Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.nur irgend eßbar oder verzehrbar ist, Fleisch, Häute, Mehl, Wolle, alles Gebackene, Gekochte, Gebratene, Geröstete, Gedörrte und Geräucherte dient ihrer unstillbaren Gefräßigkeit. Ein Menschenschriftsteller, der alte Oken, führt ausdrücklich an: "auch fressen sie die Oblaten im Schreibzeug und finden sich häufig am Rande des Tintenfasses, als ob sie Geschmack an der Tinte hätten." (Oken's Naturgeschichte S. 1506 Band V.) Ja, theure Verwandte, so weit geht die Gefräßigkeit dieser schwarzen Gesellen, daß sie sogar Oblaten, weiße, fade, geschmacklose Oblaten mit Gier, mit einer Art Wollust verzehren! Oblaten! Kann man sich etwas Insipideres denken, als Oblaten? Es soll sogar unter diesen schwarzen Thieren der Aberglaube verbreitet sein, daß sie nicht glücklich werden könnten, wenn sie nicht eine bestimmte Zahl Oblaten während ihres Leben verzehrten. Was diese Oblatenfresser einmal erspäht oder ergriffen haben, lassen sie nicht wieder los. So verderblich, nagend, schabend und zerstörend sie sind, so sehr können sie auf der andern Seite sich einschmeicheln. Nur an todten Thieren finden sie eine Beute. Was in frischer Kraft gesund und lebensfroh ihnen entgegentritt, dem weichen sie aus. Das Siechthum zieht sie herbei. Wo die Gesundheit des Geistes aufhört, da fängt ihre Thätigkeit und ihr Einfluß an. So lange die Thiere krank sind, kriechen sie zu ihnen in ihre Zufluchtsstätten, betasten und streicheln sie mit den Fühlhörnern, stellen sich wie ihre Freunde, schmeicheln sich auf jede Weise ein, schwatzen ihnen allerlei Unsinn vor von einer andern Welt, in welcher die fleischfressenden Insekten für ihre Sünden gestraft, die pflanzenfressenden für ihren harmlosen Charakter belohnt würden - dabei aber spähen nur irgend eßbar oder verzehrbar ist, Fleisch, Häute, Mehl, Wolle, alles Gebackene, Gekochte, Gebratene, Geröstete, Gedörrte und Geräucherte dient ihrer unstillbaren Gefräßigkeit. Ein Menschenschriftsteller, der alte Oken, führt ausdrücklich an: „auch fressen sie die Oblaten im Schreibzeug und finden sich häufig am Rande des Tintenfasses, als ob sie Geschmack an der Tinte hätten.“ (Oken’s Naturgeschichte S. 1506 Band V.) Ja, theure Verwandte, so weit geht die Gefräßigkeit dieser schwarzen Gesellen, daß sie sogar Oblaten, weiße, fade, geschmacklose Oblaten mit Gier, mit einer Art Wollust verzehren! Oblaten! Kann man sich etwas Insipideres denken, als Oblaten? Es soll sogar unter diesen schwarzen Thieren der Aberglaube verbreitet sein, daß sie nicht glücklich werden könnten, wenn sie nicht eine bestimmte Zahl Oblaten während ihres Leben verzehrten. Was diese Oblatenfresser einmal erspäht oder ergriffen haben, lassen sie nicht wieder los. So verderblich, nagend, schabend und zerstörend sie sind, so sehr können sie auf der andern Seite sich einschmeicheln. Nur an todten Thieren finden sie eine Beute. Was in frischer Kraft gesund und lebensfroh ihnen entgegentritt, dem weichen sie aus. Das Siechthum zieht sie herbei. Wo die Gesundheit des Geistes aufhört, da fängt ihre Thätigkeit und ihr Einfluß an. So lange die Thiere krank sind, kriechen sie zu ihnen in ihre Zufluchtsstätten, betasten und streicheln sie mit den Fühlhörnern, stellen sich wie ihre Freunde, schmeicheln sich auf jede Weise ein, schwatzen ihnen allerlei Unsinn vor von einer andern Welt, in welcher die fleischfressenden Insekten für ihre Sünden gestraft, die pflanzenfressenden für ihren harmlosen Charakter belohnt würden – dabei aber spähen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" n="130"/> nur irgend eßbar oder verzehrbar ist, Fleisch, Häute, Mehl, Wolle, alles Gebackene, Gekochte, Gebratene, Geröstete, Gedörrte und Geräucherte dient ihrer unstillbaren Gefräßigkeit. Ein Menschenschriftsteller, der alte Oken, führt ausdrücklich an: „auch fressen sie die Oblaten im Schreibzeug und finden sich häufig am Rande des Tintenfasses, als ob sie Geschmack an der Tinte hätten.