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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Blutbefehl vollziehen, als sein Vater das Schwert, welches Aegisthus trug, für das seine erkannte und ihn frug, wie er dazu gekommen? So löste sich das entsetzliche Geheimniss, und Thyestes erfuhr, dass seine eigene Tochter Mutter durch ihn geworden. Es war das Unglückskind, welches vom Orakel zu seinem Rächer bestimmt worden war. Pelopia, schaudernd vor dem Verbrechen, welches sie begangen, stiess sich das ihrem Vater geraubte Schwert in die Brust. Thyestes entdeckte seinem Sohne, was A. gethan, und beschwur ihn, an dem Unmenschen und seinen Kindern die begangenen Frevel zu rächen, worauf Aegisthus mit dem vom Blute seiner Mutter rauchenden Schwerte den A. erstach, als er am Meeresufer opferte. Aerope war, bevor sie As. Gattin wurde, entweder die Frau seines eigenen Sohnes Plisthenes, so dass sie ihre zwei Söhne von diesem, Agamemnon und Menelaus, dem A. schon zubrachte, oder sie empfing jene Sühne erst von A. Jedenfalls werden sie immer Artiden genannt.


Atridr (Nord. M.), Beiname des obersten der Asengötter, des Odin.


Atromus (Gr. M.), Sohn des Hercules von Stratonice, einer der fünfzig Töchter des Thespius.


Atropos (Gr. M.), "die Unwandelbare"; eine der Parcen, und zwar diejenige, welche den von den beiden andern Schwestern, Clotho und Lachesis, gesponnenen Faden unerbittlich abschneidet, sobald das Schicksal befiehlt, die eigentlich Todbringende. Sie wird gewöhnlich als ein alles Mütterchen mit einer Scheere abgebildet, doch hat die heitere griechische Kunst auch diesem Gegenstande eine schöne Seite abzugewinnen gewusst. S. Parcen.


Attabeira (M. der Antillenvölker). Die alten Haytibewohner verehrten A. als die Mutter des allmächtigen, unsichtbaren Wesens. Ihre Diener waren Schutzgeister der Jahreszeiten, der Jagd, Gesundheit, Fischerei etc. Die Gottheit selbst aber hatte keinen eigenen Cultus.


Atterien (Ind. M.), einer jener Altväter, welche Brama und sein Sohn gemeinschaftlich geschaffen haben. Er lebte in heiliger Betrachtung inmitten eines düstern Waldes, bloss von Luft; diess machte ihn des Umganges der Götter werth, und er bat sie, sich ihm zu offenbaren, worauf eine solche hohe Flamme aus seinem Haupte stieg, dass die Götter erschracken und zu Wischnu, Brama und Schiwa flohen, welche sich vor die Flüchtlinge stellten, dem heiligen Büsser entgegen tretend. Letzterer warf sich vor ihnen nieder und sagte, dass er nur ein höchstes Wesen anerkenne, sie möchten ihm also verkündigen, wer von ihnen der Erste sei. Sie sagten ihm, dass es unter ihnen keinen Unterschied gebe, dass sie alle nur verschiedene Gestalten desselben Gottes seien, und dass ihrer einen verehren, alle verehren heisse. Sie versprachen ihm hierauf Kinder, und Wischnu beschattete des A. Gattin, ihr den Tibaterien; Brama, ihr den Schandra, und Schiwa, ihr den Duruwassen schenkend, welche ihrer Väter Eigenschaften hatten, und von denen alle Genien abstammen.


