Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.Muster vorgestellt. Jeder Duodezstaat bläht seine Schulden auf, wie der Frosch in der Fabel, und fragt von Zeit zu Zeit die Umstehenden, ob er dem alten Bull bald gleichgekommen sei? Oesterreich und Preußen wetteifern hier mit größerer Energie, als in den deutschen Angelegenheiten, und Kurhessen strebt, unter des würdigen Hassenpflug's Führung, mit beneidenswerther Folgerichtigkeit diesen hohen Vorbildern nach. Warum sollten wir auch nicht Kinder unserer Zeit sein und mit freier Skepsis das Alterthum negiren, dessen Philiströsität auf einen wohlgefüllten Staatssäckel sich etwas zu Gute that? Die Nachkommen haben doch nur Hader und Zank von einem solchen Erbe und streiten sich entweder vor Tribunalen und Gerichtshöfen herum, ohne den verschwundenen Nibelungenhort deßhalb wieder herbeizaubern zu können, oder sie fallen sich gegenseitig gar in die Haare und raufen einander dieselben zur Schadenfreude der Nachbarn aus. Was hilft es meinem Freunde Stämpfli in Bern, zu behaupten, die Patrizier hätten einen Theil des Staatsschatzes gestohlen, während die Franzosen den Rest nach Egypten schleppten, um dort die Mamelucken zu bekriegen? Wenn es ihm auch gelingen sollte, den Diebstahl nachzuweisen, was mir wegen der notorischen Moralität und Unbestechlichkeit der geborenen Adeligen und der höheren Klassen der Gesellschaft überhaupt durchaus unwahrscheinlich vorkömmt, so würde er doch schwerlich eine Presse erfinden können, welche das Gestohlene wieder aus den Privatsäckeln der Nachkommen ausquetscht. Der große Friedrich würde den Krieg um Schlesien sehr wahrscheinlich nicht begonnen haben, wenn sein in Gott ruhender Vater, der Preußen noch höchst eigenhändig mit dem Rohrstocke in patriarchalischer Weise regierte, ihm nicht einen wohlgefüllten Staatsschatz Muster vorgestellt. Jeder Duodezstaat bläht seine Schulden auf, wie der Frosch in der Fabel, und fragt von Zeit zu Zeit die Umstehenden, ob er dem alten Bull bald gleichgekommen sei? Oesterreich und Preußen wetteifern hier mit größerer Energie, als in den deutschen Angelegenheiten, und Kurhessen strebt, unter des würdigen Hassenpflug’s Führung, mit beneidenswerther Folgerichtigkeit diesen hohen Vorbildern nach. Warum sollten wir auch nicht Kinder unserer Zeit sein und mit freier Skepsis das Alterthum negiren, dessen Philiströsität auf einen wohlgefüllten Staatssäckel sich etwas zu Gute that? Die Nachkommen haben doch nur Hader und Zank von einem solchen Erbe und streiten sich entweder vor Tribunalen und Gerichtshöfen herum, ohne den verschwundenen Nibelungenhort deßhalb wieder herbeizaubern zu können, oder sie fallen sich gegenseitig gar in die Haare und raufen einander dieselben zur Schadenfreude der Nachbarn aus. Was hilft es meinem Freunde Stämpfli in Bern, zu behaupten, die Patrizier hätten einen Theil des Staatsschatzes gestohlen, während die Franzosen den Rest nach Egypten schleppten, um dort die Mamelucken zu bekriegen? Wenn es ihm auch gelingen sollte, den Diebstahl nachzuweisen, was mir wegen der notorischen Moralität und Unbestechlichkeit der geborenen Adeligen und der höheren Klassen der Gesellschaft überhaupt durchaus unwahrscheinlich vorkömmt, so würde er doch schwerlich eine Presse erfinden können, welche das Gestohlene wieder aus den Privatsäckeln der Nachkommen ausquetscht. Der große Friedrich würde den Krieg um Schlesien sehr wahrscheinlich nicht begonnen haben, wenn sein in Gott ruhender Vater, der Preußen noch höchst eigenhändig mit dem Rohrstocke in patriarchalischer Weise regierte, ihm nicht einen wohlgefüllten Staatsschatz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0224" n="194"/> Muster