Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

oft sehr genügende Auskunft. Wo schriftliche Documente fehlen, da besitzen wir häufig Monumente und Denkmäler, die bis in das graueste Alterthum hinaufreichen. Die Gazelle und der Büffel in den Ebenen der Cafferei halten noch heute auf Städten und Palästen Wacht, welche von altehrwürdigen Dynastieen der Termiten, Zeitgenossen der Pharaonen, vielleicht selbst des Schmiedes Tubalkain, aus Lehm und Erde aufgethürmt wurden; - alte, zersplitterte Eichstämme zeigen uns oft in ihrem Innern die Schleichwege und krummen Gänge, durch welche sich verschmitzte Diplomatenwürmer aus dem Käferstaate zu Christi Zeiten oder noch früher hindurchwanden. Ja, weiter noch zurück in die Geschichte der Erde reichen die hinterlassenen Dokumente der Thierstaaten, als diejenigen der menschlichen Gesellschaftsformen. Die socialistischen Monster-Phalansterien der Korallen und Polypen hatten sich schon in den Meeren angesiedelt, welche von den grimmigen Ichtyosauren und Plesiosauren durchfurcht wurden, und die Seebodenbautreibenden Kolonien der Austern und Bohrmuscheln, welche als Hörige auf die Hufe gebannt und an die Scholle gebunden sind, vegetirten schon in ihrem Helotenleben unter der Herrschaft der eben genannten Königseidechsen der Ozeane.

Ist dies nicht ein Zeichen der Vollkommenheit? Kann die historische Schule, kann die legitimistische Partei, können die Verfechter des Regierungsrechtes von Gottes Gnaden, die Verehrer der Stammbäume es läugnen, daß Etwas deßhalb um so heiliger, unantastbarer, um so vollkommener ist, je älter und nebelgrauer sein Ursprung in der Nacht der Zeiten sich verliert? Werden die Erbauer der Frankfurter Kaiserverfassung, die sich in kühnem Stolze vermaßen, einen mächtigen Dom für die Ewigkeit des deutschen Reiches zu

oft sehr genügende Auskunft. Wo schriftliche Documente fehlen, da besitzen wir häufig Monumente und Denkmäler, die bis in das graueste Alterthum hinaufreichen. Die Gazelle und der Büffel in den Ebenen der Cafferei halten noch heute auf Städten und Palästen Wacht, welche von altehrwürdigen Dynastieen der Termiten, Zeitgenossen der Pharaonen, vielleicht selbst des Schmiedes Tubalkain, aus Lehm und Erde aufgethürmt wurden; – alte, zersplitterte Eichstämme zeigen uns oft in ihrem Innern die Schleichwege und krummen Gänge, durch welche sich verschmitzte Diplomatenwürmer aus dem Käferstaate zu Christi Zeiten oder noch früher hindurchwanden. Ja, weiter noch zurück in die Geschichte der Erde reichen die hinterlassenen Dokumente der Thierstaaten, als diejenigen der menschlichen Gesellschaftsformen. Die socialistischen Monster-Phalansterien der Korallen und Polypen hatten sich schon in den Meeren angesiedelt, welche von den grimmigen Ichtyosauren und Plesiosauren durchfurcht wurden, und die Seebodenbautreibenden Kolonien der Austern und Bohrmuscheln, welche als Hörige auf die Hufe gebannt und an die Scholle gebunden sind, vegetirten schon in ihrem Helotenleben unter der Herrschaft der eben genannten Königseidechsen der Ozeane.

Ist dies nicht ein Zeichen der Vollkommenheit? Kann die historische Schule, kann die legitimistische Partei, können die Verfechter des Regierungsrechtes von Gottes Gnaden, die Verehrer der Stammbäume es läugnen, daß Etwas deßhalb um so heiliger, unantastbarer, um so vollkommener ist, je älter und nebelgrauer sein Ursprung in der Nacht der Zeiten sich verliert? Werden die Erbauer der Frankfurter Kaiserverfassung, die sich in kühnem Stolze vermaßen, einen mächtigen Dom für die Ewigkeit des deutschen Reiches zu

