Ecke des Herzschlauches mit dem über den Dotter zurückkehrenden Strome zusammentrifft und in die Vorkammer eingeht. Nirgends finden sich bei diesen ursprünglichen einfachen Blutströmungen hier, wie bei allen anderen Wirbelthieren, seitliche Verzweigungen. Zwi- schen die von dem Herzen ausgehenden und zu demselben zurückkeh- renden Strömungen ist kein Netz von Haargefäßen eingeschoben. Man sieht den Strom in seiner ganzen Fülle dem Stoße des Herzens fol- gend vorn und hinten in seiner Bahn umbiegen und nach dem Herzen zurückkehren. Das Blut ist anfänglich vollkommen farblos und seine Bewegung läßt sich nur durch das Rollen der farblosen Blut- zellen unterscheiden; nach und nach treten gelbröthlich gefärbte Blut- körper auf, wodurch es dann leichter wird, unter dem Mikroskope die Gefäßbahnen in dem durchsichtigen Embryo zu verfolgen. Je mehr sich diese Blutkörperchen sowie die Kiemenbogen ausbilden, desto zahlreicher werden die Aeste, desto mehr entwickelt sich das kapillare Gefäßnetz zwischen den Arterien und den Venen. Mit der vollstän- digen Ausbildung der Kiemenbogen bekommt die Cirkulation einen neuen Impuls. Die Kiemenarterie theilt sich in ebenso viele Bogen als Kiemenbogen vorhanden sind und diese verschiedenen Ge- fäßbogen laufen, so lange keine Kiemenblättchen entwickelt sind, ungetheilt über die Kiemenbogen weg, um sich über denselben zur Bildung der Aorta zu vereinigen. Zu dieser Zeit nimmt der Dotter die Stelle ein, welche später der Leber zukommt. Das von dem Körper zurückkehrende Blut läuft großentheils (mit Ausnahme der kleineren Blutmenge, die in der oberen Hohlvene nach vorn strömt) längs des Darmkanales nach vorn, setzt dann auf den Dotter über und vertheilt sich auf der ganzen Oberfläche desselben in Netzen, welche sich allmälig zu einer Dottervene sammeln, die in die Vor- kammern eindringt. Auf diese Weise wird eine förmliche Dotterpfort- adercirkulation gebildet, welche aber allmälig auf die Leber übergeht. Indem nämlich der Dotter mehr und mehr an Masse abnimmt, ziehen sich die ihm angehörigen Blutgefäßnetze in die stets wachsende Leber hinein, in welcher sich nun der Pfortaderkreislauf fixirt. Zugleich wachsen auf den Kiemenbogen die respiratorischen Blättchen; -- in jedes derselben biegt anfangs eine Seitenschlinge der Kiemenarterie ein, die sich aber mehr und mehr verästelt und so nach und nach das Haargefäßnetz des Kiemenblättchens herstellt. Sobald der Embryo das Ei verläßt, ist seine Cirkulation vollkommen dieselbe in ihren Grundzügen, wie die des erwachsenen Thieres. Ueber die Entwicke- lung der Geschlechtstheile bei den Fischen besitzt man noch durchaus gar keine Beobachtungen.
Ecke des Herzſchlauches mit dem über den Dotter zurückkehrenden Strome zuſammentrifft und in die Vorkammer eingeht. Nirgends finden ſich bei dieſen urſprünglichen einfachen Blutſtrömungen hier, wie bei allen anderen Wirbelthieren, ſeitliche Verzweigungen. Zwi- ſchen die von dem Herzen ausgehenden und zu demſelben zurückkeh- renden Strömungen iſt kein Netz von Haargefäßen eingeſchoben. Man ſieht den Strom in ſeiner ganzen Fülle dem Stoße des Herzens fol- gend vorn und hinten in ſeiner Bahn umbiegen und nach dem Herzen zurückkehren. Das Blut iſt anfänglich vollkommen farblos und ſeine Bewegung läßt ſich nur durch das Rollen der farbloſen Blut- zellen unterſcheiden; nach und nach treten gelbröthlich gefärbte Blut- körper auf, wodurch es dann leichter wird, unter dem Mikroſkope die Gefäßbahnen in dem durchſichtigen Embryo zu verfolgen. Je mehr ſich dieſe Blutkörperchen ſowie die Kiemenbogen ausbilden, deſto zahlreicher werden die Aeſte, deſto mehr entwickelt ſich das kapillare Gefäßnetz zwiſchen den Arterien und den Venen. Mit der vollſtän- digen Ausbildung der Kiemenbogen bekommt die Cirkulation einen neuen Impuls. Die Kiemenarterie theilt ſich in ebenſo viele Bogen als Kiemenbogen vorhanden ſind und dieſe verſchiedenen Ge- fäßbogen laufen, ſo lange keine Kiemenblättchen entwickelt ſind, ungetheilt über die Kiemenbogen weg, um ſich über denſelben zur Bildung der Aorta zu vereinigen. Zu dieſer Zeit nimmt der Dotter die Stelle ein, welche ſpäter der Leber zukommt. Das von dem Körper zurückkehrende Blut läuft großentheils (mit Ausnahme der kleineren Blutmenge, die in der oberen Hohlvene nach vorn ſtrömt) längs des Darmkanales nach vorn, ſetzt dann auf den Dotter über und vertheilt ſich auf der ganzen Oberfläche deſſelben in Netzen, welche ſich allmälig zu einer Dottervene ſammeln, die in die Vor- kammern eindringt. Auf dieſe Weiſe wird eine förmliche Dotterpfort- adercirkulation gebildet, welche aber allmälig auf die Leber übergeht. Indem nämlich der Dotter mehr und mehr an Maſſe abnimmt, ziehen ſich die ihm angehörigen Blutgefäßnetze in die ſtets wachſende Leber hinein, in welcher ſich nun der Pfortaderkreislauf fixirt. Zugleich wachſen auf den Kiemenbogen die reſpiratoriſchen Blättchen; — in jedes derſelben biegt anfangs eine Seitenſchlinge der Kiemenarterie ein, die ſich aber mehr und mehr veräſtelt und ſo nach und nach das Haargefäßnetz des Kiemenblättchens herſtellt. Sobald der Embryo das Ei verläßt, iſt ſeine Cirkulation vollkommen dieſelbe in ihren Grundzügen, wie die des erwachſenen Thieres. Ueber die Entwicke- lung der Geſchlechtstheile bei den Fiſchen beſitzt man noch durchaus gar keine Beobachtungen.