Attes oder Atys (Kleinas. M.), Sohn der Nana, der Tochter des Flussgottes Sangarius in Phrygien, die ihn, befruchtet durch die Früchte eines gewissen Mandelbaums (s. Agdistis), gebar; ausgesetzt, von einem Bocke gepflegt, von Hirten erzogen und der Cybele als Priester geweiht, unter der Bedingung immerwährender Keuschheit. Als er diese verletzt hatte, wurde er von der Göttin in Wahnsinn versetzt und entmannte sich selbst. Als er darauf sich entleiben wollte, verwandelte ihn die Göttin in eine Fichte, die ihr heilig blieb, und verordnete, dass zu seinem Andenken ihre Priester Eunuchen sein sollten. Dem A. wurde jährlich im Frühlingsanfang ein grosses Fest gefeiert, an dessen erstem Tage (dem Trauerfeste) man eine Pinie umhieb, welche sein Bild trug; sie wurde in den Tempel der Cybele gebracht, man bezeichnete diesen Tag mit dem Namen "arbor intrat". Der zweite ward unter rauschender Hornmusik hingebracht; am dritten suchten die Priester, unter lärmenden Gesängen und bacchantischer Raserei, in den Wäldern umherirrend, sich selbst Wunden beibringend, ja sich entmannend, den A. mit brennenden Fackeln, bis er am Abend gefunden war; wilde Tänze der bewaffneten Priester endeten die seltsame Feier. Nach den Angaben Anderer wurde A. seiner Schönheit wegen von einem phrygischen Könige verfolgt bis in den Hain der Göttin; hier, durch die Nähe derselben ermuthigt, bestand er einen Kampf mit dem Verfolger, und um ihn zu strafen, machte er ihn unfähig, ferner noch Jemand zu schaden; doch der schwer Verwundete hatte noch Kräfte genug, sich auf gleiche Weise zu rächen. - Diess Alles scheint nur darauf berechnet, durch irgend eine Erfindung, wie sie auch sei, die Sitte der Selbstentmannung zu erklären, welche die Priester der Cybele fortwährend übten.


Atthis (Gr. M.), Tochter des reichen und mächtigen Atheners Cranaus, welcher nach Cecrops' Tode König von Athen wurde. Ihre Mutter war Pedias, Tochter des Menys von Lacedämon; sie gebar ihrem Gatten noch zwei Töchter, Cranae und Cranächme, A. aber war ihm die geliebteste, und da sie unvermählt starb, gab er seinem ganzen Reiche den Namen A.


Attius oder Attus Nävius, s. Nävius.


Attusch Kutta (Pers. M.), brennende Naphta-Quellen, welche, mit Tempeln überbaut, den Parsis oder Feueranbetern als heilige Orte ihres Gottesdienstes gelten.


Atymnius (Gr. M.), 1) Sohn des Amisodarus, Königs in Lycien, welcher die von Echidna und Typhon erzeugte Chimära erzog. Er zog den belagerten Trojanern zu Hülfe, ward aber von Antilochus schwer verwundet und blieb, nebst seinem Bruder Maris, auf dem Schlachtfelde. - 2) A., Sohn des Jupiter von der schönen Cassiopeja, einer Tochter des Arabus und Gemahlin des Phönix, welchen Letztern Einige auch den Vater dieses A. nennen. Er soll ein Geliebter des Sarpedon, Sohnes des Jupiter und der Europa, gewesen sein. - 3) A., ein Abkömmling des Tithonus und der Aurora, indem sein Vater Emathion, König in Arabien, dieses Götterpaares Sohn war. Emathion liebte die Nymphe Pedasis, und die Frucht dieser Neigung war A.


Atys (Gr. M.), 1) s. Attes. - 2) A., ein Trojaner, der noch als Knabe Troja mit Aeneas verliess und diesen auf seinen Zügen begleitete. Virgil nennt bei Gelegenheit der Kampfspiele, welche Aeneas auf Sicilien hielt, ihn und seine Nachkommen, die Atier, und man glaubt, es sei diess desshalb geschehen, weil des Augustus Mutter, Atia, aus diesem Geschlechte war. Die Atier wohnten in Aricia in Latium, am Fusse des albanischen Berges, vier Meilen von Rom, an der appischen Strasse. Jetzt heisst die Stadt Riccia.


Atz hiegadze (M. der Lappländer), Schutzgeist der Rennthiere und Beschützer gegen Feinde, einer ihrer ältesten und grössten Götter, ein Diener der Allmacht, welcher den Donner personificirt, und als solcher Toraturos bodne, Donner des Himmels, heisst. Er kämpfte gegen die Feinde der Lappen, kehrte aber, wenn er diesen nicht schaden konnte, seinen Blitz gegen den Zauberer, der ihn beschworen. Ihm wurden so reiche Opfer gebracht dass die Lappen dadurch verarmten.


Audros. Die heidnischen Polen und Schlesier verehrten ihn als einen Gott des Wassers, der Flüsse und des Meeres.


