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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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den Wassereidechsen, als deren Spitze die Krokodile erscheinen, zeigt
sich eine andere Entwicklung der Extremitäten, indem hier bei den
älteren fossilen Gattungen, wie namentlich bei den Meerdrachen, förm-
liche Flossen gebildet sind, deren äußerer Rudertheil von einer unbe-
stimmten Anzahl rundlicher Knochenscheiben zusammengesetzt wird.
Ihren Ausgangspunkt findet diese Bildung bei den Krokodilen, wo
die Zehen zwar deutlich getrennt, die der Hinterfüße aber durch
Schwimmhäute mit einander verbunden sind. Eine dritte Reihe
bieten die Schildkröten dar, bei welchen zwar die Knochen der
einzelnen Zehen getrennt vorhanden sind, diese aber bald durch
Schwimmhäute verbunden, bald auch durch Sehnen und Bandmassen
zu platten Rudern oder dicken Stummelfüßen verbunden sind. Als
eigenthümliche Modifikation stehen endlich noch die fossilen Flugeidech-
sen da, bei welchen die Vorderfüße durch enorme Verlängerung eines
Fingers zu Flügeln umgestaltet sind.

Das Centralnervensystem der Reptilien gleicht in vieler

[Abbildung] Fig. 1144.
[Abbildung] Fig. 1145. Fig. 1146.

Gehirne verschiedener Reptilien. Fig. 1144. Von
der Natter (Coluber natrix). Fig. 1145. Von
der europäischen Sumpfschildkröte (Emys euro-
paea)
. Fig. 1146. Vom Hechtskaiman (Aligator
lucius)
.
An Letzterem ist rechts die Hemi-
sphäre geöffnet, um den an ihrem Grunde
liegenden Streifenkörper zu zeigen. a Riech-
nerven. c Hemisphären des großen Ge-
hirns. d Vierhügel. e Kleines Gehirn.
f Rautengrube.

Beziehung demjenigen der Lurche,
unterscheidet sich aber von demselben
durch allmälige Ausbildung des
kleinen Gehirns, welche von den
Schlangen an durch die Eidechsen
und Schildkröten fortschreitet, und
bei den Krokodilen ihren Gipfel-
punkt in dieser Klasse erreicht, indem
hier schon Seitentheile gebildet wer-
den und außerdem eine Querfurche
vorhanden ist. Das Mittelhirn
sinkt mehr zurück und wird allmälig
bedeutend überwogen von den He-
misphären des Vorderhirns, welche
eine beträchtliche Breite erlangen,
und das Mittelhirn theilweise be-
decken. Die Hirnnerven zeigen
sich im Allgemeinen denjenigen der
Lurche ähnlich, während der sym-
pathische Nerv gewöhnlich sehr aus-
gebildet ist und eine innige Verbin-
dung des fünften Nervenpaares,
so wie des herumschweifenden Ner-
ven mit den selbstständigen Zungen-
nerven herstellt.


den Waſſereidechſen, als deren Spitze die Krokodile erſcheinen, zeigt
ſich eine andere Entwicklung der Extremitäten, indem hier bei den
älteren foſſilen Gattungen, wie namentlich bei den Meerdrachen, förm-
liche Floſſen gebildet ſind, deren äußerer Rudertheil von einer unbe-
ſtimmten Anzahl rundlicher Knochenſcheiben zuſammengeſetzt wird.
Ihren Ausgangspunkt findet dieſe Bildung bei den Krokodilen, wo
die Zehen zwar deutlich getrennt, die der Hinterfüße aber durch
Schwimmhäute mit einander verbunden ſind. Eine dritte Reihe
bieten die Schildkröten dar, bei welchen zwar die Knochen der
einzelnen Zehen getrennt vorhanden ſind, dieſe aber bald durch
Schwimmhäute verbunden, bald auch durch Sehnen und Bandmaſſen
zu platten Rudern oder dicken Stummelfüßen verbunden ſind. Als
eigenthümliche Modifikation ſtehen endlich noch die foſſilen Flugeidech-
ſen da, bei welchen die Vorderfüße durch enorme Verlängerung eines
Fingers zu Flügeln umgeſtaltet ſind.

Das Centralnervenſyſtem der Reptilien gleicht in vieler

[Abbildung] Fig. 1144.
[Abbildung] Fig. 1145. Fig. 1146.

