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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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zu verzehren - sie suchen die Qualen des Opfers vielmehr so lange hinzuziehen als möglich, und scheinen sich mit Vergnügen an seinen Zuckungen zu weiden.

Selbst ihr eigenes Geschlecht verschonen diese Heuchler nicht. Sobald sie nur einander ansichtig werden, so schnauben sie vor Zorn und rasseln mit den Flügeln, während sie zugleich den Kopf und die Klauenfüße hoch in die Höhe heben; die Wuth versetzt sie in eine Art Starrkrampf; steif und unbeweglich starren sie einander an; dann durchläuft ein krampfhaftes Zittern ihren ganzen Körper. Blitzschnell fahren schnaubend sie und pustend auf einander los und hauen sich mit den sensenförmigen Klauenfüßen. Sie packen sich mit den Füßen, mit den Kiefern, und nicht eher endet der Kampf, bis einer der Beter entseelt zu den Füßen des andern liegt. Der Sieger zerfetzt den Gebliebenen auf völlig unthierische Weise, zerstückt ihn und verzehrt ihn endlich als gute Beute. Vor andern Insekten aber behandeln sich die Beter mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, und geben sich den Anschein, als beseele sie nur die reinste Bruderliebe und die innigste Freundschaft.

So verbergen die Kanibalen ihre Unthaten unter der gleißnerischen Larve der Heuchelei. Sollte man glauben, daß es noch immer unerfahrene Insekten genug gibt, welche sich durch das fromme Wesen, die betende Haltung dieser Schändlichen täuschen lassen? Die Erfahrenen freilich, welche diese Beter bei ihren Mahlzeiten überraschten, oder schon einmal ihren Nachstellungen nur mit Mühe entgingen, die Geprellten und Verfolgten wissen wohl, daß dieses fromme Ansehen nur eine Maske ist, welche die schändlichsten Absichten birgt. Aber wie manche junge Heuschrecke habe ich schon zu ihren Gefährten sagen hören, wenn sie von den

zu verzehren – sie suchen die Qualen des Opfers vielmehr so lange hinzuziehen als möglich, und scheinen sich mit Vergnügen an seinen Zuckungen zu weiden.

Selbst ihr eigenes Geschlecht verschonen diese Heuchler nicht. Sobald sie nur einander ansichtig werden, so schnauben sie vor Zorn und rasseln mit den Flügeln, während sie zugleich den Kopf und die Klauenfüße hoch in die Höhe heben; die Wuth versetzt sie in eine Art Starrkrampf; steif und unbeweglich starren sie einander an; dann durchläuft ein krampfhaftes Zittern ihren ganzen Körper. Blitzschnell fahren schnaubend sie und pustend auf einander los und hauen sich mit den sensenförmigen Klauenfüßen. Sie packen sich mit den Füßen, mit den Kiefern, und nicht eher endet der Kampf, bis einer der Beter entseelt zu den Füßen des andern liegt. Der Sieger zerfetzt den Gebliebenen auf völlig unthierische Weise, zerstückt ihn und verzehrt ihn endlich als gute Beute. Vor andern Insekten aber behandeln sich die Beter mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, und geben sich den Anschein, als beseele sie nur die reinste Bruderliebe und die innigste Freundschaft.

So verbergen die Kanibalen ihre Unthaten unter der gleißnerischen Larve der Heuchelei. Sollte man glauben, daß es noch immer unerfahrene Insekten genug gibt, welche sich durch das fromme Wesen, die betende Haltung dieser Schändlichen täuschen lassen? Die Erfahrenen freilich, welche diese Beter bei ihren Mahlzeiten überraschten, oder schon einmal ihren Nachstellungen nur mit Mühe entgingen, die Geprellten und Verfolgten wissen wohl, daß dieses fromme Ansehen nur eine Maske ist, welche die schändlichsten Absichten birgt. Aber wie manche junge Heuschrecke habe ich schon zu ihren Gefährten sagen hören, wenn sie von den

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[144/0172] zu verzehren – sie suchen die Qualen des Opfers vielmehr so lange hinzuziehen als möglich, und scheinen sich mit Vergnügen an seinen Zuckungen zu weiden. Selbst ihr eigenes Geschlecht verschonen diese Heuchler nicht. Sobald sie nur einander ansichtig werden, so schnauben sie vor Zorn und rasseln mit den Flügeln, während sie zugleich den Kopf und die Klauenfüße hoch in die Höhe heben; die Wuth versetzt sie in eine Art Starrkrampf; steif und unbeweglich starren sie einander an; dann durchläuft ein krampfhaftes Zittern ihren ganzen Körper. Blitzschnell fahren schnaubend sie und pustend auf einander los und hauen sich mit den sensenförmigen Klauenfüßen. Sie packen sich mit den Füßen, mit den Kiefern, und nicht eher endet der Kampf, bis einer der Beter entseelt zu den Füßen des andern liegt. Der Sieger zerfetzt den Gebliebenen auf völlig unthierische Weise, zerstückt ihn und verzehrt ihn endlich als gute Beute. Vor andern Insekten aber behandeln sich die Beter mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, und geben sich den Anschein, als beseele sie nur die reinste Bruderliebe und die innigste Freundschaft. So verbergen die Kanibalen ihre Unthaten unter der gleißnerischen Larve der Heuchelei. Sollte man glauben, daß es noch immer unerfahrene Insekten genug gibt, welche sich durch das fromme Wesen, die betende Haltung dieser Schändlichen täuschen lassen? Die Erfahrenen freilich, welche diese Beter bei ihren Mahlzeiten überraschten, oder schon einmal ihren Nachstellungen nur mit Mühe entgingen, die Geprellten und Verfolgten wissen wohl, daß dieses fromme Ansehen nur eine Maske ist, welche die schändlichsten Absichten birgt. Aber wie manche junge Heuschrecke habe ich schon zu ihren Gefährten sagen hören, wenn sie von den

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/172>, abgerufen am 25.11.2024.