Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

vor und sind hier einzeln auf der Haut des Körpers oder in Reihen
am Schwanze angebracht. Bei den übrigen Fischen dieser Ordnung,
besonders aber bei den Haien, ist die ganze Haut mit verschiedenartig
gezackten und gespitzten Stückchen von Zahnsubstanz über und über
besäet, die dann die eigenthümliche Rauhigkeit der ächten Chagrinhaut
zeigt und auch zum Poliren und ähnlichen industriellen Zwecken be-
nutzt wird.

Die Bezahnung des Maules ist außerordentlich verschieden,
doch stellen sich bei noch so sehr wechselnden Formen die Zähne
stets als Hautgebilde dar, die niemals in die Knorpelsubstanz des
Kiefers selbst, sondern nur mit einer meist schwammigen Wurzel in
die dicke faserige Schleimhaut des Zahnfleisches eingesenkt sind. Es
ersetzen sich diese Zähne in der Art von innen nach außen, daß stets
der äußere Zahn im Gebrauche ist und sobald er sich abgenutzt hat,
von einem dahinterliegenden ersetzt wird, der allmälig an seine Stelle
vorrückt. Die Kiefer der meisten Rochen und Haien bilden an ihrem
inneren Rande eine förmliche Walze, um welche die Zähne so herum
stehen, daß die alten, abgenutzten Zähne nach außen, die im Gebrauche
stehenden senkrecht, die jungen mehr oder minder nach innen gerichtet
und hier in einer Rinne geborgen sind, so daß auf einem senkrechten
Durchschnitte des Kiefers die Zähne um seinen Rand gestellt erscheinen
wie Zacken eines Kammrades um dessen Axe. Struktur und Gestalt
der Zahnkronen sind äußerst verschieden. Bei den großen Raubfischen
der Klasse, wie z. B. den meisten Haien, finden sich messerförmig zu-
sammengedrückte, bald spitze, dolchförmige oder breite scharfe, oft säge-
förmig ausgezackte Zähne, bei den Rochen kommen meist pflasterförmig
gestellte, mit kegelförmigen Spitzen versehene Kronen, bei noch anderen
sogar breite Mahlplatten mit ganz ebener Fläche vor. Alle Thiere
der Ordnung nähren sich indessen nur von Raub, die meisten von
anderen Fischen, wenige von Weich- oder Krustenthieren, gar keine
von vegetabilischen Stoffen und in Uebereinstimmung hiermit ist ihr
Magen gewöhnlich weit, der Darm aber nur kurz und kaum ge-
wunden. In dem mittleren Theile des Darmes ist als eigenthümliches
Merkmal, welches die Ordnung mit der folgenden gemein hat, die
Entwickelung einer Spiralklappe zu erwähnen, welche mit ihrem
Rande an den Darmwandungen angeheftet, nach innen hin aber frei
ist, so daß ein Schraubengang in dem Darme gebildet ist, dem die
Nahrungsmittel bei ihrem Durchgange folgen müssen. Die Athem-
werkzeuge
weichen in ihrer Bildung sehr von denen der übrigen

vor und ſind hier einzeln auf der Haut des Körpers oder in Reihen
am Schwanze angebracht. Bei den übrigen Fiſchen dieſer Ordnung,
beſonders aber bei den Haien, iſt die ganze Haut mit verſchiedenartig
gezackten und geſpitzten Stückchen von Zahnſubſtanz über und über
beſäet, die dann die eigenthümliche Rauhigkeit der ächten Chagrinhaut
zeigt und auch zum Poliren und ähnlichen induſtriellen Zwecken be-
nutzt wird.

