Stiefelschiene begleitet sind. Zuweilen erstreckt sich die Stiefelung auch auf die Vorderseite des Laufes, welche indessen bei den meisten mit einer einzigen Reihe großer schuppenartiger Tafeln begleitet ist. Die Füße selbst sind allgemein schwach, Wandelfüße, indem von den drei Vorderzehen die beiden äußeren am Grunde mit einander verwachsen sind; die Vögel bewegen sich nur selten schrittweise, hüpfen vielmehr gewöhnlich mit beiden Füßen zugleich. Sie zeichnen sich besonders durch einen gewöhnlich kunstreichen Nestbau aus, sind aber im Uebri- gen äußerst stupid, sowohl im Freien, wie in der Gefangenschaft. Die meisten leben in Monogamie, paarweise, viele außerdem gesellig in Schwärmen und brüten nur einmal des Jahres; viele sind Wan- dervögel, die im Sommer nach Norden ziehen, im Winter aber wär- mere Klimate aufsuchen und meistens nach Kleinasien oder Nordafrika übersetzen.
Die Familie der Schwalben(Hirundinida) hat einen breiten, flachen, sehr tief gespaltenen, an der Spitze etwas gekrümmten Schna- bel und einen ungemein weiten Rachen, der sich bis hinter die Augen öffnet. Die Nasenlöcher sind länglich, die Bartborsten, welche sich am Grunde des Schnabels befinden, kurz und schwach; die Flügel sehr lang, zugespitzt, mit neun Handschwingen versehen, von welchen die vorderste die längste ist. Die Zahl der Armschwingen beträgt ebenfalls neun. Die Füße sind kurz, kräftig, die mittlere Zehe bedeutend länger, die Hinterzehe zum Unterschiede von den Segelschwalben, die der Ord- nung der Schreivögel angehören, wirklich nach hinten gedreht. Bei einigen Arten sind Läufe und Zehen bis zu den Krallen befiedert, bei anderen nackt und dann vorn getäfelt, während die Seiten gestiefelt sind. Das Brustbein hat zwei doppelte seitliche Ausschnitte, ist aber wie der ganze Schulterapparat den langen Flügeln und ihren kräftigen Muskeln entsprechend stark entwickelt. Der schnelle und geschickte Flug der Schwalben, die Sicherheit, mit welcher sie in der Luft schwärmende Insekten schnappen, ist bekannt genug, ebenso ihre Wanderungen nach Süden beim Beginne der kälteren Jahreszeit und ihre Rückkehr im Frühjahre, wo das Pärchen sein altes Nest mit großer Sicherheit wiederzufinden weiß. Sie bauen ihre Nester, die meistens aus Erde bestehen, deren Klumpen mittelst des Saftes der Kropfdrüsen zusam- mengeklebt werden, gern an Mauern, Häusern oder in Felsritzen, wobei sie ein seitliches Flugloch lassen. Hirundo; Chelidon; Procne.
Stiefelſchiene begleitet ſind. Zuweilen erſtreckt ſich die Stiefelung auch auf die Vorderſeite des Laufes, welche indeſſen bei den meiſten mit einer einzigen Reihe großer ſchuppenartiger Tafeln begleitet iſt. Die Füße ſelbſt ſind allgemein ſchwach, Wandelfüße, indem von den drei Vorderzehen die beiden äußeren am Grunde mit einander verwachſen ſind; die Vögel bewegen ſich nur ſelten ſchrittweiſe, hüpfen vielmehr gewöhnlich mit beiden Füßen zugleich. Sie zeichnen ſich beſonders durch einen gewöhnlich kunſtreichen Neſtbau aus, ſind aber im Uebri- gen äußerſt ſtupid, ſowohl im Freien, wie in der Gefangenſchaft. Die meiſten leben in Monogamie, paarweiſe, viele außerdem geſellig in Schwärmen und brüten nur einmal des Jahres; viele ſind Wan- dervögel, die im Sommer nach Norden ziehen, im Winter aber wär- mere Klimate aufſuchen und meiſtens nach Kleinaſien oder Nordafrika überſetzen.
