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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Baku (Pers. M.), ein alter, berühmter Held in Iran, nach welchem, um das Andenken an seine Thaten zu bewahren, die Stadt B. am caspischen Meere benannt ist.


Balacho (Ind. M.). Der Weise Schigemuni hatte 500 Schüler ausgesandt, um die Welt zu bekehren; die bösen Geister aber, welche fürchteten, dass die Welt entsündigt werden würde, hatten die Gestalt reizender Peri's, lieblicher Mädchen, angenommen, und so alle die Abgesandten des Weisen verführt. Schigemuni sah diess in seiner weit blickenden Weisheit, bekehrte die Gefallenen, und um sie zurückzuführen, verwandelte er sich in ein ungeheures Pferd Namens B., auf welchem sie alle Platz hatten. Leider war bei vielen derselben die Frömmigkeit nicht tief genug in's Herz gedrungen, sie sahen sich bekümmert nach den verlassenen Geliebten um, und alsbald waren sie, vom Rücken des Pferdes verschwunden, in die Krallen der bösen Dämonen gestürzt. Die Lama-Geistlichen, denen diese Fabel gleichfalls bekannt ist, essen desshalb kein Pferdefleisch, welches in Tübet und der Tatarei ein allgemeines Nahrungsmittel ist.


Bala Naels (M. der Karaiben.), die Europäer, von den Karaiben "Meermänner" genannt. Sie werden für Geschöpfe böser Meergeister gehalten, welche, ganz so wie sie sind, aus der Tiefe der See emporsteigen, auch gleich die fertigen Schiffe als Wohnung bei sich haben.


Balapatren (Ind. M.), ein Avater des Wischnu, lebte als Büssender, selbst nicht wissend, dass er der Gott Wischnu sei, suchte die Menschen zum Guten und zur Verehrung der Götter zu lenken, und vernichtete die Riesen, z. B. den Wrutarassuram, welchen er mit einer Pflugschaar zerschnitt. Andere indische Schriftsteller nennen ihn auch Bala Rama.


Bala-Rama oder Balabhadra-Rama (Ind. M.), Sohn des Wasudewa und der Schäferin Rogani, Stiefbruder der Krischna; nach Einigen eine Verkörperung der Weltschlange Addisseschen, nach Anderen eine Verkörperung des Wischnu selbst, in welchem Falle er einerlei mit Balapatren ist. Er war ein Freund Krischna's aber auch des Duryodun, Haupt der Kuru's, wesshalb er sich Mühe gab, den Krieg zwischen beiden zu verhindern. Weil er einen Braminen erschlug, musste er zur Büssung eine lange Pilgerschaft beginnen, während welcher er seine Thaten vollführte. Unterdessen begann der verderbliche Krieg zwischen seinen Freunden, an dem er jedoch auch nach seiner Rückkehr keinen Theil nahm. Aus dem Untergange des ganzen Geschlechts der Gadawer sah er sein und Krischna's Ende vorher und zog sich in die Einsamkeit zurück, wo ihn dann die angenommene Menschengestalt verliess und er lebend zum Paradiese aufflog.


Fig. 54.

