Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.Grunde ihrer gleichmäßigen Nahrung. Aber man würde Unrecht haben zu glauben, daß die Thierstaaten in ihrer räumlichen Begränzung gegeneinander abgeschlossen und fremd seien. Nicht nur unter verschiedenen Staaten derselben Art, sondern auch unter verschiedenen Arten herrschen die mannichfaltigsten Beziehungen, und die internationalen Verhältnisse werden in umfassender Weise gehegt und gepflegt. Was nur der menschliche Verstand ersinnen, die Phantasie erdichten, das Herkommen oder die Gewohnheit erwachsen lassen konnte in staatlicher Hinsicht - Alles findet eine gewisse, höhere dauernde Ausprägung in der Thierwelt. Republiken und Monarchien mit männlicher und weiblicher Erbfolge, Kasten- und Standes-Einrichtungen jeder Art, demokratische und aristokratische Socialstaaten, Sklaverei und erbliche Berechtigung zur Faulheit, Wahlreiche und Erbreiche, Bundesstaaten und Staatenbündnisse, Schutz- und Trutzbündnisse, ewige Friedensverträge und nimmer endende Kriegszustände - Alles dieses kreuzt sich in buntem Wechsel und greift, wie mit genau gefeilten Rädern, zum Fortgang der Thierwelt in einander ein. Was die Geschichte des Menschengeschlechts nur in unvollständigen Bruchstücken uns darstellt, noch obenein gefärbt durch die eigenthümliche Auffassung des Forschers, das gibt uns die Betrachtung der Thierwelt rein, ungeschminkt in ursprünglicher Nacktheit. Die Ursache einer jeden Wirkung zeigt sich alsbald dem forschenden Auge; die ewigen Grundsätze, welche das Ganze lenken, werden nicht durch falsche Beleuchtung, künstliche Verdeckung unkenntlich gemacht. Die Naturforschung wird bei künftigen Staatsgestaltungen innerhalb der Menschheit in ihr natürliches Recht eingesetzt werden. Der strebende Kopf kann jetzt nur nach Grunde ihrer gleichmäßigen Nahrung. Aber man würde Unrecht haben zu glauben, daß die Thierstaaten in ihrer räumlichen Begränzung gegeneinander abgeschlossen und fremd seien. Nicht nur unter verschiedenen Staaten derselben Art, sondern auch unter verschiedenen Arten herrschen die mannichfaltigsten Beziehungen, und die internationalen Verhältnisse werden in umfassender Weise gehegt und gepflegt. Was nur der menschliche Verstand ersinnen, die Phantasie erdichten, das Herkommen oder die Gewohnheit erwachsen lassen konnte in staatlicher Hinsicht – Alles findet eine gewisse, höhere dauernde Ausprägung in der Thierwelt. Republiken und Monarchien mit männlicher und weiblicher Erbfolge, Kasten- und Standes-Einrichtungen jeder Art, demokratische und aristokratische Socialstaaten, Sklaverei und erbliche Berechtigung zur Faulheit, Wahlreiche und Erbreiche, Bundesstaaten und Staatenbündnisse, Schutz- und Trutzbündnisse, ewige Friedensverträge und nimmer endende Kriegszustände – Alles dieses kreuzt sich in buntem Wechsel und greift, wie mit genau gefeilten Rädern, zum Fortgang der Thierwelt in einander ein. Was die Geschichte des Menschengeschlechts nur in unvollständigen Bruchstücken uns darstellt, noch obenein gefärbt durch die eigenthümliche Auffassung des Forschers, das gibt uns die Betrachtung der Thierwelt rein, ungeschminkt in ursprünglicher Nacktheit. Die Ursache einer jeden Wirkung zeigt sich alsbald dem forschenden Auge; die ewigen Grundsätze, welche das Ganze lenken, werden nicht durch falsche Beleuchtung, künstliche Verdeckung unkenntlich gemacht. Die Naturforschung wird bei künftigen Staatsgestaltungen innerhalb der Menschheit in ihr natürliches Recht eingesetzt werden. Der strebende Kopf kann jetzt nur nach <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0053" n="27"/> Grunde ihrer gleichmäßigen Nahrung. Aber man