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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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ein Jahr zur Erde verbannt. S. Laomedon, Perseus, Minos, Amphitrite. Als einer der zwölf grossen Götter ist er in die meisten wichtigen Begebenheiten der mythischen Geschichte Griechenlands verwickelt, so wie auch eben desshalb seine Verehrung sehr verbreitet war, und viele der mächtigsten Helden von ihm ihr Geschlecht ableiten. Obgleich übrigens bei den Dichtern und Künstlern die Vorstellung von N. als dem Meergotte vorherrscht, so wird er doch im weitern Sinne als Gott der Gewässer überhaupt, der Flüsse und Quellen gedacht, und ihm daher das Pferd als Attribut zugesellt, welches bei den Griechen seit den ältesten Zeiten in enger Beziehung zu den Quellen stand. - Von unsern Abbildungen zeigt die eine die Statue des N. mit Dreizack und Delphin; die andere die Büste des N. im Vatican; die dritte, nach einem pompejanischen Wandgemälde, Amymone, von einem Satyr erschreckt, flüchtet in die Arme des am Gestade sitzenden N.


Nereiden, (Gr. M.), die fünfzig schönen, schwarzäugigen Töchter des Nereus und der Doris, in prächtigem Palaste auf dem Meeresgrunde wohnend, und ausgelassen scherzend, wenn sie mit Tritonen und Delphinen auf den Wellen des Oceanus sich schaukeln. - Unser Bild zeigt nach einem antiken Basrelief N. auf Tritonen und Meerungeheuern sitzend; sie scheinen abgeschiedene Seelen durch den Ocean nach dem Sitze der Glückseligen zu bringen.


Nereus (Gr. M.), Sohn des Pontus und der Gäa, ein Meergreis, gleich dem Proteus fähig, sich in jede Gestalt zu verwandeln, vermählte sich mit seiner Schwester Doris, der Tochter des Oceanus, und erzeugte mit ihr fünfzig Töchter, die Nereiden (s. d.). Ein grosser Wahrsager, verkündete er, nachdem es dem Hercules gelungen, ihn zu fesseln, demselben die Mittel, zu den Hesperiden zu gelangen, weissagte auch dem Paris sein Schicksal.


Neria oder Neriene (Alt-ital. M.), Gemahlin des Mars, oder eine bloss allegorische Göttin der Tapferkeit.


Nerim Innuet, Geister bei den Grönländern, von welchen diese glauben, dass sie in den Speisen wohnen. Sie sind böse und reizen die Menschen oft zum Genusse schädlicher Dinge.


Nerthus (German. M.). Tacitus in seiner Germania sagt von einer Gottheit, deren Name nach den jetzt verbesserten Texten N., nicht, wie man sonst gemeinhin annahm, Hertha hiess, Folgendes: "Von den Angeln und einigen andern Stämmen ist nichts Denkwürdiges zu melden, als dass sie insgemein die N., d. i. die Mutter Erde, verehren, und von ihr glauben, dass sie in die menschlichen Dinge eingreife und die Völker besuche. Es steht auf einer Insel im Ocean ein heiliger Hain, und in ihm befindet sich ein geweihter Wagen, mit einem Teppich bedeckt, den nur Ein Priester berühren darf. Dieser nimmt wahr, wenn die Göttin in's Heiligthum eintritt, und begleitet sie andachtsvoll, wenn sie von Kühen gezogen ausfährt. Freudevoll sind dann die Tage, und festlich schmückt sich jeder Ort, den sie ihrer Ankunft und ihres gastlichen Besuches würdigt. Niemand beginnt Krieg oder ergreift die Waffen, bis derselbe Priester die vom Umgang mit den Sterblichen gesättigte Göttin in ihren Tempel zurückführt. Alsdann wird der Wagen und die Gewänder, und (das glaube, wer's vermag!) die Gottheit selbst, in einem verborgenen See gewaschen. Sklaven verrichten dabei den Dienst, die sogleich derselbe See verschlingt. Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Unwissenheit, was es sei, das nur die erblicken, die dem Tode geweiht sind." Man glaubt allgemein, dass diese Göttin Eins sei mit der nordischen Jörd (s. d.).