Die Bezahnung des Maules iſt außerordentlich verſchieden,
doch ſtellen ſich bei noch ſo ſehr wechſelnden Formen die Zähne
ſtets als Hautgebilde dar, die niemals in die Knorpelſubſtanz des
Kiefers ſelbſt, ſondern nur mit einer meiſt ſchwammigen Wurzel in
die dicke faſerige Schleimhaut des Zahnfleiſches eingeſenkt ſind. Es
erſetzen ſich dieſe Zähne in der Art von innen nach außen, daß ſtets
der äußere Zahn im Gebrauche iſt und ſobald er ſich abgenutzt hat,
von einem dahinterliegenden erſetzt wird, der allmälig an ſeine Stelle
vorrückt. Die Kiefer der meiſten Rochen und Haien bilden an ihrem
inneren Rande eine förmliche Walze, um welche die Zähne ſo herum
ſtehen, daß die alten, abgenutzten Zähne nach außen, die im Gebrauche
ſtehenden ſenkrecht, die jungen mehr oder minder nach innen gerichtet
und hier in einer Rinne geborgen ſind, ſo daß auf einem ſenkrechten
Durchſchnitte des Kiefers die Zähne um ſeinen Rand geſtellt erſcheinen
wie Zacken eines Kammrades um deſſen Axe. Struktur und Geſtalt
der Zahnkronen ſind äußerſt verſchieden. Bei den großen Raubfiſchen
der Klaſſe, wie z. B. den meiſten Haien, finden ſich meſſerförmig zu-
ſammengedrückte, bald ſpitze, dolchförmige oder breite ſcharfe, oft ſäge-
förmig ausgezackte Zähne, bei den Rochen kommen meiſt pflaſterförmig
geſtellte, mit kegelförmigen Spitzen verſehene Kronen, bei noch anderen
ſogar breite Mahlplatten mit ganz ebener Fläche vor. Alle Thiere
der Ordnung nähren ſich indeſſen nur von Raub, die meiſten von
anderen Fiſchen, wenige von Weich- oder Kruſtenthieren, gar keine
von vegetabiliſchen Stoffen und in Uebereinſtimmung hiermit iſt ihr
Magen gewöhnlich weit, der Darm aber nur kurz und kaum ge-
wunden. In dem mittleren Theile des Darmes iſt als eigenthümliches
Merkmal, welches die Ordnung mit der folgenden gemein hat, die
Entwickelung einer Spiralklappe zu erwähnen, welche mit ihrem
Rande an den Darmwandungen angeheftet, nach innen hin aber frei
iſt, ſo daß ein Schraubengang in dem Darme gebildet iſt, dem die
Nahrungsmittel bei ihrem Durchgange folgen müſſen. Die Athem-
werkzeuge
weichen in ihrer Bildung ſehr von denen der übrigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0117" n="111"/>
vor und &#x017F;ind hier einzeln auf der Haut des Körpers oder in Reihen<lb/>
am Schwanze angebracht. Bei den übrigen Fi&#x017F;chen die&#x017F;er Ordnung,<lb/>
be&#x017F;onders aber bei den Haien, i&#x017F;t die ganze Haut mit ver&#x017F;chiedenartig<lb/>
gezackten und ge&#x017F;pitzten Stückchen von Zahn&#x017F;ub&#x017F;tanz über und über<lb/>
be&#x017F;äet, die dann die eigenthümliche Rauhigkeit der ächten Chagrinhaut<lb/>
zeigt und auch zum Poliren und ähnlichen indu&#x017F;triellen Zwecken be-<lb/>
nutzt wird.</p><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#g">Bezahnung</hi> des Maules i&#x017F;t außerordentlich ver&#x017F;chieden,<lb/>
doch &#x017F;tellen &#x017F;ich bei noch &#x017F;o &#x017F;ehr wech&#x017F;elnden Formen die Zähne<lb/>
&#x017F;tets als Hautgebilde dar, die niemals in die Knorpel&#x017F;ub&#x017F;tanz des<lb/>
Kiefers &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern nur mit einer mei&#x017F;t &#x017F;chwammigen Wurzel in<lb/>
die dicke fa&#x017F;erige Schleimhaut des Zahnflei&#x017F;ches einge&#x017F;enkt &#x017F;ind. Es<lb/>
er&#x017F;etzen &#x017F;ich die&#x017F;e Zähne in der Art von innen nach außen, daß &#x017F;tets<lb/>
der äußere Zahn im Gebrauche i&#x017F;t und &#x017F;obald er &#x017F;ich abgenutzt hat,<lb/>
von einem dahinterliegenden er&#x017F;etzt wird, der allmälig an &#x017F;eine Stelle<lb/>
vorrückt. Die Kiefer der mei&#x017F;ten Rochen und Haien bilden an ihrem<lb/>
inneren Rande eine förmliche Walze, um welche die Zähne &#x017F;o herum<lb/>
&#x017F;tehen, daß die alten, abgenutzten Zähne nach außen, die im Gebrauche<lb/>
&#x017F;tehenden &#x017F;enkrecht, die jungen mehr oder minder nach innen gerichtet<lb/>
und hier in einer Rinne geborgen &#x017F;ind, &#x017F;o daß auf einem &#x017F;enkrechten<lb/>
Durch&#x017F;chnitte des Kiefers die Zähne um &#x017F;einen Rand ge&#x017F;tellt er&#x017F;cheinen<lb/>
wie Zacken eines Kammrades um de&#x017F;&#x017F;en Axe. Struktur und Ge&#x017F;talt<lb/>
der Zahnkronen &#x017F;ind äußer&#x017F;t ver&#x017F;chieden. Bei den großen Raubfi&#x017F;chen<lb/>