Baldur, Fig. 54 (Nord. M.), Sohn des Odin und der Frigga, hochgeehrt als der schönste und gütigste der Asen; seine Schönheit ist so ausserordentlich, dass ihn stets leuchtendes Feuer umstrahlt, dass sein Haupt wie die Sonne erglänzt. Er war voll Beredtsamkeit und so gerecht, dass ein Urtheil, welches er aussprach, nicht mehr geändert werden konnte; dabei war er tapfer und furchtlos, doch beunruhigten ihn zu einer Zeit sehr ängstliche Träume, wesshalb seine Mutter alle Dinge der Welt schwören liess, B.n nicht zu schaden. Diess war auf Odins Rath geschehen, denn besorgt um seinen Sohn, hatte er einen Ritt nach der Unterwelt gemacht, um die Nornen der Träume wegen zu befragen, und diese hatten ausgesagt, das Schicksal habe B.s Untergang beschlossen, worauf Odin hoffte, durch obigen Rath demselben zu begegnen; allein dem Schicksal unterliegen selbst die Götter, uns so konnte auch B. demselben so wenig entgehen, als Odin ihm entgehen wird. Von Frigga waren unter Anderem alle Pflanzen in Eid genommen, nur der junge zarte Baumspross Misteltein schien der Göttin noch zu schwach und zu unbedeutend, um ihn einen so ernsten Schwur ablegen zu lassen: Loke (s. d.) hatte der Götter-Königin diess Geheimniss entlockt, indem er in der Gestalt eines alten Weibes sie treuherzig machte; auf seine Veranstaltung wuchs der Baum schnell empor, und als einstmals, seiner Unverletzlichkeit sich bewusst, B. den Asen ein Fest gab, bei welchem sie nach ihm schossen, hieben, mit Steinen und Lanzen warfen, ohne dass ihm dieses schadete, mischte sich Loke unter die Spielenden, gab dem blinden, überaus starken Hödur, Bruder B.s, den ausgerissenen Misteltein, lenkte seinen Arm dahin, wo B. stand, und dieser fiel durchbohrt zu Boden. Jetzt war seine Wohnung Breidablik ein Aufenthalt der tiefesten Trauer; die Götter vermochten nicht einmal Rache zu nehmen an dem schändlichen Loke, denn der Aufenthalt in Asgard war eine so heilige Freistätte, dass sie selbst den grossen Verbrecher schützte, doch ward er aus ihrer Versammlung gebannt. - Um dem jungen Gotte die letzte Ehre zu erweisen, wollte man ihn auf seinem Schiffe, dem schönsten, das je erbaut worden, dem glänzenden Ringhorn, verbrennen; allein ehe die Götter dazu schritten, sollte ihre Trauer noch vermehrt werden, indem die liebliche Nanna, B.s Gattin, vor Gram über den Geliebten Verlust plötzlich starb. Es wurden nun auf dem Schiffe zwei Scheiterhaufen errichtet, und die Leichen der Liebenden darauf gelegt; dann wollte man das Schiff in's Meer schieben, und es, von allen Seiten angezündet, den Wogen überlassen; allein es war nicht von der Stelle zu bewegen, obwohl Thor Rollen und Hebel unter dasselbe gesetzt hatte; in dieser Verlegenheit sandten die Asen nach der Riesin Hyrokian, welche eine grosse Zauberin war; sie kam auf einem Wolfe angeritten, welchen vier

Baku (Pers. M.), ein alter, berühmter Held in Iran, nach welchem, um das Andenken an seine Thaten zu bewahren, die Stadt B. am caspischen Meere benannt ist.


Balacho (Ind. M.). Der Weise Schigemuni hatte 500 Schüler ausgesandt, um die Welt zu bekehren; die bösen Geister aber, welche fürchteten, dass die Welt entsündigt werden würde, hatten die Gestalt reizender Peri's, lieblicher Mädchen, angenommen, und so alle die Abgesandten des Weisen verführt. Schigemuni sah diess in seiner weit blickenden Weisheit, bekehrte die Gefallenen, und um sie zurückzuführen, verwandelte er sich in ein ungeheures Pferd Namens B., auf welchem sie alle Platz hatten. Leider war bei vielen derselben die Frömmigkeit nicht tief genug in's Herz gedrungen, sie sahen sich bekümmert nach den verlassenen Geliebten um, und alsbald waren sie, vom Rücken des Pferdes verschwunden, in die Krallen der bösen Dämonen gestürzt. Die Lama-Geistlichen, denen diese Fabel gleichfalls bekannt ist, essen desshalb kein Pferdefleisch, welches in Tübet und der Tatarei ein allgemeines Nahrungsmittel ist.


