Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.wo die eingeschlossene Puppe ihre Hülse sprengt, um als Gebieterin hervorzutreten. Endlich enscheint der ersehnte Augenblick. Eine der jungen Königinnen nagt mit ihren Kiefern ein Loch in den Deckel ihrer Zelle. Der Flügeltelegraph der Bienen kündigt sogleich durch gehobenes Summen das Ereigniß bis in die entferntesten Winkel. Die Königin-Mutter, gefolgt von ihren Dienern und Drohnen, naht sich der Zelle, von welcher das Summen ausgeht. Kommt sie, ihr Kind zu begrüßen? Nein! Sie naht in feindlicher Absicht, im lebhaftesten Zorne, mit allen Anzeichen der Wuth. Die jungen Arbeiter, welche die Zelle der Neugeborenen decken, werfen sich dazwischen; die Einen stopfen die Löcher zu, welche die junge Königin bricht, um sie vor dem Zorne ihrer Mutter zu schützen; die Anderen stellen sich dieser entgegen, hindern sie, vorzudringen und schützen mit ihren Leibern das Kind gegen die eigene Mutter. Zuweilen dringt diese wirklich bis zur Zelle vor und senkt unerbittlich ihren Stachel in dieselbe, um die Eingeschlossene, deren Ringel noch weich sind, zu tödten. Meist aber gelingt es der Aufopferung der jungen Bienen, sie fern zu halten. Endlich steht die Megäre von ihrem Beginnen ab. In ungeheurer Aufregung läuft sie auf dem Boden des Stockes hin und her. Nichts kann sie besänftigen; - die Schmeicheleien der Diener weißt sie zurück, den dargebotenen Honig verschmäht sie. Endlich eilt sie hinaus zu ihren Getreuen. Diese haben ihre Berathung geschlossen. "Königin," rufen sie, "wir sind kräftig, geübt in der Arbeit, treu dir ergeben. Aber wir kämpfen nicht um den Besitz des Stockes, über den die junge Königin herrschen mag. Sollen wir die Kinder, die wir verpflegt und genährt haben, die Arbeiterinnen, die wo die eingeschlossene Puppe ihre Hülse sprengt, um als Gebieterin hervorzutreten. Endlich enscheint der ersehnte Augenblick. Eine der jungen Königinnen nagt mit ihren Kiefern ein Loch in den Deckel ihrer Zelle. Der Flügeltelegraph der Bienen kündigt sogleich durch gehobenes Summen das Ereigniß bis in die entferntesten Winkel. Die Königin-Mutter, gefolgt von ihren Dienern und Drohnen, naht sich der Zelle, von welcher das Summen ausgeht. Kommt sie, ihr Kind zu begrüßen? Nein! Sie naht in feindlicher Absicht, im lebhaftesten Zorne, mit allen Anzeichen der Wuth. Die jungen Arbeiter, welche die Zelle der Neugeborenen decken, werfen sich dazwischen; die Einen stopfen die Löcher zu, welche die junge Königin bricht, um sie vor dem Zorne ihrer Mutter zu schützen; die Anderen stellen sich dieser entgegen, hindern sie, vorzudringen und schützen mit ihren Leibern das Kind gegen die eigene Mutter. Zuweilen dringt diese wirklich bis zur Zelle vor und senkt unerbittlich ihren Stachel in dieselbe, um die Eingeschlossene, deren Ringel noch weich sind, zu tödten. Meist aber gelingt es der Aufopferung der jungen Bienen, sie fern zu halten. Endlich steht die Megäre von ihrem Beginnen ab. In ungeheurer Aufregung läuft sie auf dem Boden des Stockes hin und her. Nichts kann sie besänftigen; – die Schmeicheleien der Diener weißt sie zurück, den dargebotenen Honig verschmäht sie. Endlich eilt sie hinaus zu ihren Getreuen. Diese haben ihre Berathung geschlossen. „Königin,“ rufen sie, „wir sind kräftig, geübt in der Arbeit, treu dir ergeben. Aber wir kämpfen nicht um den Besitz des Stockes, über den die junge Königin herrschen mag. Sollen wir die Kinder, die wir verpflegt und genährt haben, die Arbeiterinnen, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0118" n="92"/> wo die eingeschlossene Puppe ihre Hülse sprengt, um als Gebieterin hervorzutreten.