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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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Des Beispiels halber wähle ich den Bienenstaat als Gegenstand der ersten Betrachtung. Ich könnte vielleicht auch sagen, weil man den Bienenstaat länger und besser kennt - wenn ich zugeben könnte oder dürfte, daß das Wort "Kennen" in solcher Weise profanirt würde. Geht doch hin und fragt die Staatsmänner, welche Euch die Monarchie als die beste Staatsform gepriesen haben, geht hin und fragt sie, wie viel Augen oder Füße eine Biene habe, eine Biene, deren Staat Euch von ihnen so eben als Muster gepriesen wurde - der Staatsweise wird beschämt die Augen niederschlagen und seine Unwissenheit gestehen müssen. So behaupten sie die Fäden zu kennen, an welchen die Geschichte auf geheimnißvollen Wegen die Menschheit leitet; und wenn Ihr sie fragt, wie der Mensch gebildet sei, wie das Innere aussehe, von dem sie so viel reden und schwatzen - so werden sie wieder die Augen niederschlagen und ihre Unkenntniß eingestehen müssen.

Sie kennen die Thiere nicht, sie kennen den Menschen nicht - nur seine schale, auf Papier reflektirte Außenseite haben sie mit blöden, durch die Studirlampe verqualmten Augen in verzerrtem Abbilde gesehen. Sie kennen die Thiere noch weniger - sie haben sich von ihnen abgewendet, als ob sie unwürdig seien, den Blick der besten Männer auf sich zu ziehen. Die Kenntniß ist der Grund nicht, weßhalb ich den Bienenstaat vorziehe.

Der deutsche Himmel hängt jetzt voll von konstitutionellen Geigen. Sie sind zwar vorerst einigermaßen verstimmt; die ministeriellen Bögen scheinen mit Seife, statt mit Colophonium geschmiert und locken nur heisere Töne hervor - aber was thut's? Die Debatte über die Frage, ob Dur oder Moll die wahre Tonart des Concerts sei, beschäftigt

Des Beispiels halber wähle ich den Bienenstaat als Gegenstand der ersten Betrachtung. Ich könnte vielleicht auch sagen, weil man den Bienenstaat länger und besser kennt – wenn ich zugeben könnte oder dürfte, daß das Wort „Kennen“ in solcher Weise profanirt würde. Geht doch hin und fragt die Staatsmänner, welche Euch die Monarchie als die beste Staatsform gepriesen haben, geht hin und fragt sie, wie viel Augen oder Füße eine Biene habe, eine Biene, deren Staat Euch von ihnen so eben als Muster gepriesen wurde – der Staatsweise wird beschämt die Augen niederschlagen und seine Unwissenheit gestehen müssen. So behaupten sie die Fäden zu kennen, an welchen die Geschichte auf geheimnißvollen Wegen die Menschheit leitet; und wenn Ihr sie fragt, wie der Mensch gebildet sei, wie das Innere aussehe, von dem sie so viel reden und schwatzen – so werden sie wieder die Augen niederschlagen und ihre Unkenntniß eingestehen müssen.

Sie kennen die Thiere nicht, sie kennen den Menschen nicht – nur seine schale, auf Papier reflektirte Außenseite haben sie mit blöden, durch die Studirlampe verqualmten Augen in verzerrtem Abbilde gesehen. Sie kennen die Thiere noch weniger – sie haben sich von ihnen abgewendet, als ob sie unwürdig seien, den Blick der besten Männer auf sich zu ziehen. Die Kenntniß ist der Grund nicht, weßhalb ich den Bienenstaat vorziehe.

Der deutsche Himmel hängt jetzt voll von konstitutionellen Geigen. Sie sind zwar vorerst einigermaßen verstimmt; die ministeriellen Bögen scheinen mit Seife, statt mit Colophonium geschmiert und locken nur heisere Töne hervor – aber was thut’s? Die Debatte über die Frage, ob Dur oder Moll die wahre Tonart des Concerts sei, beschäftigt

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[36/0062] Des Beispiels halber wähle ich den Bienenstaat als Gegenstand der ersten Betrachtung. Ich könnte vielleicht auch sagen, weil man den Bienenstaat länger und besser kennt – wenn ich zugeben könnte oder dürfte, daß das Wort „Kennen“ in solcher Weise profanirt würde. Geht doch hin und fragt die Staatsmänner, welche Euch die Monarchie als die beste Staatsform gepriesen haben, geht hin und fragt sie, wie viel Augen oder Füße eine Biene habe, eine Biene, deren Staat Euch von ihnen so eben als Muster gepriesen wurde – der Staatsweise wird beschämt die Augen niederschlagen und seine Unwissenheit gestehen müssen. So behaupten sie die Fäden zu kennen, an welchen die Geschichte auf geheimnißvollen Wegen die Menschheit leitet; und wenn Ihr sie fragt, wie der Mensch gebildet sei, wie das Innere aussehe, von dem sie so viel reden und schwatzen – so werden sie wieder die Augen niederschlagen und ihre Unkenntniß eingestehen müssen. Sie kennen die Thiere nicht, sie kennen den Menschen nicht – nur seine schale, auf Papier reflektirte Außenseite haben sie mit blöden, durch die Studirlampe verqualmten Augen in verzerrtem Abbilde gesehen. Sie kennen die Thiere noch weniger – sie haben sich von ihnen abgewendet, als ob sie unwürdig seien, den Blick der besten Männer auf sich zu ziehen. Die Kenntniß ist der Grund nicht, weßhalb ich den Bienenstaat vorziehe. Der deutsche Himmel hängt jetzt voll von konstitutionellen Geigen. Sie sind zwar vorerst einigermaßen verstimmt; die ministeriellen Bögen scheinen mit Seife, statt mit Colophonium geschmiert und locken nur heisere Töne hervor – aber was thut’s? Die Debatte über die Frage, ob Dur oder Moll die wahre Tonart des Concerts sei, beschäftigt

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/62>, abgerufen am 23.11.2024.