Die Familie der Wurmzüngler(Vermilinguia) besitzt einen äu- ßerst langen, nach vorn zugespitzten Kopf mit kleiner Mundöffnung, aus welcher eine dünne, sehr lange und bewegliche Zunge hervorge- streckt werden kann; Augen und Augenhöhlen sind sehr klein, letztere meist in die Schläfengruben geöffnet, der Schädel ohne vorspringende Leisten, die Kiefer schwach, dünn, entweder ganz zahnlos oder, beim Kap'schen Erdschwein, mit einigen wenigen platten Mahlzähnen ver- sehen, die eine fast nur hornartige Consistenz haben und aus einzel- nen senkrecht stehenden Zahnröhren zusammengesetzt sind, welche durch eine weichere Substanz mit einander verbunden werden; die Füße sind kurz, aber äußerst kräftig, meist mit vier oder fünf langen Sichelkrallen versehen, der Körper lang gestreckt, die Haut bald fast nackt, bald mit dichtem, ziemlich langem Haare, bald mit dachziegelartig übereinander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus zusammengeklebten Hornfasern bestehen. Die Thiere leben sämmtlich in Erdhöhlen und nähren sich von Amei- sen und Termiten, deren Hügel sie mit den einwärts gebogenen vor- deren Krallenfüßen aufscharren. In die Oeffnung, welche bald von zornig herbeilaufenden Ameisen erfüllt wird, steckt das Thier die lange klebrige, mit hornigem Ueberzuge, Stacheln und Spitzen versehene Zunge, die es zurückzieht, sobald eine hinlängliche Anzahl von Amei- sen sich mit ihren Kiefern darin eingebissen haben. Myrmecophaga; Orycteropus; Manis; Glossotherium; Macrotherium.
Die Familie der Gürtelthiere(Cingulata) besitzt einen weniger zugespitzten, mehr kegelförmigen Kopf mit schwachen Kiefern, in denen oft eine große Anzahl kleiner, säulenförmiger, wurzelloser Backzähne stecken. Die Zunge ist kurz, fleischig. Der ganze Körper ist durch kleine Täfelchen gepanzert, die an dem Bauche und den Extremitäten
[Abbildung]
Fig. 1410.
Langſchwänziges Schuppenthier (Manis macrura).
Die Familie der Wurmzüngler(Vermilinguia) beſitzt einen äu- ßerſt langen, nach vorn zugeſpitzten Kopf mit kleiner Mundöffnung, aus welcher eine dünne, ſehr lange und bewegliche Zunge hervorge- ſtreckt werden kann; Augen und Augenhöhlen ſind ſehr klein, letztere meiſt in die Schläfengruben geöffnet, der Schädel ohne vorſpringende Leiſten, die Kiefer ſchwach, dünn, entweder ganz zahnlos oder, beim Kap’ſchen Erdſchwein, mit einigen wenigen platten Mahlzähnen ver- ſehen, die eine faſt nur hornartige Conſiſtenz haben und aus einzel- nen ſenkrecht ſtehenden Zahnröhren zuſammengeſetzt ſind, welche durch eine weichere Subſtanz mit einander verbunden werden; die Füße ſind kurz, aber äußerſt kräftig, meiſt mit vier oder fünf langen Sichelkrallen verſehen, der Körper lang geſtreckt, die Haut bald faſt nackt, bald mit dichtem, ziemlich langem Haare, bald mit dachziegelartig übereinander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus zuſammengeklebten Hornfaſern beſtehen. Die Thiere leben ſämmtlich in Erdhöhlen und nähren ſich von Amei- ſen und Termiten, deren Hügel ſie mit den einwärts gebogenen vor- deren Krallenfüßen aufſcharren. In die Oeffnung, welche bald von zornig herbeilaufenden Ameiſen erfüllt wird, ſteckt das Thier die lange klebrige, mit hornigem Ueberzuge, Stacheln und Spitzen verſehene Zunge, die es zurückzieht, ſobald eine hinlängliche Anzahl von Amei- ſen ſich mit ihren Kiefern darin eingebiſſen haben. Myrmecophaga; Orycteropus; Manis; Glossotherium; Macrotherium.
Die Familie der Gürtelthiere(Cingulata) beſitzt einen weniger zugeſpitzten, mehr kegelförmigen Kopf mit ſchwachen Kiefern, in denen oft eine große Anzahl kleiner, ſäulenförmiger, wurzelloſer Backzähne ſtecken. Die Zunge iſt kurz, fleiſchig. Der ganze Körper iſt durch kleine Täfelchen gepanzert, die an dem Bauche und den Extremitäten
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[Abbildung Fig. 1410.
Langſchwänziges Schuppenthier (Manis macrura). ]
Die Familie der Wurmzüngler (Vermilinguia) beſitzt einen äu-
ßerſt langen, nach vorn zugeſpitzten Kopf mit kleiner Mundöffnung,
aus welcher eine dünne, ſehr lange und bewegliche Zunge hervorge-
ſtreckt werden kann; Augen und Augenhöhlen ſind ſehr klein, letztere
meiſt in die Schläfengruben geöffnet, der Schädel ohne vorſpringende
Leiſten, die Kiefer ſchwach, dünn, entweder ganz zahnlos oder, beim
Kap’ſchen Erdſchwein, mit einigen wenigen platten Mahlzähnen ver-
ſehen, die eine faſt nur hornartige Conſiſtenz haben und aus einzel-
nen ſenkrecht ſtehenden Zahnröhren zuſammengeſetzt ſind, welche durch eine
weichere Subſtanz mit einander verbunden werden; die Füße ſind kurz,
aber äußerſt kräftig, meiſt mit vier oder fünf langen Sichelkrallen verſehen,
der Körper lang geſtreckt, die Haut bald faſt nackt, bald mit dichtem,
ziemlich langem Haare, bald mit dachziegelartig übereinander liegenden
Schuppen bedeckt, welche aus zuſammengeklebten Hornfaſern beſtehen.
Die Thiere leben ſämmtlich in Erdhöhlen und nähren ſich von Amei-
ſen und Termiten, deren Hügel ſie mit den einwärts gebogenen vor-
deren Krallenfüßen aufſcharren. In die Oeffnung, welche bald von
zornig herbeilaufenden Ameiſen erfüllt wird, ſteckt das Thier die lange
klebrige, mit hornigem Ueberzuge, Stacheln und Spitzen verſehene
Zunge, die es zurückzieht, ſobald eine hinlängliche Anzahl von Amei-
ſen ſich mit ihren Kiefern darin eingebiſſen haben. Myrmecophaga;
Orycteropus; Manis; Glossotherium; Macrotherium.
Die Familie der Gürtelthiere (Cingulata) beſitzt einen weniger
zugeſpitzten, mehr kegelförmigen Kopf mit ſchwachen Kiefern, in denen
oft eine große Anzahl kleiner, ſäulenförmiger, wurzelloſer Backzähne
ſtecken. Die Zunge iſt kurz, fleiſchig. Der ganze Körper iſt durch
kleine Täfelchen gepanzert, die an dem Bauche und den Extremitäten
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/488>, abgerufen am 22.11.2024.
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