Nerupu tirunal, (Ind. M.), das Feuerfest; ein bei den Indiern während der drei ersten Monate ihres Jahres (das um drei Monate später anfängt als das unsere), also während April, Mai oder Juni, gehaltenes Bussfest. Draopadi heirathete die fünf Söhnte des Pandu, welche unter dem Namen der Helden Indiens bekannt waren, und durch die Pandawas, ein grosses Heldengedicht, berühmt geworden sind. Es ist ganz ungewöhnlich, dass eine indische Wittwe sich zum zweiten Male vermählt; sie erfand daher das Mittel, sich vor ihrer zweiten Verheirathung von Allem, was ihr aus erster Ehe anhing, zu reinigen, und wieder in den Stand der Unschuld zurückzukehren, indem sie über einen Haufen glühender Kohlen langsam hinwegging. Zu Ehren dieser Gottestochter feiert man das Fest noch jetzt: diejenigen, welche sich demselben unterwerfen wollen, fasten achtzehn Tage lang und schlafen während dieser Zeit auf blosser Erde


Fig. 235.
ohne Matte, dann bemalen sie sich den Leib mit Safran und gehen, festlich geschmückt, unter klingendem Spiel

ein Jahr zur Erde verbannt. S. Laomedon, Perseus, Minos, Amphitrite. Als einer der zwölf grossen Götter ist er in die meisten wichtigen Begebenheiten der mythischen Geschichte Griechenlands verwickelt, so wie auch eben desshalb seine Verehrung sehr verbreitet war, und viele der mächtigsten Helden von ihm ihr Geschlecht ableiten. Obgleich übrigens bei den Dichtern und Künstlern die Vorstellung von N. als dem Meergotte vorherrscht, so wird er doch im weitern Sinne als Gott der Gewässer überhaupt, der Flüsse und Quellen gedacht, und ihm daher das Pferd als Attribut zugesellt, welches bei den Griechen seit den ältesten Zeiten in enger Beziehung zu den Quellen stand. – Von unsern Abbildungen zeigt die eine die Statue des N. mit Dreizack und Delphin; die andere die Büste des N. im Vatican; die dritte, nach einem pompejanischen Wandgemälde, Amymone, von einem Satyr erschreckt, flüchtet in die Arme des am Gestade sitzenden N.


Nereïden, (Gr. M.), die fünfzig schönen, schwarzäugigen Töchter des Nereus und der Doris, in prächtigem Palaste auf dem Meeresgrunde wohnend, und ausgelassen scherzend, wenn sie mit Tritonen und Delphinen auf den Wellen des Oceanus sich schaukeln. – Unser Bild zeigt nach einem antiken Basrelief N. auf Tritonen und Meerungeheuern sitzend; sie scheinen abgeschiedene Seelen durch den Ocean nach dem Sitze der Glückseligen zu bringen.


Nereus (Gr. M.), Sohn des Pontus und der Gäa, ein Meergreis, gleich dem Proteus fähig, sich in jede Gestalt zu verwandeln, vermählte sich mit seiner Schwester Doris, der Tochter des Oceanus, und erzeugte mit ihr fünfzig Töchter, die Nereïden (s. d.). Ein grosser Wahrsager, verkündete er, nachdem es dem Hercules gelungen, ihn zu fesseln, demselben die Mittel, zu den Hesperiden zu gelangen, weissagte auch dem Paris sein Schicksal.


Neria oder Neriene (Alt-ital. M.), Gemahlin des Mars, oder eine bloss allegorische Göttin der Tapferkeit.


Nerim Innuet, Geister bei den Grönländern, von welchen diese glauben, dass sie in den Speisen wohnen. Sie sind böse und reizen die Menschen oft zum Genusse schädlicher Dinge.