Audumla oder Audumbla (Nord. M.), eine Kuh, die entstand, als das Eis in Ginnungagap, dem nordischen Chaos, nach der Erschaffung der Welt auftaute. Diese A. beleckte die salzigen Eisfelsen, und leckte dadurch den ersten Gott Bur hervor; dieser erzeugte den Bör, welcher Odins Vater war. Diese Abstammung zeigt deutlich, dass die Asen keine selbstständigen, unendlichen Götter sind, wie sie denn auch altern, und nur durch Iduna's verjüngende Aepfel bei dauernder Jugendblüthe zu erhalten sind, und ihnen bestimmt ist, in der grossen Nacht unterzugehen, wie alle erschaffene Wesen.


Audur (Nord. M.), Sohn der dunkeln Not (die Nacht) und des Naglfari (Luft oder Aether). Es ist unbekannt, in welcher Beziehung sein Name Audur (Stoff, Vorrath) zu der Lehre von der Weltschöpfung steht.


Auge (Gr. M.), Tochter des Königs zu Tegea in Arcadien, Aleus, und der Neära, war eine Priesterin der Minerva, doch schützte die Göttin sie nicht vor der siegenden Gewalt des Hercules; dieser, von einem Feldzuge gegen die Söhne des Hippocoon zurückkehrend, verweilte bei Aleus und liess A., als er weiter nach Calydon zog, schwanger zurück. Ihr Vater, erzürnt, glaubte nicht, dass Hercules ihr Gewalt angethan, und übergab sie seinem freunde Nauplius, damit er sie in's Meer werfe. Das schöne Weib erregte des Letzteren Mitleid, so dass er sie dem Könige Teuthras in Mysien brachte, der sie an Kindes Statt annahm. Vorher aber, auf der Landreise

Blutbefehl vollziehen, als sein Vater das Schwert, welches Aegisthus trug, für das seine erkannte und ihn frug, wie er dazu gekommen? So löste sich das entsetzliche Geheimniss, und Thyestes erfuhr, dass seine eigene Tochter Mutter durch ihn geworden. Es war das Unglückskind, welches vom Orakel zu seinem Rächer bestimmt worden war. Pelopia, schaudernd vor dem Verbrechen, welches sie begangen, stiess sich das ihrem Vater geraubte Schwert in die Brust. Thyestes entdeckte seinem Sohne, was A. gethan, und beschwur ihn, an dem Unmenschen und seinen Kindern die begangenen Frevel zu rächen, worauf Aegisthus mit dem vom Blute seiner Mutter rauchenden Schwerte den A. erstach, als er am Meeresufer opferte. Aërope war, bevor sie As. Gattin wurde, entweder die Frau seines eigenen Sohnes Plisthenes, so dass sie ihre zwei Söhne von diesem, Agamemnon und Menelaus, dem A. schon zubrachte, oder sie empfing jene Sühne erst von A. Jedenfalls werden sie immer Artiden genannt.


Atridr (Nord. M.), Beiname des obersten der Asengötter, des Odin.


Atromus (Gr. M.), Sohn des Hercules von Stratonice, einer der fünfzig Töchter des Thespius.


Atropos (Gr. M.), »die Unwandelbare«; eine der Parcen, und zwar diejenige, welche den von den beiden andern Schwestern, Clotho und Lachesis, gesponnenen Faden unerbittlich abschneidet, sobald das Schicksal befiehlt, die eigentlich Todbringende. Sie wird gewöhnlich als ein alles Mütterchen mit einer Scheere abgebildet, doch hat die heitere griechische Kunst auch diesem Gegenstande eine schöne Seite abzugewinnen gewusst. S. Parcen.


Attabeira (M. der Antillenvölker). Die alten Haytibewohner verehrten A. als die Mutter des allmächtigen, unsichtbaren Wesens. Ihre Diener waren Schutzgeister der Jahreszeiten, der Jagd, Gesundheit, Fischerei etc. Die Gottheit selbst aber hatte keinen eigenen Cultus.


Atterien (Ind. M.), einer jener Altväter, welche Brama und sein Sohn gemeinschaftlich geschaffen haben. Er lebte in heiliger Betrachtung inmitten eines düstern Waldes, bloss von Luft; diess machte ihn des Umganges der Götter werth, und er bat sie, sich ihm zu offenbaren, worauf eine solche hohe Flamme aus seinem Haupte stieg, dass die Götter erschracken und zu Wischnu, Brama und Schiwa flohen, welche sich vor die Flüchtlinge stellten, dem heiligen Büsser entgegen tretend. Letzterer warf sich vor ihnen nieder und sagte, dass er nur ein höchstes Wesen anerkenne, sie möchten ihm also verkündigen, wer von ihnen der Erste sei. Sie sagten ihm, dass es unter ihnen keinen Unterschied gebe, dass sie alle nur verschiedene Gestalten desselben Gottes seien, und dass ihrer einen verehren, alle verehren heisse. Sie versprachen ihm hierauf Kinder, und Wischnu beschattete des A. Gattin, ihr den Tibaterien; Brama, ihr den Schandra, und Schiwa, ihr den Duruwassen schenkend, welche ihrer Väter Eigenschaften hatten, und von denen alle Genien abstammen.


