wöhnlich bei anderen Säugethieren vorhanden sind. Der Kopf erscheint von dem übrigen Körper durchaus nicht abgesetzt, dr Schädel ist sehr platt, der Gehirntheil oft ungemein klein; das Gesicht dagegen groß und die Kiefer meist bedeutend vorgezogen. Das Hinterhauptsgelenk steht vollkommen an der hinteren Fläche des Schädels in senkrechter Stellung und es fehlen jene starken Leisten und Vorsprünge, so wie die Dornfortsätz der Halswirbel, an welchen bei den Landsäugethieren besonders das den Kopf tragende Nackenband sich anheftet, dessen Funktion hier unnöthig geworden ist, da das Gewicht des mit großen Fettzellen versehenen Schädels hauptsächlich von dem Wasser getragen wird. Ein äußeres Ohr fehlt allen Cetaceen, die meist nur sehr kleine einfache Oeffnung läßt sich nur schwer auffinden. Der ganze Körper ist unter der dicken, meist haarlosen oder nur mit zerstreuten Borsten besetzten Haut von einer dicken Specklage umhüllt, zu deren Gewin- nung besonders auf die Thiere dieser Ordnung Jagd gemacht wird. Wir unterscheiden drei Unterordnungen, die sich besonders durch ihre Bezahnung charakterisiren.
Die eigentlichen Walthiere (Cetacea) haben so sehr vor allen anderen die Fischgestalt, daß sie an den meisten Küsten nicht von den gewöhnlichen Fischen unterschieden werden; zur Vermehrung dieser Aehnlichkeit besitzen viele dieser Thiere noch eine Rückenflosse, die indeß nur durch Faserknorpel gestützt ist. Der Kopf ist ungemein groß, so daß er bei manchen ein Drittel der ganzen Länge des Thie- res einnimmt und der Schädel meist in der Art unsymmetrisch ausge- bildet, daß die der rechten Seite angehörigen Knochen größer und länger, die Oeffnungen der linken Seite (Nasenloch etc.) größer sind. Eine besondere Eigenthümlichkeit des Schädelbaues liegt noch in der Struktur des Felsenbeines, welches von elfenbeinerner Härte und mit den übrigen Theilen des Schläfenbeines nicht verwachsen, sondern nur durch Bandmasse und Fasern verbunden ist, so daß es bei der Fäul- niß der Theile lose wird; eine Bildung, die übrigens auch den See- kühen eigen ist. Der Rachen ungeheuer weit gespalten, die Kiefer bei den Jungen stets, bei den Alten nicht immer mit einer großen Anzahl spitzer, kegelförmiger Zähne bewaffnet, die in der ganzen Länge des Kiefers keinen Unterschied zeigen und mit einer einfachen Wurzel in den Zahnhöhlen der Kinnladen stecken. Das Gehirn der Wale ist auffallend in die Breite entwickelt -- seine Windungen meist tief und zahlreich. Das Auge der Walthiere ist verhältnißmäßig sehr klein
wöhnlich bei anderen Säugethieren vorhanden ſind. Der Kopf erſcheint von dem übrigen Körper durchaus nicht abgeſetzt, dr Schädel iſt ſehr platt, der Gehirntheil oft ungemein klein; das Geſicht dagegen groß und die Kiefer meiſt bedeutend vorgezogen. Das Hinterhauptsgelenk ſteht vollkommen an der hinteren Fläche des Schädels in ſenkrechter Stellung und es fehlen jene ſtarken Leiſten und Vorſprünge, ſo wie die Dornfortſätz der Halswirbel, an welchen bei den Landſäugethieren beſonders das den Kopf tragende Nackenband ſich anheftet, deſſen Funktion hier unnöthig geworden iſt, da das Gewicht des mit großen Fettzellen verſehenen Schädels hauptſächlich von dem Waſſer getragen wird. Ein äußeres Ohr fehlt allen Cetaceen, die meiſt nur ſehr kleine einfache Oeffnung läßt ſich nur ſchwer auffinden. Der ganze Körper iſt unter der dicken, meiſt haarloſen oder nur mit zerſtreuten Borſten beſetzten Haut von einer dicken Specklage umhüllt, zu deren Gewin- nung beſonders auf die Thiere dieſer Ordnung Jagd gemacht wird. Wir unterſcheiden drei Unterordnungen, die ſich beſonders durch ihre Bezahnung charakteriſiren.