Bala Naels (M. der Karaiben.), die Europäer, von den Karaiben »Meermänner« genannt. Sie werden für Geschöpfe böser Meergeister gehalten, welche, ganz so wie sie sind, aus der Tiefe der See emporsteigen, auch gleich die fertigen Schiffe als Wohnung bei sich haben.


Balapatren (Ind. M.), ein Avater des Wischnu, lebte als Büssender, selbst nicht wissend, dass er der Gott Wischnu sei, suchte die Menschen zum Guten und zur Verehrung der Götter zu lenken, und vernichtete die Riesen, z. B. den Wrutarassuram, welchen er mit einer Pflugschaar zerschnitt. Andere indische Schriftsteller nennen ihn auch Bala Rama.


Bala-Rama oder Balabhadra-Rama (Ind. M.), Sohn des Wasudewa und der Schäferin Rogani, Stiefbruder der Krischna; nach Einigen eine Verkörperung der Weltschlange Addisseschen, nach Anderen eine Verkörperung des Wischnu selbst, in welchem Falle er einerlei mit Balapatren ist. Er war ein Freund Krischna's aber auch des Duryodun, Haupt der Kuru's, wesshalb er sich Mühe gab, den Krieg zwischen beiden zu verhindern. Weil er einen Braminen erschlug, musste er zur Büssung eine lange Pilgerschaft beginnen, während welcher er seine Thaten vollführte. Unterdessen begann der verderbliche Krieg zwischen seinen Freunden, an dem er jedoch auch nach seiner Rückkehr keinen Theil nahm. Aus dem Untergange des ganzen Geschlechts der Gadawer sah er sein und Krischna's Ende vorher und zog sich in die Einsamkeit zurück, wo ihn dann die angenommene Menschengestalt verliess und er lebend zum Paradiese aufflog.


Fig. 54.

Baldur, Fig. 54 (Nord. M.), Sohn des Odin und der Frigga, hochgeehrt als der schönste und gütigste der Asen; seine Schönheit ist so ausserordentlich, dass ihn stets leuchtendes Feuer umstrahlt, dass sein Haupt wie die Sonne erglänzt. Er war voll Beredtsamkeit und so gerecht, dass ein Urtheil, welches er aussprach, nicht mehr geändert werden konnte; dabei war er tapfer und furchtlos, doch beunruhigten ihn zu einer Zeit sehr ängstliche Träume, wesshalb seine Mutter alle Dinge der Welt schwören liess, B.n nicht zu schaden. Diess war auf Odins Rath geschehen, denn besorgt um seinen Sohn, hatte er einen Ritt nach der Unterwelt gemacht, um die Nornen der Träume wegen zu befragen, und diese hatten ausgesagt, das Schicksal habe B.s Untergang beschlossen, worauf Odin hoffte, durch obigen Rath demselben zu begegnen; allein dem Schicksal unterliegen selbst die Götter, uns so konnte auch B. demselben so wenig entgehen, als Odin ihm entgehen wird. Von Frigga waren unter Anderem alle Pflanzen in Eid genommen, nur der junge zarte Baumspross Misteltein schien der Göttin noch zu schwach und zu unbedeutend, um ihn einen so ernsten Schwur ablegen zu lassen: Loke (s. d.) hatte der Götter-Königin diess Geheimniss entlockt, indem er in der Gestalt eines alten Weibes sie treuherzig machte; auf seine Veranstaltung wuchs der Baum schnell empor, und als einstmals, seiner Unverletzlichkeit sich bewusst, B. den Asen ein Fest gab, bei welchem sie nach ihm schossen, hieben, mit Steinen und Lanzen warfen, ohne dass ihm dieses schadete, mischte sich Loke unter die Spielenden, gab dem blinden, überaus starken Hödur, Bruder B.s, den ausgerissenen Misteltein, lenkte seinen Arm dahin, wo B. stand, und dieser fiel durchbohrt zu Boden. Jetzt war seine Wohnung Breidablik ein Aufenthalt der tiefesten Trauer; die Götter vermochten nicht einmal Rache zu nehmen an dem schändlichen Loke, denn der Aufenthalt in Asgard war eine so heilige Freistätte, dass sie selbst den grossen Verbrecher schützte, doch ward er aus ihrer Versammlung gebannt. – Um dem jungen Gotte die letzte Ehre zu erweisen, wollte man ihn auf seinem Schiffe, dem schönsten, das je erbaut worden, dem glänzenden Ringhorn, verbrennen; allein ehe die Götter dazu schritten, sollte ihre Trauer noch vermehrt werden, indem die liebliche Nanna, B.s Gattin, vor Gram über den Geliebten Verlust plötzlich starb. Es wurden nun auf dem Schiffe zwei Scheiterhaufen errichtet, und die Leichen der Liebenden darauf gelegt; dann wollte man das Schiff in's Meer schieben, und es, von allen Seiten angezündet, den Wogen überlassen; allein es war nicht von der Stelle zu bewegen, obwohl Thor Rollen und Hebel unter dasselbe gesetzt hatte; in dieser Verlegenheit sandten die Asen nach der Riesin Hyrokian, welche eine grosse Zauberin war; sie kam auf einem Wolfe angeritten, welchen vier