würde Unrecht haben zu glauben, daß die Thierstaaten in ihrer räumlichen Begränzung gegeneinander abgeschlossen und fremd seien. Nicht nur unter verschiedenen Staaten derselben Art, sondern auch unter verschiedenen Arten herrschen die mannichfaltigsten Beziehungen, und die internationalen Verhältnisse werden in umfassender Weise gehegt und gepflegt. Was nur der menschliche Verstand ersinnen, die Phantasie erdichten, das Herkommen oder die Gewohnheit erwachsen lassen konnte in staatlicher Hinsicht – Alles findet eine gewisse, höhere dauernde Ausprägung in der Thierwelt. Republiken und Monarchien mit männlicher und weiblicher Erbfolge, Kasten- und Standes-Einrichtungen jeder Art, demokratische und aristokratische Socialstaaten, Sklaverei und erbliche Berechtigung zur Faulheit, Wahlreiche und Erbreiche, Bundesstaaten und Staatenbündnisse, Schutz- und Trutzbündnisse, ewige Friedensverträge und nimmer endende Kriegszustände – Alles dieses kreuzt sich in buntem Wechsel und greift, wie mit genau gefeilten Rädern, zum Fortgang der Thierwelt in einander ein. Was die Geschichte des Menschengeschlechts nur in unvollständigen Bruchstücken uns darstellt, noch obenein gefärbt durch die eigenthümliche Auffassung des Forschers, das gibt uns die Betrachtung der Thierwelt rein, ungeschminkt in ursprünglicher Nacktheit. Die Ursache einer jeden Wirkung zeigt sich alsbald dem forschenden Auge; die ewigen Grundsätze, welche das Ganze lenken, werden nicht durch falsche Beleuchtung, künstliche Verdeckung unkenntlich gemacht.</p> <p>Die Naturforschung wird bei künftigen Staatsgestaltungen innerhalb der Menschheit in ihr natürliches Recht eingesetzt werden. Der strebende Kopf kann jetzt nur nach </p> </div> </front> </text> </TEI> [27/0053]
Grunde ihrer gleichmäßigen Nahrung. Aber man würde Unrecht haben zu glauben, daß die Thierstaaten in ihrer räumlichen Begränzung gegeneinander abgeschlossen und fremd seien. Nicht nur unter verschiedenen Staaten derselben Art, sondern auch unter verschiedenen Arten herrschen die mannichfaltigsten Beziehungen, und die internationalen Verhältnisse werden in umfassender Weise gehegt und gepflegt. Was nur der menschliche Verstand ersinnen, die Phantasie erdichten, das Herkommen oder die Gewohnheit erwachsen lassen konnte in staatlicher Hinsicht – Alles findet eine gewisse, höhere dauernde Ausprägung in der Thierwelt. Republiken und Monarchien mit männlicher und weiblicher Erbfolge, Kasten- und Standes-Einrichtungen jeder Art, demokratische und aristokratische Socialstaaten, Sklaverei und erbliche Berechtigung zur Faulheit, Wahlreiche und Erbreiche, Bundesstaaten und Staatenbündnisse, Schutz- und Trutzbündnisse, ewige Friedensverträge und nimmer endende Kriegszustände – Alles dieses kreuzt sich in buntem Wechsel und greift, wie mit genau gefeilten Rädern, zum Fortgang der Thierwelt in einander ein. Was die Geschichte des Menschengeschlechts nur in unvollständigen Bruchstücken uns darstellt, noch obenein gefärbt durch die eigenthümliche Auffassung des Forschers, das gibt uns die Betrachtung der Thierwelt rein, ungeschminkt in ursprünglicher Nacktheit. Die Ursache einer jeden Wirkung zeigt sich alsbald dem forschenden Auge; die ewigen Grundsätze, welche das Ganze lenken, werden nicht durch falsche Beleuchtung, künstliche Verdeckung unkenntlich gemacht.
Die Naturforschung wird bei künftigen Staatsgestaltungen innerhalb der Menschheit in ihr natürliches Recht eingesetzt werden. Der strebende Kopf kann jetzt nur nach
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/53 |
Zitationshilfe: | Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/53>, abgerufen am 05.07.2024. |