vorgestellt. Jeder Duodezstaat bläht seine Schulden auf, wie der Frosch in der Fabel, und fragt von Zeit zu Zeit die Umstehenden, ob er dem alten Bull bald gleichgekommen sei? Oesterreich und Preußen wetteifern hier mit größerer Energie, als in den deutschen Angelegenheiten, und Kurhessen strebt, unter des würdigen Hassenpflug’s Führung, mit beneidenswerther Folgerichtigkeit diesen hohen Vorbildern nach. Warum sollten wir auch nicht Kinder unserer Zeit sein und mit freier Skepsis das Alterthum negiren, dessen Philiströsität auf einen wohlgefüllten Staatssäckel sich etwas zu Gute that? Die Nachkommen haben doch nur Hader und Zank von einem solchen Erbe und streiten sich entweder vor Tribunalen und Gerichtshöfen herum, ohne den verschwundenen Nibelungenhort deßhalb wieder herbeizaubern zu können, oder sie fallen sich gegenseitig gar in die Haare und raufen einander dieselben zur Schadenfreude der Nachbarn aus. Was hilft es meinem Freunde Stämpfli in Bern, zu behaupten, die Patrizier hätten einen Theil des Staatsschatzes gestohlen, während die Franzosen den Rest nach Egypten schleppten, um dort die Mamelucken zu bekriegen? Wenn es ihm auch gelingen sollte, den Diebstahl nachzuweisen, was mir wegen der notorischen Moralität und Unbestechlichkeit der geborenen Adeligen und der höheren Klassen der Gesellschaft überhaupt durchaus unwahrscheinlich vorkömmt, so würde er doch schwerlich eine Presse erfinden können, welche das Gestohlene wieder aus den Privatsäckeln der Nachkommen ausquetscht. Der große Friedrich würde den Krieg um Schlesien sehr wahrscheinlich nicht begonnen haben, wenn sein in Gott ruhender Vater, der Preußen noch höchst eigenhändig mit dem Rohrstocke in patriarchalischer Weise regierte, ihm nicht einen wohlgefüllten Staatsschatz </p> </div> </body> </text> </TEI> [194/0224]
Muster vorgestellt. Jeder Duodezstaat bläht seine Schulden auf, wie der Frosch in der Fabel, und fragt von Zeit zu Zeit die Umstehenden, ob er dem alten Bull bald gleichgekommen sei? Oesterreich und Preußen wetteifern hier mit größerer Energie, als in den deutschen Angelegenheiten, und Kurhessen strebt, unter des würdigen Hassenpflug’s Führung, mit beneidenswerther Folgerichtigkeit diesen hohen Vorbildern nach. Warum sollten wir auch nicht Kinder unserer Zeit sein und mit freier Skepsis das Alterthum negiren, dessen Philiströsität auf einen wohlgefüllten Staatssäckel sich etwas zu Gute that? Die Nachkommen haben doch nur Hader und Zank von einem solchen Erbe und streiten sich entweder vor Tribunalen und Gerichtshöfen herum, ohne den verschwundenen Nibelungenhort deßhalb wieder herbeizaubern zu können, oder sie fallen sich gegenseitig gar in die Haare und raufen einander dieselben zur Schadenfreude der Nachbarn aus. Was hilft es meinem Freunde Stämpfli in Bern, zu behaupten, die Patrizier hätten einen Theil des Staatsschatzes gestohlen, während die Franzosen den Rest nach Egypten schleppten, um dort die Mamelucken zu bekriegen? Wenn es ihm auch gelingen sollte, den Diebstahl nachzuweisen, was mir wegen der notorischen Moralität und Unbestechlichkeit der geborenen Adeligen und der höheren Klassen der Gesellschaft überhaupt durchaus unwahrscheinlich vorkömmt, so würde er doch schwerlich eine Presse erfinden können, welche das Gestohlene wieder aus den Privatsäckeln der Nachkommen ausquetscht. Der große Friedrich würde den Krieg um Schlesien sehr wahrscheinlich nicht begonnen haben, wenn sein in Gott ruhender Vater, der Preußen noch höchst eigenhändig mit dem Rohrstocke in patriarchalischer Weise regierte, ihm nicht einen wohlgefüllten Staatsschatz
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