Die Familie der Schwalben(Hirundinida) hat einen breiten, flachen, ſehr tief geſpaltenen, an der Spitze etwas gekrümmten Schna- bel und einen ungemein weiten Rachen, der ſich bis hinter die Augen öffnet. Die Naſenlöcher ſind länglich, die Bartborſten, welche ſich am Grunde des Schnabels befinden, kurz und ſchwach; die Flügel ſehr lang, zugeſpitzt, mit neun Handſchwingen verſehen, von welchen die vorderſte die längſte iſt. Die Zahl der Armſchwingen beträgt ebenfalls neun. Die Füße ſind kurz, kräftig, die mittlere Zehe bedeutend länger, die Hinterzehe zum Unterſchiede von den Segelſchwalben, die der Ord- nung der Schreivögel angehören, wirklich nach hinten gedreht. Bei einigen Arten ſind Läufe und Zehen bis zu den Krallen befiedert, bei anderen nackt und dann vorn getäfelt, während die Seiten geſtiefelt ſind. Das Bruſtbein hat zwei doppelte ſeitliche Ausſchnitte, iſt aber wie der ganze Schulterapparat den langen Flügeln und ihren kräftigen Muskeln entſprechend ſtark entwickelt. Der ſchnelle und geſchickte Flug der Schwalben, die Sicherheit, mit welcher ſie in der Luft ſchwärmende Inſekten ſchnappen, iſt bekannt genug, ebenſo ihre Wanderungen nach Süden beim Beginne der kälteren Jahreszeit und ihre Rückkehr im Frühjahre, wo das Pärchen ſein altes Neſt mit großer Sicherheit wiederzufinden weiß. Sie bauen ihre Neſter, die meiſtens aus Erde beſtehen, deren Klumpen mittelſt des Saftes der Kropfdrüſen zuſam- mengeklebt werden, gern an Mauern, Häuſern oder in Felsritzen, wobei ſie ein ſeitliches Flugloch laſſen. Hirundo; Chelidon; Procne.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0338"n="332"/>
Stiefelſchiene begleitet ſind. Zuweilen erſtreckt ſich die Stiefelung auch<lb/>
auf die Vorderſeite des Laufes, welche indeſſen bei den meiſten mit<lb/>
einer einzigen Reihe großer ſchuppenartiger Tafeln begleitet iſt. Die<lb/>
Füße ſelbſt ſind allgemein ſchwach, Wandelfüße, indem von den drei<lb/>
Vorderzehen die beiden äußeren am Grunde mit einander verwachſen<lb/>ſind; die Vögel bewegen ſich nur ſelten ſchrittweiſe, hüpfen vielmehr<lb/>
gewöhnlich mit beiden Füßen zugleich. Sie zeichnen ſich beſonders<lb/>
durch einen gewöhnlich kunſtreichen Neſtbau aus, ſind aber im Uebri-<lb/>
gen äußerſt ſtupid, ſowohl im Freien, wie in der Gefangenſchaft.<lb/>
Die meiſten leben in Monogamie, paarweiſe, viele außerdem geſellig<lb/>
in Schwärmen und brüten nur einmal des Jahres; viele ſind Wan-<lb/>
dervögel, die im Sommer nach Norden ziehen, im Winter aber wär-<lb/>
mere Klimate aufſuchen und meiſtens nach Kleinaſien oder Nordafrika<lb/>
überſetzen.</p><lb/><p>Die Familie der <hirendition="#b">Schwalben</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">(Hirundinida</hi>)</hi> hat einen breiten,<lb/>
flachen, ſehr tief geſpaltenen, an der Spitze etwas gekrümmten Schna-<lb/>
bel und einen ungemein weiten Rachen, der ſich bis hinter die Augen<lb/>
öffnet. Die Naſenlöcher ſind länglich, die Bartborſten, welche ſich am<lb/>
Grunde des Schnabels befinden, kurz und ſchwach; die Flügel ſehr<lb/>
lang, zugeſpitzt, mit neun Handſchwingen verſehen, von welchen die<lb/>
vorderſte die längſte iſt. Die Zahl der Armſchwingen beträgt ebenfalls<lb/>
neun. Die Füße ſind kurz, kräftig, die mittlere Zehe bedeutend länger,<lb/>
die Hinterzehe zum Unterſchiede von den Segelſchwalben, die der Ord-<lb/>
nung der Schreivögel angehören, wirklich nach hinten gedreht. Bei<lb/>
einigen Arten ſind Läufe und Zehen bis zu den Krallen befiedert, bei<lb/>