Gehirne verſchiedener Reptilien. Fig. 1144. Von
der Natter (Coluber natrix). Fig. 1145. Von
der europäiſchen Sumpfſchildkröte (Emys euro-
paea)
. Fig. 1146. Vom Hechtskaiman (Aligator
lucius)
.
An Letzterem iſt rechts die Hemi-
ſphäre geöffnet, um den an ihrem Grunde
liegenden Streifenkörper zu zeigen. a Riech-
nerven. c Hemiſphären des großen Ge-
hirns. d Vierhügel. e Kleines Gehirn.
f Rautengrube.

Beziehung demjenigen der Lurche,
unterſcheidet ſich aber von demſelben
durch allmälige Ausbildung des
kleinen Gehirns, welche von den
Schlangen an durch die Eidechſen
und Schildkröten fortſchreitet, und
bei den Krokodilen ihren Gipfel-
punkt in dieſer Klaſſe erreicht, indem
hier ſchon Seitentheile gebildet wer-
den und außerdem eine Querfurche
vorhanden iſt. Das Mittelhirn
ſinkt mehr zurück und wird allmälig
bedeutend überwogen von den He-
miſphären des Vorderhirns, welche
eine beträchtliche Breite erlangen,
und das Mittelhirn theilweiſe be-
decken. Die Hirnnerven zeigen
ſich im Allgemeinen denjenigen der
Lurche ähnlich, während der ſym-
pathiſche Nerv gewöhnlich ſehr aus-
gebildet iſt und eine innige Verbin-
dung des fünften Nervenpaares,
ſo wie des herumſchweifenden Ner-
ven mit den ſelbſtſtändigen Zungen-
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[234/0240] den Waſſereidechſen, als deren Spitze die Krokodile erſcheinen, zeigt ſich eine andere Entwicklung der Extremitäten, indem hier bei den älteren foſſilen Gattungen, wie namentlich bei den Meerdrachen, förm- liche Floſſen gebildet ſind, deren äußerer Rudertheil von einer unbe- ſtimmten Anzahl rundlicher Knochenſcheiben zuſammengeſetzt wird. Ihren Ausgangspunkt findet dieſe Bildung bei den Krokodilen, wo die Zehen zwar deutlich getrennt, die der Hinterfüße aber durch Schwimmhäute mit einander verbunden ſind. Eine dritte Reihe bieten die Schildkröten dar, bei welchen zwar die Knochen der einzelnen Zehen getrennt vorhanden ſind, dieſe aber bald durch Schwimmhäute verbunden, bald auch durch Sehnen und Bandmaſſen zu platten Rudern oder dicken Stummelfüßen verbunden ſind. Als eigenthümliche Modifikation ſtehen endlich noch die foſſilen Flugeidech- ſen da, bei welchen die Vorderfüße durch enorme Verlängerung eines Fingers zu Flügeln umgeſtaltet ſind. Das Centralnervenſyſtem der Reptilien gleicht in vieler [Abbildung Fig. 1144.] [Abbildung Fig. 1145. Fig. 1146. Gehirne verſchiedener Reptilien. Fig. 1144. Von der Natter (Coluber natrix). Fig. 1145. Von der europäiſchen Sumpfſchildkröte (Emys euro- paea). Fig. 1146. Vom Hechtskaiman (Aligator lucius). An Letzterem iſt rechts die Hemi- ſphäre geöffnet, um den an ihrem Grunde liegenden Streifenkörper zu zeigen. a Riech- nerven. c Hemiſphären des großen Ge- hirns. d Vierhügel. e Kleines Gehirn. f Rautengrube.] Beziehung demjenigen der Lurche, unterſcheidet ſich aber von demſelben durch allmälige Ausbildung des kleinen Gehirns, welche von den Schlangen an durch die Eidechſen und Schildkröten fortſchreitet, und bei den Krokodilen ihren Gipfel- punkt in dieſer Klaſſe erreicht, indem hier ſchon Seitentheile gebildet wer- den und außerdem eine Querfurche vorhanden iſt. Das Mittelhirn ſinkt mehr zurück und wird allmälig bedeutend überwogen von den He- miſphären des Vorderhirns, welche eine beträchtliche Breite erlangen, und das Mittelhirn theilweiſe be- decken. Die Hirnnerven zeigen ſich im Allgemeinen denjenigen der Lurche ähnlich, während der ſym- pathiſche Nerv gewöhnlich ſehr aus- gebildet iſt und eine innige Verbin- dung des fünften Nervenpaares, ſo wie des herumſchweifenden Ner- ven mit den ſelbſtſtändigen Zungen- nerven herſtellt.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/240>, abgerufen am 23.11.2024.