</p> <p>Endlich enscheint der ersehnte Augenblick. Eine der jungen Königinnen nagt mit ihren Kiefern ein Loch in den Deckel ihrer Zelle. Der Flügeltelegraph der Bienen kündigt sogleich durch gehobenes Summen das Ereigniß bis in die entferntesten Winkel. Die Königin-Mutter, gefolgt von ihren Dienern und Drohnen, naht sich der Zelle, von welcher das Summen ausgeht. Kommt sie, ihr Kind zu begrüßen? Nein! Sie naht in feindlicher Absicht, im lebhaftesten Zorne, mit allen Anzeichen der Wuth. Die jungen Arbeiter, welche die Zelle der Neugeborenen decken, werfen sich dazwischen; die Einen stopfen die Löcher zu, welche die junge Königin bricht, um sie vor dem Zorne ihrer Mutter zu schützen; die Anderen stellen sich dieser entgegen, hindern sie, vorzudringen und schützen mit ihren Leibern das Kind gegen die eigene Mutter. Zuweilen dringt diese wirklich bis zur Zelle vor und senkt unerbittlich ihren Stachel in dieselbe, um die Eingeschlossene, deren Ringel noch weich sind, zu tödten. Meist aber gelingt es der Aufopferung der jungen Bienen, sie fern zu halten. Endlich steht die Megäre von ihrem Beginnen ab. In ungeheurer Aufregung läuft sie auf dem Boden des Stockes hin und her. Nichts kann sie besänftigen; – die Schmeicheleien der Diener weißt sie zurück, den dargebotenen Honig verschmäht sie. Endlich eilt sie hinaus zu ihren Getreuen. Diese haben ihre Berathung geschlossen. „Königin,“ rufen sie, „wir sind kräftig, geübt in der Arbeit, treu dir ergeben. Aber wir kämpfen nicht um den Besitz des Stockes, über den die junge Königin herrschen mag. Sollen wir die Kinder, die wir verpflegt und genährt haben, die Arbeiterinnen, die </p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0118]
wo die eingeschlossene Puppe ihre Hülse sprengt, um als Gebieterin hervorzutreten.
Endlich enscheint der ersehnte Augenblick. Eine der jungen Königinnen nagt mit ihren Kiefern ein Loch in den Deckel ihrer Zelle. Der Flügeltelegraph der Bienen kündigt sogleich durch gehobenes Summen das Ereigniß bis in die entferntesten Winkel. Die Königin-Mutter, gefolgt von ihren Dienern und Drohnen, naht sich der Zelle, von welcher das Summen ausgeht. Kommt sie, ihr Kind zu begrüßen? Nein! Sie naht in feindlicher Absicht, im lebhaftesten Zorne, mit allen Anzeichen der Wuth. Die jungen Arbeiter, welche die Zelle der Neugeborenen decken, werfen sich dazwischen; die Einen stopfen die Löcher zu, welche die junge Königin bricht, um sie vor dem Zorne ihrer Mutter zu schützen; die Anderen stellen sich dieser entgegen, hindern sie, vorzudringen und schützen mit ihren Leibern das Kind gegen die eigene Mutter. Zuweilen dringt diese wirklich bis zur Zelle vor und senkt unerbittlich ihren Stachel in dieselbe, um die Eingeschlossene, deren Ringel noch weich sind, zu tödten. Meist aber gelingt es der Aufopferung der jungen Bienen, sie fern zu halten. Endlich steht die Megäre von ihrem Beginnen ab. In ungeheurer Aufregung läuft sie auf dem Boden des Stockes hin und her. Nichts kann sie besänftigen; – die Schmeicheleien der Diener weißt sie zurück, den dargebotenen Honig verschmäht sie. Endlich eilt sie hinaus zu ihren Getreuen. Diese haben ihre Berathung geschlossen. „Königin,“ rufen sie, „wir sind kräftig, geübt in der Arbeit, treu dir ergeben. Aber wir kämpfen nicht um den Besitz des Stockes, über den die junge Königin herrschen mag. Sollen wir die Kinder, die wir verpflegt und genährt haben, die Arbeiterinnen, die
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