Attes oder Atys (Kleinas. M.), Sohn der Nana, der Tochter des Flussgottes Sangarius in Phrygien, die ihn, befruchtet durch die Früchte eines gewissen Mandelbaums (s. Agdistis), gebar; ausgesetzt, von einem Bocke gepflegt, von Hirten erzogen und der Cybele als Priester geweiht, unter der Bedingung immerwährender Keuschheit. Als er diese verletzt hatte, wurde er von der Göttin in Wahnsinn versetzt und entmannte sich selbst. Als er darauf sich entleiben wollte, verwandelte ihn die Göttin in eine Fichte, die ihr heilig blieb, und verordnete, dass zu seinem Andenken ihre Priester Eunuchen sein sollten. Dem A. wurde jährlich im Frühlingsanfang ein grosses Fest gefeiert, an dessen erstem Tage (dem Trauerfeste) man eine Pinie umhieb, welche sein Bild trug; sie wurde in den Tempel der Cybele gebracht, man bezeichnete diesen Tag mit dem Namen »arbor intrat«. Der zweite ward unter rauschender Hornmusik hingebracht; am dritten suchten die Priester, unter lärmenden Gesängen und bacchantischer Raserei, in den Wäldern umherirrend, sich selbst Wunden beibringend, ja sich entmannend, den A. mit brennenden Fackeln, bis er am Abend gefunden war; wilde Tänze der bewaffneten Priester endeten die seltsame Feier. Nach den Angaben Anderer wurde A. seiner Schönheit wegen von einem phrygischen Könige verfolgt bis in den Hain der Göttin; hier, durch die Nähe derselben ermuthigt, bestand er einen Kampf mit dem Verfolger, und um ihn zu strafen, machte er ihn unfähig, ferner noch Jemand zu schaden; doch der schwer Verwundete hatte noch Kräfte genug, sich auf gleiche Weise zu rächen. – Diess Alles scheint nur darauf berechnet, durch irgend eine Erfindung, wie sie auch sei, die Sitte der Selbstentmannung zu erklären, welche die Priester der Cybele fortwährend übten.


Atthis (Gr. M.), Tochter des reichen und mächtigen Atheners Cranaus, welcher nach Cecrops' Tode König von Athen wurde. Ihre Mutter war Pedias, Tochter des Menys von Lacedämon; sie gebar ihrem Gatten noch zwei Töchter, Cranaë und Cranächme, A. aber war ihm die geliebteste, und da sie unvermählt starb, gab er seinem ganzen Reiche den Namen A.


Attius oder Attus Nävius, s. Nävius.


Attusch Kutta (Pers. M.), brennende Naphta-Quellen, welche, mit Tempeln überbaut, den Parsis oder Feueranbetern als heilige Orte ihres Gottesdienstes gelten.


Atymnius (Gr. M.), 1) Sohn des Amisodarus, Königs in Lycien, welcher die von Echidna und Typhon erzeugte Chimära erzog. Er zog den belagerten Trojanern zu Hülfe, ward aber von Antilochus schwer verwundet und blieb, nebst seinem Bruder Maris, auf dem Schlachtfelde. – 2) A., Sohn des Jupiter von der schönen Cassiopeja, einer Tochter des Arabus und Gemahlin des Phönix, welchen Letztern Einige auch den Vater dieses A. nennen. Er soll ein Geliebter des Sarpedon, Sohnes des Jupiter und der Europa, gewesen sein. – 3) A., ein Abkömmling des Tithonus und der Aurora, indem sein Vater Emathion, König in Arabien, dieses Götterpaares Sohn war. Emathion liebte die Nymphe Pedasis, und die Frucht dieser Neigung war A.