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0035" n="9"/>
oft sehr genügende Auskunft. Wo schriftliche Documente fehlen, da besitzen wir häufig Monumente und Denkmäler, die bis in das graueste Alterthum hinaufreichen. Die Gazelle und der Büffel in den Ebenen der Cafferei halten noch heute auf Städten und Palästen Wacht, welche von altehrwürdigen Dynastieen der Termiten, Zeitgenossen der Pharaonen, vielleicht selbst des Schmiedes Tubalkain, aus Lehm und Erde aufgethürmt wurden; &#x2013; alte, zersplitterte Eichstämme zeigen uns oft in ihrem Innern die Schleichwege und krummen Gänge, durch welche sich verschmitzte Diplomatenwürmer aus dem Käferstaate zu Christi Zeiten oder noch früher hindurchwanden. Ja, weiter noch zurück in die Geschichte der Erde reichen die hinterlassenen Dokumente der Thierstaaten, als diejenigen der menschlichen Gesellschaftsformen. Die socialistischen Monster-Phalansterien der Korallen und Polypen hatten sich schon in den Meeren angesiedelt, welche von den grimmigen Ichtyosauren und Plesiosauren durchfurcht wurden, und die Seebodenbautreibenden Kolonien der Austern und Bohrmuscheln, welche als Hörige auf die Hufe gebannt und an die Scholle gebunden sind, vegetirten schon in ihrem Helotenleben unter der Herrschaft der eben genannten Königseidechsen der Ozeane.</p>
        <p>Ist dies nicht ein Zeichen der Vollkommenheit? Kann die historische Schule, kann die legitimistische Partei, können die Verfechter des Regierungsrechtes von Gottes Gnaden, die Verehrer der Stammbäume es läugnen, daß Etwas deßhalb um so heiliger, unantastbarer, um so vollkommener ist, je älter und nebelgrauer sein Ursprung in der Nacht der Zeiten sich verliert? Werden die Erbauer der Frankfurter Kaiserverfassung, die sich in kühnem Stolze vermaßen, einen mächtigen Dom für die Ewigkeit des deutschen Reiches zu
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[9/0035] oft sehr genügende Auskunft. Wo schriftliche Documente fehlen, da besitzen wir häufig Monumente und Denkmäler, die bis in das graueste Alterthum hinaufreichen. Die Gazelle und der Büffel in den Ebenen der Cafferei halten noch heute auf Städten und Palästen Wacht, welche von altehrwürdigen Dynastieen der Termiten, Zeitgenossen der Pharaonen, vielleicht selbst des Schmiedes Tubalkain, aus Lehm und Erde aufgethürmt wurden; – alte, zersplitterte Eichstämme zeigen uns oft in ihrem Innern die Schleichwege und krummen Gänge, durch welche sich verschmitzte Diplomatenwürmer aus dem Käferstaate zu Christi Zeiten oder noch früher hindurchwanden. Ja, weiter noch zurück in die Geschichte der Erde reichen die hinterlassenen Dokumente der Thierstaaten, als diejenigen der menschlichen Gesellschaftsformen. Die socialistischen Monster-Phalansterien der Korallen und Polypen hatten sich schon in den Meeren angesiedelt, welche von den grimmigen Ichtyosauren und Plesiosauren durchfurcht wurden, und die Seebodenbautreibenden Kolonien der Austern und Bohrmuscheln, welche als Hörige auf die Hufe gebannt und an die Scholle gebunden sind, vegetirten schon in ihrem Helotenleben unter der Herrschaft der eben genannten Königseidechsen der Ozeane. Ist dies nicht ein Zeichen der Vollkommenheit? Kann die historische Schule, kann die legitimistische Partei, können die Verfechter des Regierungsrechtes von Gottes Gnaden, die Verehrer der Stammbäume es läugnen, daß Etwas deßhalb um so heiliger, unantastbarer, um so vollkommener ist, je älter und nebelgrauer sein Ursprung in der Nacht der Zeiten sich verliert? Werden die Erbauer der Frankfurter Kaiserverfassung, die sich in kühnem Stolze vermaßen, einen mächtigen Dom für die Ewigkeit des deutschen Reiches zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/35
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/35>, abgerufen am 28.11.2024.