Nerthus (German. M.). Tacitus in seiner Germania sagt von einer Gottheit, deren Name nach den jetzt verbesserten Texten N., nicht, wie man sonst gemeinhin annahm, Hertha hiess, Folgendes: »Von den Angeln und einigen andern Stämmen ist nichts Denkwürdiges zu melden, als dass sie insgemein die N., d. i. die Mutter Erde, verehren, und von ihr glauben, dass sie in die menschlichen Dinge eingreife und die Völker besuche. Es steht auf einer Insel im Ocean ein heiliger Hain, und in ihm befindet sich ein geweihter Wagen, mit einem Teppich bedeckt, den nur Ein Priester berühren darf. Dieser nimmt wahr, wenn die Göttin in's Heiligthum eintritt, und begleitet sie andachtsvoll, wenn sie von Kühen gezogen ausfährt. Freudevoll sind dann die Tage, und festlich schmückt sich jeder Ort, den sie ihrer Ankunft und ihres gastlichen Besuches würdigt. Niemand beginnt Krieg oder ergreift die Waffen, bis derselbe Priester die vom Umgang mit den Sterblichen gesättigte Göttin in ihren Tempel zurückführt. Alsdann wird der Wagen und die Gewänder, und (das glaube, wer's vermag!) die Gottheit selbst, in einem verborgenen See gewaschen. Sklaven verrichten dabei den Dienst, die sogleich derselbe See verschlingt. Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Unwissenheit, was es sei, das nur die erblicken, die dem Tode geweiht sind.« Man glaubt allgemein, dass diese Göttin Eins sei mit der nordischen Jörd (s. d.).


Nerupu tirunal, (Ind. M.), das Feuerfest; ein bei den Indiern während der drei ersten Monate ihres Jahres (das um drei Monate später anfängt als das unsere), also während April, Mai oder Juni, gehaltenes Bussfest. Draopadi heirathete die fünf Söhnte des Pandu, welche unter dem Namen der Helden Indiens bekannt waren, und durch die Pandawas, ein grosses Heldengedicht, berühmt geworden sind. Es ist ganz ungewöhnlich, dass eine indische Wittwe sich zum zweiten Male vermählt; sie erfand daher das Mittel, sich vor ihrer zweiten Verheirathung von Allem, was ihr aus erster Ehe anhing, zu reinigen, und wieder in den Stand der Unschuld zurückzukehren, indem sie über einen Haufen glühender Kohlen langsam hinwegging. Zu Ehren dieser Gottestochter feiert man das Fest noch jetzt: diejenigen, welche sich demselben unterwerfen wollen, fasten achtzehn Tage lang und schlafen während dieser Zeit auf blosser Erde


Fig. 235.
ohne Matte, dann bemalen sie sich den Leib mit Safran und gehen, festlich geschmückt, unter klingendem Spiel