Atys (Gr. M.), 1) s. Attes. – 2) A., ein Trojaner, der noch als Knabe Troja mit Aeneas verliess und diesen auf seinen Zügen begleitete. Virgil nennt bei Gelegenheit der Kampfspiele, welche Aeneas auf Sicilien hielt, ihn und seine Nachkommen, die Atier, und man glaubt, es sei diess desshalb geschehen, weil des Augustus Mutter, Atia, aus diesem Geschlechte war. Die Atier wohnten in Aricia in Latium, am Fusse des albanischen Berges, vier Meilen von Rom, an der appischen Strasse. Jetzt heisst die Stadt Riccia.


Atz hiegadze (M. der Lappländer), Schutzgeist der Rennthiere und Beschützer gegen Feinde, einer ihrer ältesten und grössten Götter, ein Diener der Allmacht, welcher den Donner personificirt, und als solcher Toraturos bodne, Donner des Himmels, heisst. Er kämpfte gegen die Feinde der Lappen, kehrte aber, wenn er diesen nicht schaden konnte, seinen Blitz gegen den Zauberer, der ihn beschworen. Ihm wurden so reiche Opfer gebracht dass die Lappen dadurch verarmten.


Audros. Die heidnischen Polen und Schlesier verehrten ihn als einen Gott des Wassers, der Flüsse und des Meeres.


Audumla oder Audumbla (Nord. M.), eine Kuh, die entstand, als das Eis in Ginnungagap, dem nordischen Chaos, nach der Erschaffung der Welt auftaute. Diese A. beleckte die salzigen Eisfelsen, und leckte dadurch den ersten Gott Bur hervor; dieser erzeugte den Bör, welcher Odins Vater war. Diese Abstammung zeigt deutlich, dass die Asen keine selbstständigen, unendlichen Götter sind, wie sie denn auch altern, und nur durch Iduna's verjüngende Aepfel bei dauernder Jugendblüthe zu erhalten sind, und ihnen bestimmt ist, in der grossen Nacht unterzugehen, wie alle erschaffene Wesen.


Audur (Nord. M.), Sohn der dunkeln Not (die Nacht) und des Naglfari (Luft oder Aether). Es ist unbekannt, in welcher Beziehung sein Name Audur (Stoff, Vorrath) zu der Lehre von der Weltschöpfung steht.


Auge (Gr. M.), Tochter des Königs zu Tegea in Arcadien, Aleus, und der Neära, war eine Priesterin der Minerva, doch schützte die Göttin sie nicht vor der siegenden Gewalt des Hercules; dieser, von einem Feldzuge gegen die Söhne des Hippocoon zurückkehrend, verweilte bei Aleus und liess A., als er weiter nach Calydon zog, schwanger zurück. Ihr Vater, erzürnt, glaubte nicht, dass Hercules ihr Gewalt angethan, und übergab sie seinem freunde Nauplius, damit er sie in's Meer werfe. Das schöne Weib erregte des Letzteren Mitleid, so dass er sie dem Könige Teuthras in Mysien brachte, der sie an Kindes Statt annahm. Vorher aber, auf der Landreise