Die eigentlichen Walthiere (Cetacea) haben ſo ſehr vor allen anderen die Fiſchgeſtalt, daß ſie an den meiſten Küſten nicht von den gewöhnlichen Fiſchen unterſchieden werden; zur Vermehrung dieſer Aehnlichkeit beſitzen viele dieſer Thiere noch eine Rückenfloſſe, die indeß nur durch Faſerknorpel geſtützt iſt. Der Kopf iſt ungemein groß, ſo daß er bei manchen ein Drittel der ganzen Länge des Thie- res einnimmt und der Schädel meiſt in der Art unſymmetriſch ausge- bildet, daß die der rechten Seite angehörigen Knochen größer und länger, die Oeffnungen der linken Seite (Naſenloch etc.) größer ſind. Eine beſondere Eigenthümlichkeit des Schädelbaues liegt noch in der Struktur des Felſenbeines, welches von elfenbeinerner Härte und mit den übrigen Theilen des Schläfenbeines nicht verwachſen, ſondern nur durch Bandmaſſe und Faſern verbunden iſt, ſo daß es bei der Fäul- niß der Theile loſe wird; eine Bildung, die übrigens auch den See- kühen eigen iſt. Der Rachen ungeheuer weit geſpalten, die Kiefer bei den Jungen ſtets, bei den Alten nicht immer mit einer großen Anzahl ſpitzer, kegelförmiger Zähne bewaffnet, die in der ganzen Länge des Kiefers keinen Unterſchied zeigen und mit einer einfachen Wurzel in den Zahnhöhlen der Kinnladen ſtecken. Das Gehirn der Wale iſt auffallend in die Breite entwickelt — ſeine Windungen meiſt tief und zahlreich. Das Auge der Walthiere iſt verhältnißmäßig ſehr klein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0453"n="447"/>
wöhnlich bei anderen Säugethieren vorhanden ſind. Der Kopf erſcheint<lb/>
von dem übrigen Körper durchaus nicht abgeſetzt, dr Schädel iſt ſehr<lb/>
platt, der Gehirntheil oft ungemein klein; das Geſicht dagegen groß<lb/>
und die Kiefer meiſt bedeutend vorgezogen. Das Hinterhauptsgelenk<lb/>ſteht vollkommen an der hinteren Fläche des Schädels in ſenkrechter<lb/>
Stellung und es fehlen jene ſtarken Leiſten und Vorſprünge, ſo wie<lb/>
die Dornfortſätz der Halswirbel, an welchen bei den Landſäugethieren<lb/>
beſonders das den Kopf tragende Nackenband ſich anheftet, deſſen<lb/>
Funktion hier unnöthig geworden iſt, da das Gewicht des mit großen<lb/>
Fettzellen verſehenen Schädels hauptſächlich von dem Waſſer getragen<lb/>
wird. Ein äußeres Ohr fehlt allen Cetaceen, die meiſt nur ſehr kleine<lb/>
einfache Oeffnung läßt ſich nur ſchwer auffinden. Der ganze Körper<lb/>
iſt unter der dicken, meiſt haarloſen oder nur mit zerſtreuten Borſten<lb/>
beſetzten Haut von einer dicken Specklage umhüllt, zu deren Gewin-<lb/>
nung beſonders auf die Thiere dieſer Ordnung Jagd gemacht wird.<lb/>
Wir unterſcheiden drei Unterordnungen, die ſich beſonders durch ihre<lb/>
Bezahnung charakteriſiren.</p><lb/><p>Die <hirendition="#b">eigentlichen Walthiere <hirendition="#aq">(Cetacea)</hi></hi> haben ſo ſehr vor<lb/>
allen anderen die Fiſchgeſtalt, daß ſie an den meiſten Küſten nicht<lb/>
von den gewöhnlichen Fiſchen unterſchieden werden; zur Vermehrung<lb/>
dieſer Aehnlichkeit beſitzen viele dieſer Thiere noch eine Rückenfloſſe,<lb/>
die indeß nur durch Faſerknorpel geſtützt iſt. Der Kopf iſt ungemein<lb/>
groß, ſo daß er bei manchen ein Drittel der ganzen Länge des Thie-<lb/>
res einnimmt und der Schädel meiſt in der Art unſymmetriſch ausge-<lb/>
bildet, daß die der rechten Seite angehörigen Knochen größer und<lb/>
länger, die Oeffnungen der linken Seite (Naſenloch etc.) größer ſind.<lb/>
Eine beſondere Eigenthümlichkeit des Schädelbaues liegt noch in der<lb/>