anderen nackt und dann vorn getäfelt, während die Seiten geſtiefelt<lb/>ſind. Das Bruſtbein hat zwei doppelte ſeitliche Ausſchnitte, iſt aber<lb/>
wie der ganze Schulterapparat den langen Flügeln und ihren kräftigen<lb/>
Muskeln entſprechend ſtark entwickelt. Der ſchnelle und geſchickte Flug<lb/>
der Schwalben, die Sicherheit, mit welcher ſie in der Luft ſchwärmende<lb/>
Inſekten ſchnappen, iſt bekannt genug, ebenſo ihre Wanderungen nach<lb/>
Süden beim Beginne der kälteren Jahreszeit und ihre Rückkehr im<lb/>
Frühjahre, wo das Pärchen ſein altes Neſt mit großer Sicherheit<lb/>
wiederzufinden weiß. Sie bauen ihre Neſter, die meiſtens aus Erde<lb/>
beſtehen, deren Klumpen mittelſt des Saftes der Kropfdrüſen zuſam-<lb/>
mengeklebt werden, gern an Mauern, Häuſern oder in Felsritzen,<lb/>
wobei ſie ein ſeitliches Flugloch laſſen. <hirendition="#aq">Hirundo; Chelidon; Procne</hi>.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[332/0338]
Stiefelſchiene begleitet ſind. Zuweilen erſtreckt ſich die Stiefelung auch
auf die Vorderſeite des Laufes, welche indeſſen bei den meiſten mit
einer einzigen Reihe großer ſchuppenartiger Tafeln begleitet iſt. Die
Füße ſelbſt ſind allgemein ſchwach, Wandelfüße, indem von den drei
Vorderzehen die beiden äußeren am Grunde mit einander verwachſen
ſind; die Vögel bewegen ſich nur ſelten ſchrittweiſe, hüpfen vielmehr
gewöhnlich mit beiden Füßen zugleich. Sie zeichnen ſich beſonders
durch einen gewöhnlich kunſtreichen Neſtbau aus, ſind aber im Uebri-
gen äußerſt ſtupid, ſowohl im Freien, wie in der Gefangenſchaft.
Die meiſten leben in Monogamie, paarweiſe, viele außerdem geſellig
in Schwärmen und brüten nur einmal des Jahres; viele ſind Wan-
dervögel, die im Sommer nach Norden ziehen, im Winter aber wär-
mere Klimate aufſuchen und meiſtens nach Kleinaſien oder Nordafrika
überſetzen.
Die Familie der Schwalben (Hirundinida) hat einen breiten,
flachen, ſehr tief geſpaltenen, an der Spitze etwas gekrümmten Schna-
bel und einen ungemein weiten Rachen, der ſich bis hinter die Augen
öffnet. Die Naſenlöcher ſind länglich, die Bartborſten, welche ſich am
Grunde des Schnabels befinden, kurz und ſchwach; die Flügel ſehr
lang, zugeſpitzt, mit neun Handſchwingen verſehen, von welchen die
vorderſte die längſte iſt. Die Zahl der Armſchwingen beträgt ebenfalls
neun. Die Füße ſind kurz, kräftig, die mittlere Zehe bedeutend länger,
die Hinterzehe zum Unterſchiede von den Segelſchwalben, die der Ord-
nung der Schreivögel angehören, wirklich nach hinten gedreht. Bei
einigen Arten ſind Läufe und Zehen bis zu den Krallen befiedert, bei
anderen nackt und dann vorn getäfelt, während die Seiten geſtiefelt
ſind. Das Bruſtbein hat zwei doppelte ſeitliche Ausſchnitte, iſt aber
wie der ganze Schulterapparat den langen Flügeln und ihren kräftigen
Muskeln entſprechend ſtark entwickelt. Der ſchnelle und geſchickte Flug
der Schwalben, die Sicherheit, mit welcher ſie in der Luft ſchwärmende
Inſekten ſchnappen, iſt bekannt genug, ebenſo ihre Wanderungen nach
Süden beim Beginne der kälteren Jahreszeit und ihre Rückkehr im
Frühjahre, wo das Pärchen ſein altes Neſt mit großer Sicherheit
wiederzufinden weiß. Sie bauen ihre Neſter, die meiſtens aus Erde
beſtehen, deren Klumpen mittelſt des Saftes der Kropfdrüſen zuſam-
mengeklebt werden, gern an Mauern, Häuſern oder in Felsritzen,
wobei ſie ein ſeitliches Flugloch laſſen. Hirundo; Chelidon; Procne.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/338>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.