Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

manchmal und zwar besonders bei Gründung einer neuen Staatskolonie geltend macht. Im Uebrigen ist das absolute Veto durchaus obsolet geworden, da bei den revolutionären Gelegenheiten, von welchen wir am Schlusse reden werden, die Bienen stets die weise Vorsicht gebrauchen, sich zuerst der Königin zu versichern und dann erst über ihre aristokratischen Gegner herzufallen. Die Arbeiterbienen sind in solchen Fällen weder einfältig noch gutmüthig genug, ihre Herrscherin ausfliegen zu lassen, - sie wissen, daß unmittelbar an der Gränze sie Umtriebe anzetteln, die weniger Festen allmälich an sich heranziehen, durch alle Mittel der Korruption und der Intrigue die Revolution schwächen und am Ende vielleicht gar durch fremde Hülfe sie besiegen würde. Die Bienen stürzen sich demnach bei Revolutionen zuerst auf die Königin und versichern sich ihrer Person - sie wünschen ihr weder glückliche Reise, noch befördern sie ihr Fortkommen - sie halten diesen Inhaber der Krone fest, um später, nach vollendeter Revolution, über sein Schicksal zu entscheiden. So handelten die Bienen schon lange vor dem Jahre 1789!

Den Prärogativen der Krone stehen gegenüber die Rechte des Volkes. Die französische Monarchie war vor der Revolution Absolutismus, gemildert durch Spottlieder; die russische ist noch gegenwärtig Despotie, gemildert durch Verschwörungen und Meuchelmord; man könnte vielleicht die Bienenmonarchie auch eine Autokratie nennen, gemildert durch socialistische Kommunaleinrichtungen und mangelhaftes Volksbewußtsein. Die heimkehrende Biene bietet ihren Genossen den Ueberfluß ihres Honigs, ihrer Höschen an - für sich nimmt sie nur, was sie zur Stillung ihres Hungers

manchmal und zwar besonders bei Gründung einer neuen Staatskolonie geltend macht. Im Uebrigen ist das absolute Veto durchaus obsolet geworden, da bei den revolutionären Gelegenheiten, von welchen wir am Schlusse reden werden, die Bienen stets die weise Vorsicht gebrauchen, sich zuerst der Königin zu versichern und dann erst über ihre aristokratischen Gegner herzufallen. Die Arbeiterbienen sind in solchen Fällen weder einfältig noch gutmüthig genug, ihre Herrscherin ausfliegen zu lassen, – sie wissen, daß unmittelbar an der Gränze sie Umtriebe anzetteln, die weniger Festen allmälich an sich heranziehen, durch alle Mittel der Korruption und der Intrigue die Revolution schwächen und am Ende vielleicht gar durch fremde Hülfe sie besiegen würde. Die Bienen stürzen sich demnach bei Revolutionen zuerst auf die Königin und versichern sich ihrer Person – sie wünschen ihr weder glückliche Reise, noch befördern sie ihr Fortkommen – sie halten diesen Inhaber der Krone fest, um später, nach vollendeter Revolution, über sein Schicksal zu entscheiden. So handelten die Bienen schon lange vor dem Jahre 1789!

Den Prärogativen der Krone stehen gegenüber die Rechte des Volkes. Die französische Monarchie war vor der Revolution Absolutismus, gemildert durch Spottlieder; die russische ist noch gegenwärtig Despotie, gemildert durch Verschwörungen und Meuchelmord; man könnte vielleicht die Bienenmonarchie auch eine Autokratie nennen, gemildert durch socialistische Kommunaleinrichtungen und mangelhaftes Volksbewußtsein. Die heimkehrende Biene bietet ihren Genossen den Ueberfluß ihres Honigs, ihrer Höschen an – für sich nimmt sie nur, was sie zur Stillung ihres Hungers

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="78"/>
manchmal und zwar besonders bei Gründung einer neuen Staatskolonie geltend macht. Im Uebrigen ist das absolute Veto durchaus obsolet geworden, da bei den revolutionären Gelegenheiten, von welchen wir am Schlusse reden werden, die Bienen stets die weise Vorsicht gebrauchen, sich zuerst der Königin zu versichern und dann erst über ihre aristokratischen Gegner herzufallen. Die Arbeiterbienen sind in solchen Fällen weder einfältig noch gutmüthig genug, ihre Herrscherin ausfliegen zu lassen, &#x2013; sie wissen, daß unmittelbar an der Gränze sie Umtriebe anzetteln, die weniger Festen allmälich an sich heranziehen, durch alle Mittel der Korruption und der Intrigue die Revolution schwächen und am Ende vielleicht gar durch fremde Hülfe sie besiegen würde. Die Bienen stürzen sich demnach bei Revolutionen zuerst auf die Königin und versichern sich ihrer Person &#x2013; sie wünschen ihr weder glückliche Reise, noch befördern sie ihr Fortkommen &#x2013; sie halten diesen Inhaber der Krone fest, um später, nach vollendeter Revolution, über sein Schicksal zu entscheiden. So handelten die Bienen schon lange vor dem Jahre 1789!</p>
        <p>Den Prärogativen der Krone stehen gegenüber die Rechte des Volkes. Die französische Monarchie war vor der Revolution Absolutismus, gemildert durch Spottlieder; die russische ist noch gegenwärtig Despotie, gemildert durch Verschwörungen und Meuchelmord; man könnte vielleicht die Bienenmonarchie auch eine Autokratie nennen, gemildert durch socialistische Kommunaleinrichtungen und mangelhaftes Volksbewußtsein. Die heimkehrende Biene bietet ihren Genossen den Ueberfluß ihres Honigs, ihrer Höschen an &#x2013; für sich nimmt sie nur, was sie zur Stillung ihres Hungers
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0104] manchmal und zwar besonders bei Gründung einer neuen Staatskolonie geltend macht. Im Uebrigen ist das absolute Veto durchaus obsolet geworden, da bei den revolutionären Gelegenheiten, von welchen wir am Schlusse reden werden, die Bienen stets die weise Vorsicht gebrauchen, sich zuerst der Königin zu versichern und dann erst über ihre aristokratischen Gegner herzufallen. Die Arbeiterbienen sind in solchen Fällen weder einfältig noch gutmüthig genug, ihre Herrscherin ausfliegen zu lassen, – sie wissen, daß unmittelbar an der Gränze sie Umtriebe anzetteln, die weniger Festen allmälich an sich heranziehen, durch alle Mittel der Korruption und der Intrigue die Revolution schwächen und am Ende vielleicht gar durch fremde Hülfe sie besiegen würde. Die Bienen stürzen sich demnach bei Revolutionen zuerst auf die Königin und versichern sich ihrer Person – sie wünschen ihr weder glückliche Reise, noch befördern sie ihr Fortkommen – sie halten diesen Inhaber der Krone fest, um später, nach vollendeter Revolution, über sein Schicksal zu entscheiden. So handelten die Bienen schon lange vor dem Jahre 1789! Den Prärogativen der Krone stehen gegenüber die Rechte des Volkes. Die französische Monarchie war vor der Revolution Absolutismus, gemildert durch Spottlieder; die russische ist noch gegenwärtig Despotie, gemildert durch Verschwörungen und Meuchelmord; man könnte vielleicht die Bienenmonarchie auch eine Autokratie nennen, gemildert durch socialistische Kommunaleinrichtungen und mangelhaftes Volksbewußtsein. Die heimkehrende Biene bietet ihren Genossen den Ueberfluß ihres Honigs, ihrer Höschen an – für sich nimmt sie nur, was sie zur Stillung ihres Hungers

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/104
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/104>, abgerufen am 05.05.2024.