Ohröffnung fehlt stets und an dem inneren Ohr existirt keine Pau- kenhöhle, sondern nur das Labyrinth mit seinen verschiedenen Bildun- gen. Hinsichtlich der Entwicklung der Füße beobachtet man bei den ausgebildeten Gattungen alle Stadien, welche sich bei den Larven der höchst stehenden Familie, der Salamander, zeigen. So wie aus dem langgestreckten, fischähnlichen Körper der letzteren zuerst die Vorder- beine hervorbrechen in Gestalt kleiner unbedeutender Anhängsel mit kaum getrennten unförmlichen Zehen, wie dann nach einiger Zeit die Hinterfüße hervorkommen, ebenfalls anfangs in rudimentärer Ausbil- dung, so sehen wir auch hier in aufsteigender Linie Gattungen mit zwei Vorderfüßchen, die nicht einmal die Größe eines Kiemenbüschels erreichen und nur drei unförmliche Zehen haben, andere mit ebenso rudimentären Hinterfüßen, und können so eine stete Stufenfolge bis zur Ausbildung zweier fast gleicher Fußpaare mit wohl entwickelten Zehen, die in seltenen Fällen Nägel tragen, verfolgen. Hinsichtlich des Schwanzes zeigen sich ähnliche Entwicklungsstufen; -- anfangs erscheint er breit, plattgedrückt, mit seitlichen, in Zickzack angelegten Muskelstreifen wie derjenige eines Fisches mit häutiger Flosse gesäumt, später mehr abgerundet ohne Flossensaum mit trichterförmig in ein- ander steckenden runden Muskeln besetzt. Denselben Gang der Aus- bildung zeigen die Athemorgane; bei den niedersten Formen stehen Kiemen und Lungen in gleicher Bedeutung für die Athmung da, ja die ersteren überwiegen bedeutend; wie bei den Froschlarven, so finden sich hier quastförmige oder baumartig verzweigte Kiemenbüschel, welche mit der äußeren Haut zusammenhängen und mit ihrer Wurzel auf den sonst freien Kiemenbögen aufsitzen. In anderen Fällen sind zwar äußere Kiemen nicht mehr vorhanden, dagegen existirt eine Kiemen- spalte auf jeder Seite des Halses, die zu den freien, durch Spalten getrennten Kiemenbögen führt, welche auf ihrer konvexen Seite mit Athemfranzen besetzt sind; bei den höheren Familien endlich schließt sich die im späteren Larvenzustand vorhandene Kiemenspalte völlig, die inneren Kiemenfrazen verschwinden, die Kiemenbogen bilden sich zurück und die großzelligen, sackförmigen Lungen dienen einzig und allein der Athmung. Alle Molche haben in dem Oberkiefer sowohl wie in den Gaumenbeinen Zähne, die gewöhnlich zwei vollkommen parallele Bogen bilden, zwischen welche der Zahnbogen des Unterkie- fers eingreift; die Zähne selbst sind stets nur einfache spitzige Haken- zähnchen, oft so klein und im Zahnfleisch verborgen, daß man sich von ihrer Anwesenheit eher durch das Gefühl, als durch das Gesicht über- zeugen kann. Der Raum zwischen den bogenförmigen Unterkieferästen
Ohröffnung fehlt ſtets und an dem inneren Ohr exiſtirt keine Pau- kenhöhle, ſondern nur das Labyrinth mit ſeinen verſchiedenen Bildun- gen. Hinſichtlich der Entwicklung der Füße beobachtet man bei den ausgebildeten Gattungen alle Stadien, welche ſich bei den Larven der höchſt ſtehenden Familie, der Salamander, zeigen. So wie aus dem langgeſtreckten, fiſchähnlichen Körper der letzteren zuerſt die Vorder- beine hervorbrechen in Geſtalt kleiner unbedeutender Anhängſel mit kaum getrennten unförmlichen Zehen, wie dann nach einiger Zeit die Hinterfüße hervorkommen, ebenfalls anfangs in rudimentärer Ausbil- dung, ſo ſehen wir auch hier in aufſteigender Linie Gattungen mit zwei Vorderfüßchen, die nicht einmal die Größe eines Kiemenbüſchels erreichen und nur drei unförmliche Zehen haben, andere mit ebenſo rudimentären Hinterfüßen, und können ſo eine ſtete Stufenfolge bis zur Ausbildung zweier faſt gleicher Fußpaare mit wohl entwickelten Zehen, die in ſeltenen Fällen Nägel tragen, verfolgen. Hinſichtlich des Schwanzes zeigen ſich ähnliche Entwicklungsſtufen; — anfangs erſcheint er breit, plattgedrückt, mit ſeitlichen, in Zickzack angelegten Muskelſtreifen wie derjenige eines Fiſches mit häutiger Floſſe geſäumt, ſpäter mehr abgerundet ohne Floſſenſaum mit trichterförmig in ein- ander ſteckenden runden Muskeln beſetzt. Denſelben Gang der Aus- bildung zeigen die Athemorgane; bei den niederſten Formen ſtehen Kiemen und Lungen in