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[95/0165] Baku (Pers. M.), ein alter, berühmter Held in Iran, nach welchem, um das Andenken an seine Thaten zu bewahren, die Stadt B. am caspischen Meere benannt ist. Balacho (Ind. M.). Der Weise Schigemuni hatte 500 Schüler ausgesandt, um die Welt zu bekehren; die bösen Geister aber, welche fürchteten, dass die Welt entsündigt werden würde, hatten die Gestalt reizender Peri's, lieblicher Mädchen, angenommen, und so alle die Abgesandten des Weisen verführt. Schigemuni sah diess in seiner weit blickenden Weisheit, bekehrte die Gefallenen, und um sie zurückzuführen, verwandelte er sich in ein ungeheures Pferd Namens B., auf welchem sie alle Platz hatten. Leider war bei vielen derselben die Frömmigkeit nicht tief genug in's Herz gedrungen, sie sahen sich bekümmert nach den verlassenen Geliebten um, und alsbald waren sie, vom Rücken des Pferdes verschwunden, in die Krallen der bösen Dämonen gestürzt. Die Lama-Geistlichen, denen diese Fabel gleichfalls bekannt ist, essen desshalb kein Pferdefleisch, welches in Tübet und der Tatarei ein allgemeines Nahrungsmittel ist. Bala Naels (M. der Karaiben.), die Europäer, von den Karaiben »Meermänner« genannt. Sie werden für Geschöpfe böser Meergeister gehalten, welche, ganz so wie sie sind, aus der Tiefe der See emporsteigen, auch gleich die fertigen Schiffe als Wohnung bei sich haben. Balapatren (Ind. M.), ein Avater des Wischnu, lebte als Büssender, selbst nicht wissend, dass er der Gott Wischnu sei, suchte die Menschen zum Guten und zur Verehrung der Götter zu lenken, und vernichtete die Riesen, z. B. den Wrutarassuram, welchen er mit einer Pflugschaar zerschnitt. Andere indische Schriftsteller nennen ihn auch Bala Rama. Bala-Rama oder Balabhadra-Rama (Ind. M.), Sohn des Wasudewa und der Schäferin Rogani, Stiefbruder der Krischna; nach Einigen eine Verkörperung der Weltschlange Addisseschen, nach Anderen eine Verkörperung des Wischnu selbst, in welchem Falle er einerlei mit Balapatren ist. Er war ein Freund Krischna's aber auch des Duryodun, Haupt der Kuru's, wesshalb er sich Mühe gab, den Krieg zwischen beiden zu verhindern. Weil er einen Braminen erschlug, musste er zur Büssung eine lange Pilgerschaft beginnen, während welcher er seine Thaten vollführte. Unterdessen begann der verderbliche Krieg zwischen seinen Freunden, an dem er jedoch auch nach seiner Rückkehr keinen Theil nahm. Aus dem Untergange des ganzen Geschlechts der Gadawer sah er sein und Krischna's Ende vorher und zog sich in die Einsamkeit zurück, wo ihn dann die angenommene Menschengestalt verliess und er lebend zum Paradiese aufflog. [Abbildung Fig. 54. ] Baldur, Fig. 54 (Nord. M.), Sohn des Odin und der Frigga, hochgeehrt als der schönste und gütigste der Asen; seine Schönheit