“ (Oken’s Naturgeschichte S. 1506 Band V.) Ja, theure Verwandte, so weit geht die Gefräßigkeit dieser schwarzen Gesellen, daß sie sogar Oblaten, weiße, fade, geschmacklose Oblaten mit Gier, mit einer Art Wollust verzehren! Oblaten! Kann man sich etwas Insipideres denken, als Oblaten? Es soll sogar unter diesen schwarzen Thieren der Aberglaube verbreitet sein, daß sie nicht glücklich werden könnten, wenn sie nicht eine bestimmte Zahl Oblaten während ihres Leben verzehrten.</p> <p>Was diese Oblatenfresser einmal erspäht oder ergriffen haben, lassen sie nicht wieder los. So verderblich, nagend, schabend und zerstörend sie sind, so sehr können sie auf der andern Seite sich einschmeicheln. Nur an todten Thieren finden sie eine Beute. Was in frischer Kraft gesund und lebensfroh ihnen entgegentritt, dem weichen sie aus. Das Siechthum zieht sie herbei. Wo die Gesundheit des Geistes aufhört, da fängt ihre Thätigkeit und ihr Einfluß an. So lange die Thiere krank sind, kriechen sie zu ihnen in ihre Zufluchtsstätten, betasten und streicheln sie mit den Fühlhörnern, stellen sich wie ihre Freunde, schmeicheln sich auf jede Weise ein, schwatzen ihnen allerlei Unsinn vor von einer andern Welt, in welcher die fleischfressenden Insekten für ihre Sünden gestraft, die pflanzenfressenden für ihren harmlosen Charakter belohnt würden – dabei aber spähen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0158]
nur irgend eßbar oder verzehrbar ist, Fleisch, Häute, Mehl, Wolle, alles Gebackene, Gekochte, Gebratene, Geröstete, Gedörrte und Geräucherte dient ihrer unstillbaren Gefräßigkeit. Ein Menschenschriftsteller, der alte Oken, führt ausdrücklich an: „auch fressen sie die Oblaten im Schreibzeug und finden sich häufig am Rande des Tintenfasses, als ob sie Geschmack an der Tinte hätten.“ (Oken’s Naturgeschichte S. 1506 Band V.) Ja, theure Verwandte, so weit geht die Gefräßigkeit dieser schwarzen Gesellen, daß sie sogar Oblaten, weiße, fade, geschmacklose Oblaten mit Gier, mit einer Art Wollust verzehren! Oblaten! Kann man sich etwas Insipideres denken, als Oblaten? Es soll sogar unter diesen schwarzen Thieren der Aberglaube verbreitet sein, daß sie nicht glücklich werden könnten, wenn sie nicht eine bestimmte Zahl Oblaten während ihres Leben verzehrten.
Was diese Oblatenfresser einmal erspäht oder ergriffen haben, lassen sie nicht wieder los. So verderblich, nagend, schabend und zerstörend sie sind, so sehr können sie auf der andern Seite sich einschmeicheln. Nur an todten Thieren finden sie eine Beute. Was in frischer Kraft gesund und lebensfroh ihnen entgegentritt, dem weichen sie aus. Das Siechthum zieht sie herbei. Wo die Gesundheit des Geistes aufhört, da fängt ihre Thätigkeit und ihr Einfluß an. So lange die Thiere krank sind, kriechen sie zu ihnen in ihre Zufluchtsstätten, betasten und streicheln sie mit den Fühlhörnern, stellen sich wie ihre Freunde, schmeicheln sich auf jede Weise ein, schwatzen ihnen allerlei Unsinn vor von einer andern Welt, in welcher die fleischfressenden Insekten für ihre Sünden gestraft, die pflanzenfressenden für ihren harmlosen Charakter belohnt würden – dabei aber spähen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |