure hiess; er erhielt, auf welche Weise ist unbekannt, einen Sohn, Bör; dieser nahm Bestla, eine der Töchter des Riesen Baulthorn, zum Weibe, von welcher er drei Söhne, Odin, Wile und We erhielt, welche späterhin Beherrscher des Himmels und der damals noch nicht geschaffenen Erde wurden. Die Söhne des Bör waren edel und gut, die Nachfolger Ymmer's aber verrucht, daher stets Kampf und Streit zwischen ihnen, welcher damit endete, dass der Eis – Riese erschlagen und sein Leichnam in den Abgrund geschleppt wurde; nun bildeten die Söhne des Bör die Erde aus dem Körper des Riesen. Seine Hirnschale ward als Gewölbe ausgespannt und auf vier Stützen gesetzt, zu welchen sie die Zwerge Austri, Westri, Sudri, Nordri (Osten, Westen, Süden, Norden), als Wächter setzten. Des Riesen Blut bildete das Meer und die Flüsse, seine Knochen die Berge, das Fleisch die Erde, Zähne und Kiefern die Felsen und Klippen, sein Haar wurde zu Bäumen, das Hirn zur Wolke. – Noch war Alles finster. Nun aber nahmen die Söhne Bör's die Funken, welche aus dem glänzenden Muspelheim herüberflogen, und befestigten sie am Innern der Hirnschale, damit sie die neugeschaffene Erde erleuchteten. Der Riese Narsi (finster) hatte die Nat (Nacht) zur Tochter. Diese zeugte mit Nagelfari (Luft, Aether) einen Sohn, welcher Andur hiess (Stoff); ferner mit einem zweiten Gatten Anar (Bildungstrieb) eine Tochter Jörd (Erde), endlich mit einem dritten, welcher Delingur hiess (Dämmerung), den Dagur (den Tag); dieser war so schön und heiter wie seines Vaters Geschlecht, daher ihn Allfadur mit seiner Mutter zu sich nahm; Jedes von Beiden erhielt einen mit einem Rosse bespannten Wagen. Die Rosse hiessen Skinfaxi und Hrimfaxi (Glanzmähne und Dunkelmähne); das Ross der Nacht bethauet jeden Morgen die Erde mit dem Schaum seines Gebisses, dann folgt der Tag mit dem glänzenden Rosse. Sool und Maan, zwei Kinder des Mundilfari (Sonne und Mond) waren die Lieblinge ihres Vaters, der, stolz auf der Tochter Schönheit, sie an den Gott der Freude vermählte, worüber erzürnt Alfadur beide Kinder den Eltern nahm und an den Himmel versetzte. Sool lenkte den Wagen des Tages, Maan den der Nacht. Auch die Menschen wurden von den Söhnen Bör's geschaffen. Sie wandelten einst am Meeresstrande und fanden zwei hohe Steinblöcke: aus diesen bildeten sie das erste Menschenpaar, der Mann ward Ask (Esche), die Frau Embla (Erle) genannt. Die Steinbilder wurden von den Söhnen Bör's mit Leben und Seele, mit Vernunft, Sprache und den fünf Sinnen begabt. – Im grossen Ganzen ist hier, wie beinahe unter allen Theogonien, eine gewisse Uebereinstimmung nicht zu verkennen: beinahe überall, bei den Mexicanern und bei den Griechen, bei den Römern wie im hohen Norden von Europa, sind Riesen, Giganten, Titanen, Cyclopen, die Urbewohner des Chaos; sie sind die Schöpfer und Erzeuger der milderen Götter: Zeus bei den Griechen, Odin bei den Nordländern, ist der Vermittler zwischen dem alten und dem neuen Göttergeschlecht. Die drei Söhne Bör's, Odin, Wile und We, schufen nun die Zwerge aus dem Staube der Erde, dann stiegen sie auf zum Himmel und liessen sich von ihren neuen Geschöpfen eine herrliche Stadt und prachtvolle Gärten anlegen, auch die Windhjalmsbrücke (die Himmelsbrücke) war nicht vergessen, welche Erde und Himmel verbindet, das ist der Regenbogen, strahlend in drei schönen Farben, stark genug, die guten Geister zu tragen, doch schwach unter der Last der bösen. Der rothe Streif ist das Feuer, welches den nahenden Sterblichen zur Asche verzehrt. Dort wohnen nun die Söhne Bör's: Odin liebt die Göttin des Meeres und steigt täglich hinab in deren Schooss, um in ihrer Schönheit zu schwelgen und mit ihr aus

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/424>, abgerufen am 23.11.2024.