Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.Lande ihnen entgegen bringt. Jede Behauptung ist ihrer Probe werth - die Liebe bestätigt sich durch Opfer. Ihr behauptet, der monarchische Sinn sei tief im Volke gegründet, es liebe seine Fürsten, es hänge an ihnen mit wahrer Herzensneigung - laßt doch sehen, ob diese Liebe auch so groß ist, daß sie Opfer hervorrufen würde? Doch ich kehre zu dem Leben der Königin zurück. So lange sie allein im Stocke ist, widmet sie sich ganz der Sorge des Staates, legt ihre Eier, unterhält sich mit den Drohnen, kurz ist das herrlichste, gemüthlichste, gutmüthigste, weiblichste Wesen unter der Sonne. Geliebt und geachtet von ihren Unterthanen, gefolgt von ihrer Sorgfalt und Anhänglichkeit, verlebt sie glückliche Tage inmitten eines treuen Volkes, das sich in jeder Weise bestrebt, sie zu erheitern und ihr dienstbar zu sein. Man kann sie ohne Gefahr zwischen die Finger nehmen, auf der Hand herumlaufen lassen, sie streicheln und packen - man hat keinen Stich zu fürchten. So gutmüthig ist die Herrscherin, daß die Alten ihr sogar zum Theil den Stachel absprachen - einige Schriftsteller behaupteten selbst, es sei des Königs unwürdig, die Waffe zu tragen und selbst den Scharfrichter zu machen. Aber dieß sanfte, gutmüthige, scheinbar nur von Liebe zu seinen Unterthanen erfüllte Geschöpf hat eine entsetzliche Leidenschaft, welche sie zu den gräßlichsten Verbrechen hinreißt und mit zerstörendem Gifte das Innere dieser schönen Seele verwüstet. In den Ausbrüchen dieser Leidenschaft scheut sie keine Familienbande, keine äußeren Verhältnisse; - mit giftigem Stachel greift sie Eltern, Geschwister und Kinder an, um sie ihrer Raserei zu opfern. Die Herrschsucht bringt diese schauderhafte Veränderung hervor, wandelt den Engel in ein teuflisches Wesen. Einzig und allein zu Lande ihnen entgegen bringt. Jede Behauptung ist ihrer Probe werth – die Liebe bestätigt sich durch Opfer. Ihr behauptet, der monarchische Sinn sei tief im Volke gegründet, es liebe seine Fürsten, es hänge an ihnen mit wahrer Herzensneigung – laßt doch sehen, ob diese Liebe auch so groß ist, daß sie Opfer hervorrufen würde? Doch ich kehre zu dem Leben der Königin zurück. So lange sie allein im Stocke ist, widmet sie sich ganz der Sorge des Staates, legt ihre Eier, unterhält sich mit den Drohnen, kurz ist das herrlichste, gemüthlichste, gutmüthigste, weiblichste Wesen unter der Sonne. Geliebt und geachtet von ihren Unterthanen, gefolgt von ihrer Sorgfalt und Anhänglichkeit, verlebt sie glückliche Tage inmitten eines treuen Volkes, das sich in jeder Weise bestrebt, sie zu erheitern und ihr dienstbar zu sein. Man kann sie ohne Gefahr zwischen die Finger nehmen, auf der Hand herumlaufen lassen, sie streicheln und packen – man hat keinen Stich zu fürchten. So gutmüthig ist die Herrscherin, daß die Alten ihr sogar zum Theil den Stachel absprachen – einige Schriftsteller behaupteten selbst, es sei des Königs unwürdig, die Waffe zu tragen und selbst den Scharfrichter zu machen. Aber dieß sanfte, gutmüthige, scheinbar nur von Liebe zu seinen Unterthanen erfüllte Geschöpf hat eine entsetzliche Leidenschaft, welche sie zu den gräßlichsten Verbrechen hinreißt und mit zerstörendem Gifte das Innere dieser schönen Seele verwüstet. In den Ausbrüchen dieser Leidenschaft scheut sie keine Familienbande, keine äußeren Verhältnisse; – mit giftigem Stachel greift sie Eltern, Geschwister und Kinder an, um sie ihrer Raserei zu opfern. Die Herrschsucht bringt diese schauderhafte Veränderung hervor, wandelt den Engel in ein teuflisches Wesen. Einzig und allein zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0116" n="90"/> Lande ihnen entgegen bringt. Jede Behauptung ist ihrer Probe werth – die Liebe bestätigt sich durch Opfer. 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So gutmüthig ist die Herrscherin, daß die Alten ihr sogar zum Theil den Stachel absprachen – einige Schriftsteller behaupteten selbst, es sei des Königs unwürdig, die Waffe zu tragen und selbst den Scharfrichter zu machen. Aber dieß sanfte, gutmüthige, scheinbar nur von Liebe zu seinen Unterthanen erfüllte Geschöpf hat eine entsetzliche Leidenschaft, welche sie zu den gräßlichsten Verbrechen hinreißt und mit zerstörendem Gifte das Innere dieser schönen Seele verwüstet. In den Ausbrüchen dieser Leidenschaft scheut sie keine Familienbande, keine äußeren Verhältnisse; – mit giftigem Stachel greift sie Eltern, Geschwister und Kinder an, um sie ihrer Raserei zu opfern. Die Herrschsucht bringt diese schauderhafte Veränderung hervor, wandelt den Engel in ein teuflisches Wesen. Einzig und allein zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0116]
Lande ihnen entgegen bringt. Jede Behauptung ist ihrer Probe werth – die Liebe bestätigt sich durch Opfer. Ihr behauptet, der monarchische Sinn sei tief im Volke gegründet, es liebe seine Fürsten, es hänge an ihnen mit wahrer Herzensneigung – laßt doch sehen, ob diese Liebe auch so groß ist, daß sie Opfer hervorrufen würde?
Doch ich kehre zu dem Leben der Königin zurück. So lange sie allein im Stocke ist, widmet sie sich ganz der Sorge des Staates, legt ihre Eier, unterhält sich mit den Drohnen, kurz ist das herrlichste, gemüthlichste, gutmüthigste, weiblichste Wesen unter der Sonne. Geliebt und geachtet von ihren Unterthanen, gefolgt von ihrer Sorgfalt und Anhänglichkeit, verlebt sie glückliche Tage inmitten eines treuen Volkes, das sich in jeder Weise bestrebt, sie zu erheitern und ihr dienstbar zu sein. Man kann sie ohne Gefahr zwischen die Finger nehmen, auf der Hand herumlaufen lassen, sie streicheln und packen – man hat keinen Stich zu fürchten. So gutmüthig ist die Herrscherin, daß die Alten ihr sogar zum Theil den Stachel absprachen – einige Schriftsteller behaupteten selbst, es sei des Königs unwürdig, die Waffe zu tragen und selbst den Scharfrichter zu machen. Aber dieß sanfte, gutmüthige, scheinbar nur von Liebe zu seinen Unterthanen erfüllte Geschöpf hat eine entsetzliche Leidenschaft, welche sie zu den gräßlichsten Verbrechen hinreißt und mit zerstörendem Gifte das Innere dieser schönen Seele verwüstet. In den Ausbrüchen dieser Leidenschaft scheut sie keine Familienbande, keine äußeren Verhältnisse; – mit giftigem Stachel greift sie Eltern, Geschwister und Kinder an, um sie ihrer Raserei zu opfern. Die Herrschsucht bringt diese schauderhafte Veränderung hervor, wandelt den Engel in ein teuflisches Wesen. Einzig und allein zu
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Zitationshilfe: | Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/116>, abgerufen am 03.07.2024. |