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[347/0417] ein Jahr zur Erde verbannt. S. Laomedon, Perseus, Minos, Amphitrite. Als einer der zwölf grossen Götter ist er in die meisten wichtigen Begebenheiten der mythischen Geschichte Griechenlands verwickelt, so wie auch eben desshalb seine Verehrung sehr verbreitet war, und viele der mächtigsten Helden von ihm ihr Geschlecht ableiten. Obgleich übrigens bei den Dichtern und Künstlern die Vorstellung von N. als dem Meergotte vorherrscht, so wird er doch im weitern Sinne als Gott der Gewässer überhaupt, der Flüsse und Quellen gedacht, und ihm daher das Pferd als Attribut zugesellt, welches bei den Griechen seit den ältesten Zeiten in enger Beziehung zu den Quellen stand. – Von unsern Abbildungen zeigt die eine die Statue des N. mit Dreizack und Delphin; die andere die Büste des N. im Vatican; die dritte, nach einem pompejanischen Wandgemälde, Amymone, von einem Satyr erschreckt, flüchtet in die Arme des am Gestade sitzenden N. Nereïden, (Gr. M.), die fünfzig schönen, schwarzäugigen Töchter des Nereus und der Doris, in prächtigem Palaste auf dem Meeresgrunde wohnend, und ausgelassen scherzend, wenn sie mit Tritonen und Delphinen auf den Wellen des Oceanus sich schaukeln. – Unser Bild zeigt nach einem antiken Basrelief N. auf Tritonen und Meerungeheuern sitzend; sie scheinen abgeschiedene Seelen durch den Ocean nach dem Sitze der Glückseligen zu bringen. Nereus (Gr. M.), Sohn des Pontus und der Gäa, ein Meergreis, gleich dem Proteus fähig, sich in jede Gestalt zu verwandeln, vermählte sich mit seiner Schwester Doris, der Tochter des Oceanus, und erzeugte mit ihr fünfzig Töchter, die Nereïden (s. d.). Ein grosser Wahrsager, verkündete er, nachdem es dem Hercules gelungen, ihn zu fesseln, demselben die Mittel, zu den Hesperiden zu gelangen, weissagte auch dem Paris sein Schicksal. Neria oder Neriene (Alt-ital. M.), Gemahlin des Mars, oder eine bloss allegorische Göttin der Tapferkeit. Nerim Innuet, Geister bei den Grönländern, von welchen diese glauben, dass sie in den Speisen wohnen. Sie sind böse und reizen die Menschen oft zum Genusse schädlicher Dinge. Nerthus (German. M.). Tacitus in seiner Germania sagt von einer Gottheit, deren Name nach den jetzt verbesserten Texten N., nicht, wie man sonst gemeinhin annahm, Hertha hiess, Folgendes: »Von den Angeln und einigen andern Stämmen ist nichts Denkwürdiges zu melden, als dass sie insgemein die N., d. i. die Mutter Erde, verehren, und von ihr glauben, dass sie in die menschlichen Dinge eingreife und die Völker besuche. Es steht auf einer Insel im Ocean ein heiliger Hain, und in ihm befindet sich ein geweihter Wagen, mit einem Teppich bedeckt, den nur Ein Priester berühren darf. Dieser nimmt wahr, wenn die Göttin in's Heiligthum eintritt, und begleitet sie andachtsvoll, wenn sie von Kühen gezogen ausfährt. Freudevoll sind dann die Tage, und festlich schmückt sich jeder Ort, den sie ihrer Ankunft und ihres gastlichen Besuches würdigt. Niemand beginnt Krieg oder ergreift die Waffen, bis derselbe Priester die vom Umgang mit den Sterblichen gesättigte Göttin in ihren Tempel zurückführt. Alsdann wird der Wagen und die Gewänder, und (das glaube, wer's vermag!) die Gottheit selbst, in einem verborgenen See gewaschen. Sklaven verrichten dabei den Dienst, die sogleich derselbe See verschlingt. Daher ein geheimes Grauen und eine heilige Unwissenheit, was es sei, das nur die erblicken, die dem Tode geweiht sind.« Man glaubt allgemein, dass diese Göttin Eins sei mit der nordischen Jörd (s. d.). Nerupu tirunal, (Ind. M.), das Feuerfest; ein bei den Indiern während der drei ersten Monate ihres Jahres (das um drei Monate später anfängt als das unsere), also während April, Mai oder Juni, gehaltenes Bussfest. Draopadi heirathete die fünf Söhnte des Pandu, welche unter dem Namen der Helden Indiens bekannt waren, und durch die Pandawas, ein grosses Heldengedicht, berühmt geworden sind. Es ist ganz ungewöhnlich, dass eine indische Wittwe sich zum zweiten Male vermählt; sie erfand daher das Mittel, sich vor ihrer zweiten Verheirathung von Allem, was ihr aus erster Ehe anhing, zu reinigen, und wieder in den Stand der Unschuld zurückzukehren, indem sie über einen Haufen glühender Kohlen langsam hinwegging. Zu Ehren dieser Gottestochter feiert man das Fest noch jetzt: diejenigen, welche sich demselben unterwerfen wollen, fasten achtzehn Tage lang und schlafen während dieser Zeit auf blosser Erde [Abbildung Fig. 235. ] ohne Matte, dann bemalen sie sich den Leib mit Safran und gehen, festlich geschmückt, unter klingendem Spiel

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/417>, abgerufen am 21.11.2024.