Struktur des Felſenbeines, welches von elfenbeinerner Härte und mit<lb/>
den übrigen Theilen des Schläfenbeines nicht verwachſen, ſondern nur<lb/>
durch Bandmaſſe und Faſern verbunden iſt, ſo daß es bei der Fäul-<lb/>
niß der Theile loſe wird; eine Bildung, die übrigens auch den See-<lb/>
kühen eigen iſt. Der Rachen ungeheuer weit geſpalten, die Kiefer bei<lb/>
den Jungen ſtets, bei den Alten nicht immer mit einer großen Anzahl<lb/>ſpitzer, kegelförmiger Zähne bewaffnet, die in der ganzen Länge des<lb/>
Kiefers keinen Unterſchied zeigen und mit einer einfachen Wurzel in<lb/>
den Zahnhöhlen der Kinnladen ſtecken. Das Gehirn der Wale iſt<lb/>
auffallend in die Breite entwickelt —ſeine Windungen meiſt tief und<lb/>
zahlreich. Das Auge der Walthiere iſt verhältnißmäßig ſehr klein<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[447/0453]
wöhnlich bei anderen Säugethieren vorhanden ſind. Der Kopf erſcheint
von dem übrigen Körper durchaus nicht abgeſetzt, dr Schädel iſt ſehr
platt, der Gehirntheil oft ungemein klein; das Geſicht dagegen groß
und die Kiefer meiſt bedeutend vorgezogen. Das Hinterhauptsgelenk
ſteht vollkommen an der hinteren Fläche des Schädels in ſenkrechter
Stellung und es fehlen jene ſtarken Leiſten und Vorſprünge, ſo wie
die Dornfortſätz der Halswirbel, an welchen bei den Landſäugethieren
beſonders das den Kopf tragende Nackenband ſich anheftet, deſſen
Funktion hier unnöthig geworden iſt, da das Gewicht des mit großen
Fettzellen verſehenen Schädels hauptſächlich von dem Waſſer getragen
wird. Ein äußeres Ohr fehlt allen Cetaceen, die meiſt nur ſehr kleine
einfache Oeffnung läßt ſich nur ſchwer auffinden. Der ganze Körper
iſt unter der dicken, meiſt haarloſen oder nur mit zerſtreuten Borſten
beſetzten Haut von einer dicken Specklage umhüllt, zu deren Gewin-
nung beſonders auf die Thiere dieſer Ordnung Jagd gemacht wird.
Wir unterſcheiden drei Unterordnungen, die ſich beſonders durch ihre
Bezahnung charakteriſiren.
Die eigentlichen Walthiere (Cetacea) haben ſo ſehr vor
allen anderen die Fiſchgeſtalt, daß ſie an den meiſten Küſten nicht
von den gewöhnlichen Fiſchen unterſchieden werden; zur Vermehrung
dieſer Aehnlichkeit beſitzen viele dieſer Thiere noch eine Rückenfloſſe,
die indeß nur durch Faſerknorpel geſtützt iſt. Der Kopf iſt ungemein
groß, ſo daß er bei manchen ein Drittel der ganzen Länge des Thie-
res einnimmt und der Schädel meiſt in der Art unſymmetriſch ausge-
bildet, daß die der rechten Seite angehörigen Knochen größer und
länger, die Oeffnungen der linken Seite (Naſenloch etc.) größer ſind.
Eine beſondere Eigenthümlichkeit des Schädelbaues liegt noch in der
Struktur des Felſenbeines, welches von elfenbeinerner Härte und mit
den übrigen Theilen des Schläfenbeines nicht verwachſen, ſondern nur
durch Bandmaſſe und Faſern verbunden iſt, ſo daß es bei der Fäul-
niß der Theile loſe wird; eine Bildung, die übrigens auch den See-
kühen eigen iſt. Der Rachen ungeheuer weit geſpalten, die Kiefer bei
den Jungen ſtets, bei den Alten nicht immer mit einer großen Anzahl
ſpitzer, kegelförmiger Zähne bewaffnet, die in der ganzen Länge des
Kiefers keinen Unterſchied zeigen und mit einer einfachen Wurzel in
den Zahnhöhlen der Kinnladen ſtecken. Das Gehirn der Wale iſt
auffallend in die Breite entwickelt — ſeine Windungen meiſt tief und
zahlreich. Das Auge der Walthiere iſt verhältnißmäßig ſehr klein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/453>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.