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[82/0152] Blutbefehl vollziehen, als sein Vater das Schwert, welches Aegisthus trug, für das seine erkannte und ihn frug, wie er dazu gekommen? So löste sich das entsetzliche Geheimniss, und Thyestes erfuhr, dass seine eigene Tochter Mutter durch ihn geworden. Es war das Unglückskind, welches vom Orakel zu seinem Rächer bestimmt worden war. Pelopia, schaudernd vor dem Verbrechen, welches sie begangen, stiess sich das ihrem Vater geraubte Schwert in die Brust. Thyestes entdeckte seinem Sohne, was A. gethan, und beschwur ihn, an dem Unmenschen und seinen Kindern die begangenen Frevel zu rächen, worauf Aegisthus mit dem vom Blute seiner Mutter rauchenden Schwerte den A. erstach, als er am Meeresufer opferte. Aërope war, bevor sie As. Gattin wurde, entweder die Frau seines eigenen Sohnes Plisthenes, so dass sie ihre zwei Söhne von diesem, Agamemnon und Menelaus, dem A. schon zubrachte, oder sie empfing jene Sühne erst von A. Jedenfalls werden sie immer Artiden genannt. Atridr (Nord. M.), Beiname des obersten der Asengötter, des Odin. Atromus (Gr. M.), Sohn des Hercules von Stratonice, einer der fünfzig Töchter des Thespius. Atropos (Gr. M.), »die Unwandelbare«; eine der Parcen, und zwar diejenige, welche den von den beiden andern Schwestern, Clotho und Lachesis, gesponnenen Faden unerbittlich abschneidet, sobald das Schicksal befiehlt, die eigentlich Todbringende. Sie wird gewöhnlich als ein alles Mütterchen mit einer Scheere abgebildet, doch hat die heitere griechische Kunst auch diesem Gegenstande eine schöne Seite abzugewinnen gewusst. S. Parcen. Attabeira (M. der Antillenvölker). Die alten Haytibewohner verehrten A. als die Mutter des allmächtigen, unsichtbaren Wesens. Ihre Diener waren Schutzgeister der Jahreszeiten, der Jagd, Gesundheit, Fischerei etc. Die Gottheit selbst aber hatte keinen eigenen Cultus. Atterien (Ind. M.), einer jener Altväter, welche Brama und sein Sohn gemeinschaftlich geschaffen haben. Er lebte in heiliger Betrachtung inmitten eines düstern Waldes, bloss von Luft; diess machte ihn des Umganges der Götter werth, und er bat sie, sich ihm zu offenbaren, worauf eine solche hohe Flamme aus seinem Haupte stieg, dass die Götter erschracken und zu Wischnu, Brama und Schiwa flohen, welche sich vor die Flüchtlinge stellten, dem heiligen Büsser entgegen tretend. Letzterer warf sich vor ihnen nieder und sagte, dass er nur ein höchstes Wesen anerkenne, sie möchten ihm also verkündigen, wer von ihnen der Erste sei. Sie sagten ihm, dass es unter ihnen keinen Unterschied gebe, dass sie alle nur verschiedene Gestalten desselben Gottes seien, und dass ihrer einen verehren, alle verehren heisse. Sie versprachen ihm hierauf Kinder, und Wischnu beschattete des A. Gattin, ihr den Tibaterien; Brama, ihr den Schandra, und Schiwa, ihr den Duruwassen schenkend, welche ihrer Väter Eigenschaften hatten, und von denen alle Genien abstammen. Attes oder Atys (Kleinas. M.), Sohn der Nana, der Tochter des Flussgottes Sangarius in Phrygien, die ihn, befruchtet durch die Früchte eines gewissen Mandelbaums (s. Agdistis), gebar; ausgesetzt, von einem Bocke gepflegt, von Hirten erzogen und der Cybele als Priester geweiht, unter der Bedingung immerwährender Keuschheit. Als er diese verletzt hatte, wurde er von der Göttin in Wahnsinn versetzt und entmannte sich selbst. Als er darauf sich entleiben wollte, verwandelte ihn die Göttin in eine Fichte, die ihr heilig blieb, und verordnete, dass zu seinem Andenken ihre Priester Eunuchen sein sollten. Dem A. wurde jährlich im Frühlingsanfang ein grosses Fest gefeiert, an dessen erstem Tage (dem Trauerfeste) man eine Pinie umhieb, welche sein Bild trug; sie wurde in den Tempel der Cybele gebracht, man bezeichnete diesen Tag mit dem Namen »arbor intrat«. Der zweite ward unter rauschender Hornmusik hingebracht; am dritten suchten die Priester, unter lärmenden Gesängen und bacchantischer Raserei, in den Wäldern umherirrend, sich selbst Wunden beibringend, ja sich entmannend, den A. mit brennenden Fackeln, bis er am Abend gefunden war; wilde Tänze der bewaffneten Priester endeten die seltsame Feier. Nach den Angaben Anderer wurde A. seiner Schönheit wegen von einem phrygischen Könige verfolgt bis in den Hain der Göttin; hier, durch