gleicher Bedeutung für die Athmung da, ja die erſteren überwiegen bedeutend; wie bei den Froſchlarven, ſo finden ſich hier quaſtförmige oder baumartig verzweigte Kiemenbüſchel, welche mit der äußeren Haut zuſammenhängen und mit ihrer Wurzel auf den ſonſt freien Kiemenbögen aufſitzen. In anderen Fällen ſind zwar äußere Kiemen nicht mehr vorhanden, dagegen exiſtirt eine Kiemen- ſpalte auf jeder Seite des Halſes, die zu den freien, durch Spalten getrennten Kiemenbögen führt, welche auf ihrer konvexen Seite mit Athemfranzen beſetzt ſind; bei den höheren Familien endlich ſchließt ſich die im ſpäteren Larvenzuſtand vorhandene Kiemenſpalte völlig, die inneren Kiemenfrazen verſchwinden, die Kiemenbogen bilden ſich zurück und die großzelligen, ſackförmigen Lungen dienen einzig und allein der Athmung. Alle Molche haben in dem Oberkiefer ſowohl wie in den Gaumenbeinen Zähne, die gewöhnlich zwei vollkommen parallele Bogen bilden, zwiſchen welche der Zahnbogen des Unterkie- fers eingreift; die Zähne ſelbſt ſind ſtets nur einfache ſpitzige Haken- zähnchen, oft ſo klein und im Zahnfleiſch verborgen, daß man ſich von ihrer Anweſenheit eher durch das Gefühl, als durch das Geſicht über- zeugen kann. Der Raum zwiſchen den bogenförmigen Unterkieferäſten
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Ohröffnung fehlt ſtets und an dem inneren Ohr exiſtirt keine Pau-
kenhöhle, ſondern nur das Labyrinth mit ſeinen verſchiedenen Bildun-
gen. Hinſichtlich der Entwicklung der Füße beobachtet man bei den
ausgebildeten Gattungen alle Stadien, welche ſich bei den Larven der
höchſt ſtehenden Familie, der Salamander, zeigen. So wie aus dem
langgeſtreckten, fiſchähnlichen Körper der letzteren zuerſt die Vorder-
beine hervorbrechen in Geſtalt kleiner unbedeutender Anhängſel mit
kaum getrennten unförmlichen Zehen, wie dann nach einiger Zeit die
Hinterfüße hervorkommen, ebenfalls anfangs in rudimentärer Ausbil-
dung, ſo ſehen wir auch hier in aufſteigender Linie Gattungen mit
zwei Vorderfüßchen, die nicht einmal die Größe eines Kiemenbüſchels
erreichen und nur drei unförmliche Zehen haben, andere mit ebenſo
rudimentären Hinterfüßen, und können ſo eine ſtete Stufenfolge bis
zur Ausbildung zweier faſt gleicher Fußpaare mit wohl entwickelten
Zehen, die in ſeltenen Fällen Nägel tragen, verfolgen. Hinſichtlich
des Schwanzes zeigen ſich ähnliche Entwicklungsſtufen; — anfangs
erſcheint er breit, plattgedrückt, mit ſeitlichen, in Zickzack angelegten
Muskelſtreifen wie derjenige eines Fiſches mit häutiger Floſſe geſäumt,
ſpäter mehr abgerundet ohne Floſſenſaum mit trichterförmig in ein-
ander ſteckenden runden Muskeln beſetzt. Denſelben Gang der Aus-
bildung zeigen die Athemorgane; bei den niederſten Formen ſtehen
Kiemen und Lungen in gleicher Bedeutung für die Athmung da, ja
die erſteren überwiegen bedeutend; wie bei den Froſchlarven, ſo finden
ſich hier quaſtförmige oder baumartig verzweigte Kiemenbüſchel, welche
mit der äußeren Haut zuſammenhängen und mit ihrer Wurzel auf den
ſonſt freien Kiemenbögen aufſitzen. In anderen Fällen ſind zwar
äußere Kiemen nicht mehr vorhanden, dagegen exiſtirt eine Kiemen-
ſpalte auf jeder Seite des Halſes, die zu den freien, durch Spalten
getrennten Kiemenbögen führt, welche auf ihrer konvexen Seite mit
Athemfranzen beſetzt ſind; bei den höheren Familien endlich ſchließt
ſich die im ſpäteren Larvenzuſtand vorhandene Kiemenſpalte völlig,
die inneren Kiemenfrazen verſchwinden, die Kiemenbogen bilden ſich
zurück und die großzelligen, ſackförmigen Lungen dienen einzig und
allein der Athmung. Alle Molche haben in dem Oberkiefer ſowohl
wie in den Gaumenbeinen Zähne, die gewöhnlich zwei vollkommen
parallele Bogen bilden, zwiſchen welche der Zahnbogen des Unterkie-
fers eingreift; die Zähne ſelbſt ſind ſtets nur einfache ſpitzige Haken-
zähnchen, oft ſo klein und im Zahnfleiſch verborgen, daß man ſich von
ihrer Anweſenheit eher durch das Gefühl, als durch das Geſicht über-
zeugen kann. Der Raum zwiſchen den bogenförmigen Unterkieferäſten
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/223>, abgerufen am 27.11.2024.
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