der Kla&#x017F;&#x017F;e, wie z. B. den mei&#x017F;ten Haien, finden &#x017F;ich me&#x017F;&#x017F;erförmig zu-<lb/>
&#x017F;ammengedrückte, bald &#x017F;pitze, dolchförmige oder breite &#x017F;charfe, oft &#x017F;äge-<lb/>
förmig ausgezackte Zähne, bei den Rochen kommen mei&#x017F;t pfla&#x017F;terförmig<lb/>
ge&#x017F;tellte, mit kegelförmigen Spitzen ver&#x017F;ehene Kronen, bei noch anderen<lb/>
&#x017F;ogar breite Mahlplatten mit ganz ebener Fläche vor. Alle Thiere<lb/>
der Ordnung nähren &#x017F;ich inde&#x017F;&#x017F;en nur von Raub, die mei&#x017F;ten von<lb/>
anderen Fi&#x017F;chen, wenige von Weich- oder Kru&#x017F;tenthieren, gar keine<lb/>
von vegetabili&#x017F;chen Stoffen und in Ueberein&#x017F;timmung hiermit i&#x017F;t ihr<lb/><hi rendition="#g">Magen</hi> gewöhnlich weit, der Darm aber nur kurz und kaum ge-<lb/>
wunden. In dem mittleren Theile des Darmes i&#x017F;t als eigenthümliches<lb/>
Merkmal, welches die Ordnung mit der folgenden gemein hat, die<lb/>
Entwickelung einer <hi rendition="#g">Spiralklappe</hi> zu erwähnen, welche mit ihrem<lb/>
Rande an den Darmwandungen angeheftet, nach innen hin aber frei<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o daß ein Schraubengang in dem Darme gebildet i&#x017F;t, dem die<lb/>
Nahrungsmittel bei ihrem Durchgange folgen mü&#x017F;&#x017F;en. Die <hi rendition="#g">Athem-<lb/>
werkzeuge</hi> weichen in ihrer Bildung &#x017F;ehr von denen der übrigen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0117] vor und ſind hier einzeln auf der Haut des Körpers oder in Reihen am Schwanze angebracht. Bei den übrigen Fiſchen dieſer Ordnung, beſonders aber bei den Haien, iſt die ganze Haut mit verſchiedenartig gezackten und geſpitzten Stückchen von Zahnſubſtanz über und über beſäet, die dann die eigenthümliche Rauhigkeit der ächten Chagrinhaut zeigt und auch zum Poliren und ähnlichen induſtriellen Zwecken be- nutzt wird. Die Bezahnung des Maules iſt außerordentlich verſchieden, doch ſtellen ſich bei noch ſo ſehr wechſelnden Formen die Zähne ſtets als Hautgebilde dar, die niemals in die Knorpelſubſtanz des Kiefers ſelbſt, ſondern nur mit einer meiſt ſchwammigen Wurzel in die dicke faſerige Schleimhaut des Zahnfleiſches eingeſenkt ſind. Es erſetzen ſich dieſe Zähne in der Art von innen nach außen, daß ſtets der äußere Zahn im Gebrauche iſt und ſobald er ſich abgenutzt hat, von einem dahinterliegenden erſetzt wird, der allmälig an ſeine Stelle vorrückt. Die Kiefer der meiſten Rochen und Haien bilden an ihrem inneren Rande eine förmliche Walze, um welche die Zähne ſo herum ſtehen, daß die alten, abgenutzten Zähne nach außen, die im Gebrauche ſtehenden ſenkrecht, die jungen mehr oder minder nach innen gerichtet und hier in einer Rinne geborgen ſind, ſo daß auf einem ſenkrechten Durchſchnitte des Kiefers die Zähne um ſeinen Rand geſtellt erſcheinen wie Zacken eines Kammrades um deſſen Axe. Struktur und Geſtalt der Zahnkronen ſind äußerſt verſchieden. Bei den großen Raubfiſchen der Klaſſe, wie z. B. den meiſten Haien, finden ſich meſſerförmig zu- ſammengedrückte, bald ſpitze, dolchförmige oder breite ſcharfe, oft ſäge- förmig ausgezackte Zähne, bei den Rochen kommen meiſt pflaſterförmig geſtellte, mit kegelförmigen Spitzen verſehene Kronen, bei noch anderen ſogar breite Mahlplatten mit ganz ebener Fläche vor. Alle Thiere der Ordnung nähren ſich indeſſen nur von Raub, die meiſten von anderen Fiſchen, wenige von Weich- oder Kruſtenthieren, gar keine von vegetabiliſchen Stoffen und in Uebereinſtimmung hiermit iſt ihr Magen gewöhnlich weit, der Darm aber nur kurz und kaum ge- wunden. In dem mittleren Theile des Darmes iſt als eigenthümliches Merkmal, welches die Ordnung mit der folgenden gemein hat, die Entwickelung einer Spiralklappe zu erwähnen, welche mit ihrem Rande an den Darmwandungen angeheftet, nach innen hin aber frei iſt, ſo daß ein Schraubengang in dem Darme gebildet iſt, dem die Nahrungsmittel bei ihrem Durchgange folgen müſſen. Die Athem- werkzeuge weichen in ihrer Bildung ſehr von denen der übrigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/117
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/117>, abgerufen am 03.05.2024.