die Nähe derselben ermuthigt, bestand er einen Kampf mit dem Verfolger, und um ihn zu strafen, machte er ihn unfähig, ferner noch Jemand zu schaden; doch der schwer Verwundete hatte noch Kräfte genug, sich auf gleiche Weise zu rächen. – Diess Alles scheint nur darauf berechnet, durch irgend eine Erfindung, wie sie auch sei, die Sitte der Selbstentmannung zu erklären, welche die Priester der Cybele fortwährend übten. Atthis (Gr. M.), Tochter des reichen und mächtigen Atheners Cranaus, welcher nach Cecrops' Tode König von Athen wurde. Ihre Mutter war Pedias, Tochter des Menys von Lacedämon; sie gebar ihrem Gatten noch zwei Töchter, Cranaë und Cranächme, A. aber war ihm die geliebteste, und da sie unvermählt starb, gab er seinem ganzen Reiche den Namen A. Attius oder Attus Nävius, s. Nävius. Attusch Kutta (Pers. M.), brennende Naphta-Quellen, welche, mit Tempeln überbaut, den Parsis oder Feueranbetern als heilige Orte ihres Gottesdienstes gelten. Atymnius (Gr. M.), 1) Sohn des Amisodarus, Königs in Lycien, welcher die von Echidna und Typhon erzeugte Chimära erzog. Er zog den belagerten Trojanern zu Hülfe, ward aber von Antilochus schwer verwundet und blieb, nebst seinem Bruder Maris, auf dem Schlachtfelde. – 2) A., Sohn des Jupiter von der schönen Cassiopeja, einer Tochter des Arabus und Gemahlin des Phönix, welchen Letztern Einige auch den Vater dieses A. nennen. Er soll ein Geliebter des Sarpedon, Sohnes des Jupiter und der Europa, gewesen sein. – 3) A., ein Abkömmling des Tithonus und der Aurora, indem sein Vater Emathion, König in Arabien, dieses Götterpaares Sohn war. Emathion liebte die Nymphe Pedasis, und die Frucht dieser Neigung war A. Atys (Gr. M.), 1) s. Attes. – 2) A., ein Trojaner, der noch als Knabe Troja mit Aeneas verliess und diesen auf seinen Zügen begleitete. Virgil nennt bei Gelegenheit der Kampfspiele, welche Aeneas auf Sicilien hielt, ihn und seine Nachkommen, die Atier, und man glaubt, es sei diess desshalb geschehen, weil des Augustus Mutter, Atia, aus diesem Geschlechte war. Die Atier wohnten in Aricia in Latium, am Fusse des albanischen Berges, vier Meilen von Rom, an der appischen Strasse. Jetzt heisst die Stadt Riccia. Atz hiegadze (M. der Lappländer), Schutzgeist der Rennthiere und Beschützer gegen Feinde, einer ihrer ältesten und grössten Götter, ein Diener der Allmacht, welcher den Donner personificirt, und als solcher Toraturos bodne, Donner des Himmels, heisst. Er kämpfte gegen die Feinde der Lappen, kehrte aber, wenn er diesen nicht schaden konnte, seinen Blitz gegen den Zauberer, der ihn beschworen. Ihm wurden so reiche Opfer gebracht dass die Lappen dadurch verarmten. Audros. Die heidnischen Polen und Schlesier verehrten ihn als einen Gott des Wassers, der Flüsse und des Meeres. Audumla oder Audumbla (Nord. M.), eine Kuh, die entstand, als das Eis in Ginnungagap, dem nordischen Chaos, nach der Erschaffung der Welt auftaute. Diese A. beleckte die salzigen Eisfelsen, und leckte dadurch den ersten Gott Bur hervor; dieser erzeugte den Bör, welcher Odins Vater war. Diese Abstammung zeigt deutlich, dass die Asen keine selbstständigen, unendlichen Götter sind, wie sie denn auch altern, und nur durch Iduna's verjüngende Aepfel bei dauernder Jugendblüthe zu erhalten sind, und ihnen bestimmt ist, in der grossen Nacht unterzugehen, wie alle erschaffene Wesen. Audur (Nord. M.), Sohn der dunkeln Not (die Nacht) und des Naglfari (Luft oder Aether). Es ist unbekannt, in welcher Beziehung sein Name Audur (Stoff, Vorrath) zu der Lehre von der Weltschöpfung steht. Auge (Gr. M.), Tochter des Königs zu Tegea in Arcadien, Aleus, und der Neära, war eine Priesterin der Minerva, doch schützte die Göttin sie nicht vor der siegenden Gewalt des Hercules; dieser, von einem Feldzuge gegen die Söhne des Hippocoon zurückkehrend, verweilte bei Aleus und liess A., als er weiter nach Calydon zog, schwanger zurück. Ihr Vater, erzürnt, glaubte nicht, dass Hercules ihr Gewalt angethan, und übergab sie seinem freunde Nauplius, damit er sie in's Meer werfe. Das schöne Weib erregte des Letzteren Mitleid, so dass er sie dem Könige Teuthras in Mysien brachte, der sie an Kindes Statt annahm. Vorher aber, auf der Landreise

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/152>, abgerufen am 23.11.2024.