ist so ausserordentlich, dass ihn stets leuchtendes Feuer umstrahlt, dass sein Haupt wie die Sonne erglänzt. Er war voll Beredtsamkeit und so gerecht, dass ein Urtheil, welches er aussprach, nicht mehr geändert werden konnte; dabei war er tapfer und furchtlos, doch beunruhigten ihn zu einer Zeit sehr ängstliche Träume, wesshalb seine Mutter alle Dinge der Welt schwören liess, B.n nicht zu schaden. Diess war auf Odins Rath geschehen, denn besorgt um seinen Sohn, hatte er einen Ritt nach der Unterwelt gemacht, um die Nornen der Träume wegen zu befragen, und diese hatten ausgesagt, das Schicksal habe B.s Untergang beschlossen, worauf Odin hoffte, durch obigen Rath demselben zu begegnen; allein dem Schicksal unterliegen selbst die Götter, uns so konnte auch B. demselben so wenig entgehen, als Odin ihm entgehen wird. Von Frigga waren unter Anderem alle Pflanzen in Eid genommen, nur der junge zarte Baumspross Misteltein schien der Göttin noch zu schwach und zu unbedeutend, um ihn einen so ernsten Schwur ablegen zu lassen: Loke (s. d.) hatte der Götter-Königin diess Geheimniss entlockt, indem er in der Gestalt eines alten Weibes sie treuherzig machte; auf seine Veranstaltung wuchs der Baum schnell empor, und als einstmals, seiner Unverletzlichkeit sich bewusst, B. den Asen ein Fest gab, bei welchem sie nach ihm schossen, hieben, mit Steinen und Lanzen warfen, ohne dass ihm dieses schadete, mischte sich Loke unter die Spielenden, gab dem blinden, überaus starken Hödur, Bruder B.s, den ausgerissenen Misteltein, lenkte seinen Arm dahin, wo B. stand, und dieser fiel durchbohrt zu Boden. Jetzt war seine Wohnung Breidablik ein Aufenthalt der tiefesten Trauer; die Götter vermochten nicht einmal Rache zu nehmen an dem schändlichen Loke, denn der Aufenthalt in Asgard war eine so heilige Freistätte, dass sie selbst den grossen Verbrecher schützte, doch ward er aus ihrer Versammlung gebannt. – Um dem jungen Gotte die letzte Ehre zu erweisen, wollte man ihn auf seinem Schiffe, dem schönsten, das je erbaut worden, dem glänzenden Ringhorn, verbrennen; allein ehe die Götter dazu schritten, sollte ihre Trauer noch vermehrt werden, indem die liebliche Nanna, B.s Gattin, vor Gram über den Geliebten Verlust plötzlich starb. Es wurden nun auf dem Schiffe zwei Scheiterhaufen errichtet, und die Leichen der Liebenden darauf gelegt; dann wollte man das Schiff in's Meer schieben, und es, von allen Seiten angezündet, den Wogen überlassen; allein es war nicht von der Stelle zu bewegen, obwohl Thor Rollen und Hebel unter dasselbe gesetzt hatte; in dieser Verlegenheit sandten die Asen nach der Riesin Hyrokian, welche eine grosse Zauberin war; sie kam auf einem Wolfe angeritten, welchen vier

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/165>, abgerufen am 21.11.2024.