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Ecke des Herzſchlauches mit dem über den Dotter zurückkehrenden
Strome zuſammentrifft und in die Vorkammer eingeht. Nirgends
finden ſich bei dieſen urſprünglichen einfachen Blutſtrömungen hier,
wie bei allen anderen Wirbelthieren, ſeitliche Verzweigungen. Zwi-
ſchen die von dem Herzen ausgehenden und zu demſelben zurückkeh-
renden Strömungen iſt kein Netz von Haargefäßen eingeſchoben. Man
ſieht den Strom in ſeiner ganzen Fülle dem Stoße des Herzens fol-
gend vorn und hinten in ſeiner Bahn umbiegen und nach dem Herzen
zurückkehren. Das Blut iſt anfänglich vollkommen farblos und ſeine
Bewegung läßt ſich nur durch das Rollen der farbloſen Blut-
zellen unterſcheiden; nach und nach treten gelbröthlich gefärbte Blut-
körper auf, wodurch es dann leichter wird, unter dem Mikroſkope
die Gefäßbahnen in dem durchſichtigen Embryo zu verfolgen. Je
mehr ſich dieſe Blutkörperchen ſowie die Kiemenbogen ausbilden, deſto
zahlreicher werden die Aeſte, deſto mehr entwickelt ſich das kapillare
Gefäßnetz zwiſchen den Arterien und den Venen. Mit der vollſtän-
digen Ausbildung der Kiemenbogen bekommt die Cirkulation einen
neuen Impuls. Die Kiemenarterie theilt ſich in ebenſo viele Bogen
als Kiemenbogen vorhanden ſind und dieſe verſchiedenen Ge-
fäßbogen laufen, ſo lange keine Kiemenblättchen entwickelt ſind,
ungetheilt über die Kiemenbogen weg, um ſich über denſelben zur
Bildung der Aorta zu vereinigen. Zu dieſer Zeit nimmt der
Dotter die Stelle ein, welche ſpäter der Leber zukommt. Das von
dem Körper zurückkehrende Blut läuft großentheils (mit Ausnahme
der kleineren Blutmenge, die in der oberen Hohlvene nach vorn ſtrömt)
längs des Darmkanales nach vorn, ſetzt dann auf den Dotter
über und vertheilt ſich auf der ganzen Oberfläche deſſelben in Netzen,
welche ſich allmälig zu einer Dottervene ſammeln, die in die Vor-
kammern eindringt. Auf dieſe Weiſe wird eine förmliche Dotterpfort-
adercirkulation gebildet, welche aber allmälig auf die Leber übergeht.
Indem nämlich der Dotter mehr und mehr an Maſſe abnimmt, ziehen
ſich die ihm angehörigen Blutgefäßnetze in die ſtets wachſende Leber
hinein, in welcher ſich nun der Pfortaderkreislauf fixirt. Zugleich
wachſen auf den Kiemenbogen die reſpiratoriſchen Blättchen; — in
jedes derſelben biegt anfangs eine Seitenſchlinge der Kiemenarterie
ein, die ſich aber mehr und mehr veräſtelt und ſo nach und nach das
Haargefäßnetz des Kiemenblättchens herſtellt. Sobald der Embryo
das Ei verläßt, iſt ſeine Cirkulation vollkommen dieſelbe in ihren
Grundzügen, wie die des erwachſenen Thieres. Ueber die Entwicke-
lung der Geſchlechtstheile bei den Fiſchen beſitzt man noch durchaus
gar keine Beobachtungen.
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/104>, abgerufen am 23.11.2024.
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